Das Rockendirndl vom Tegernsee

Neben den historisch klar belegbaren Fakten, die die Geschichte des Tegernseer Tals beschreiben, existieren auch zahlreiche Mythen und Sagen rund um den See. In diesen Geschichten werden Personen, aber auch Orte, Bauwerke und die Landschaften thematisiert.

Wir haben uns daher auf die Suche nach eben solchen Erzählungen begeben und faszinierende Schilderungen gefunden. Heute ist die Geschichte vom Überfahrer Marti dran und wie er zu Reichtum gelangt ist.

Der Überfahrer – eine noch heute genutzte Transfermöglichkeit

An der schmalsten Stelle des Tegernsees – der große Weitsee und der kleine Egerner Winkel stoßen hier zusammen – geht seit Urzeiten eine Fähre hin und her. Ein großes flaches Holzboot wird gerudert von einem kräftigen und wetterharten Mannsbild.

Auch heute noch fährt im Sommer der Überführer von der Point zum Seehotel Überfahrt
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Vor allem bei Sonnenuntergang im Sommer oft ein idyllisches Bild, aber auch ein praktisches Angebot für Badegäste, Urlauber und Einheimische schnell ans andere Ufer zu gelangen. Was sich aber hier vor langer langer Zeit auf dem See zugetragen haben soll, davon handelt die Geschickte vom Rockadirl.

Die Wallberghexe

Vor vielen hundert Jahren soll im Gasthof zur Überfahrt in Egern eine Bauernhochzeit stattgefunden haben. Der gschmeidigste Tänzer war der Überfahrer Marti mit seinem hübschen Dirndl Mariedl. Als es auf den Abend zu ging, ist im Westen drüben in Abwinkl ein schlimmes Wetter aufgezogen und mit stürmischen Wellen über den See herüber gekommen.

Plötzlich hört man von der Tegernseer Seite eine Frauenstimme laut und deutlich vernehmen. „Hol über, überführn!“ Der Marti nimmt sofort seine Ruder in die Hand und war schon unterwegs ans andere Ufer, auch wenn Mariedl und die anderen ihn anflehen nicht hinaus zu fahren. So schwer wie dieses Mal ist er noch nie über den See gekommen. Als er am anderen Ufer ankommt, sieht er dort ein schirches Weib stehen und erschrickt nicht schlecht als er in ihr die Wallberghexe erkennt.

Der Blick von der Anlegestelle des Überführers in Richtung Rottach

Die Hexe steigt ein und fragte den Marti, ob er bereit ist einem armen, unglücklichen Dirndl zu helfen, woraufhin Marti antwortet: „Ja, wenn ich`s kann gerne.“ Da legt sich der Sturm und die Hexe verwandelt sich in eine wunderschöne Wasserjungfrau, die Marti erzählt, dass das arme Madl das Rockadirl (Rockendirndl) sei. Es sollte von seinen Eltern ins Kloster geschickt werden, als Sühne für eine Freveltat, die in der Familie begangen wurde.

Als man ihr die langen, blonden Zöpfe abschneiden wollte, ist sie in ihrer Verzweiflung lieber in den See gegangen. Ein mutiger Jüngling muss sie erlösen, erst dann darf sie wieder herauf und muss nicht mehr an einem Spinnrocken Flachs spinnen.

Drei Wünsche für Marti

Auf einmal versinkt das Überführerboot und Marti muss sich gegen Gewürm und Geziefer, gegen Wasserstrudel und zuletzt ein großes Ungeheuer wehren, bis er zu dem traurigen Mädchen gelangt. Er erblickt es unter dem Seegrund in einem hellen Saal. Mitten im gleißenden Licht sitzt das blasse, blonde Mädchen am Spinnrocken mit blutigen Fingern und schaut den Burschen traurig an. Der zögert nicht, haut das Spinnrad mit seinem Ruder in Trümmern und erlöst das Rockadirl.

Die freundliche Wasserjungfer die gar keine Hexe war, schenkt Marti daraufhin drei Wünsche. Marti wünschte sich, dass er seine Frau die Mariedl bald heiraten kann, viel Gesundheit und ein schönes Häuschen. Das Rockadirl bringt ihm daraufhin einen Sack voll goldener Dukaten und der Überfahrer fährt wie wenn nicht gewesen wäre zurück ans andere Ufer.

Schon bald konnte er sich ein schönes Haus am See kaufen und seiner Frau im Gasthof zur Überfahrt eine prächtige Hochzeit bereiten. Bei dieser Feier erscheint eine schöne, lichtumwobene Gestalt und schenkt Marti und seiner Braut ein zweites Säcklein Gold. Es war das Rockadirl.

Quelle: Tegernseer Sagen aus dem Kulturraum der ehemaligen Benediktinerabtei Tegernsee (746 – 1803), Sepp Mohr, Hausham 1985

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