Das Trojanische Pferd Holzkirchens

Von außen betrachtet sieht das neue Konzept Südspange vielversprechend aus. Holzkirchen will sie sich deshalb direkt vor die Haustür bauen. Zur „Ortskern-Entlastung“, wie es heißt. Die Initiatoren von „Stop Südumgehung“ sprechen zwar polemisch vom „Trojanischen Pferd“, wägen dabei aber Vor- und Nachteile einer Südspange auch gegeneinander ab. Vor einigen Tagen haben sie ein neues Alternativkonzept vorgestellt. Damit es in Holzkirchen bald “rund” laufen kann.

Michael Konder und Georg Sigl
Michael Konder und Georg Sigl

Michael Konder und Georg Sigl von der Bürgerinitiative „Stop Südumgehung“ sind maßgeblich an einer Alternative zur Südumgehung interessiert. Sie planen deshalb als Vorschlag einen Kreisverkehr am Tratz-Eck in Holzkirchen. Ergänzen könne man das Konzept mit einem Nachtfahrverbot für LKWs an dieser Stelle, einem Ausbau diverser Nebenstraßen und durch die Aufwertung des Buslinien-, Rad- und Bahnverkehrs – “wie es für eine schnellwachsende Kleinstadt angemessen wäre”.

Als Vorbild dient ihnen der neue Kreisverkehr in Bad Tölz an der Kreuzung Osterleite und Lenggrieser Straße. Maßstabsgetreu will man den Kreisel von rund 32 Metern Durchmesser auf Holzkirchen übertragen. Vier bis fünf Stellplätze in der Parkbucht müssten dem zum Opfer fallen. Verkraftbar für den Bürger, finden Konder und Sigl, man könne sich schließlich „auf die Parkgarage in der Baumgartenstraße verlagern“.

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Die Identität des Ortes bewahren

Stelle für das runde Objekt der Begierde ist die Kreuzung an der Marktplatzkirche, an der Münchner-, Tölzer- und Tegernseer Straße zusammentreffen. Laut Michael Konder könnte hier ein Kreisverkehr dafür sorgen, den „Verkehr deutlich flüssiger durchlaufen zu lassen“. Dies würde den ständigen Stau und die Lärm- und Abgasbelästigung durch das Anfahren und Abbremsen der PKWs für die Bewohner reduzieren. Wie früher auch in Tölz, fördere die Ampelschaltung das Stauaufkommen unnötig.

Laut “Stop Südumgehung” handelt es sich im besagten Holzkirchner “Nadelöhr” um “hausgemachten Verkehr”. Die Kreuzung, an der, wenn es nach ihnen geht, demnächst ein Kreisverkehr für kontinuierlichen Verkehrsfluss sorgt, würde von der geplanten Südspange nicht entlastet. Der Zielverkehr zu Ärzten, Banken und Bäckern würde bleiben. Eine Ampel bräuchte es nur zu Pendler-Stoßzeiten morgens und abends. Tagsüber wäre sie Stauverursacher, wenn aus Tegernseer oder Tölzer Straße nur wenige Autos kommen. Dann rühre der meiste Verkehr aus Richtung Münchner Straße. Ob ein Kreisverkehr Abhilfe leisten kann, prüft jetzt das Straßenbauamt Rosenheim.

Eine Skizze
Das Bild zeigt einen möglichen Kreisverkehr am Holzkirchner Marktplatz / Skizze: Stop Südumgehung

Im Dezember 2013 hatte das Straßenbauamt zwei neue Korridore zur Errichtung einer Südspange vorgestellt und die ortferne Trasse verworfen. Um Konder und Sigl formierte sich darauf die Bürgerinitiative “Stop Südumgehung”. Ihre Vorschläge betrachten sie nicht als ultimative Lösung für die Holzkirchner Verkehrsproblematik.

Aber als Ansätze, um den Bürgern überhaupt aufzuzeigen, dass die Möglichkeiten mannigfach sind. Die aktuelle Planung für die Südspange habe „sicherlich nicht die Vorteile, die man sich davon verspricht“, so Konder. „Die Identität unseres Ortes ist hier betroffen“, führt Sigl an.

Eine Südspange als „Umgehung ist Quatsch“, stimmt Konder Sigl zu. „Sie zerstört unser Naherholungsgebiet und unsere Landwirtschaft. Es bringt uns also mehr Nachteile als Vorteile.“ Der Verkehr lasse sich auch durch eine Südumgehung nicht reduzieren. Auch durch einen Kreisel nicht. Letzteres sei aber angenehmer für den Bürger. Eine von vielen Ideen der letzten 20 Jahren zur Ortskernentlastung.

Messungen, am Ortsausgang Richtung Bad Tölz, des vom Straßenbauamt beauftragen Gutachters, Professor Kurzak, würden es zeigen: Von 61{0df041b544200f98e0403f5bfaff217e8ddb0fa5a49c3e35acc6e6a32ff09f63} Durchgangsverkehr würde eine Südumgehung nur 25{0df041b544200f98e0403f5bfaff217e8ddb0fa5a49c3e35acc6e6a32ff09f63} aus dem Ortskern entnehmen. Der restliche „hausgemachte Verkehr“ innerorts würde bleiben. Laut Sigl könne man erst ab 50{0df041b544200f98e0403f5bfaff217e8ddb0fa5a49c3e35acc6e6a32ff09f63} Entlastung von einem für den Bürger spürbaren Effekt sprechen. Deshalb der Kreisverkehr als angedachte Lösung, damit es zumindest „flüssiger vorangeht“.

„Stop Südumgehung“ fordert mehr Transparenz für den Bürger

Im Falle einer Realisierung der Südspange müsste „zum Beispiel die Thannerstraße zwischen Marschall und Lochham überbrückt werden“, stellt Konder in Aussicht. Würde dann ein LKW in acht Metern Höhe über die Brücke brettern, hätte das einen extremen Lärmdruck für Holzkirchen zur Folge. Und es würde sich nicht nur um einen LKW handeln, sondern um mehrere tausend täglich. Noch mehr Belastung für Holzkirchens Bürger.

Die aktuellsten Zahlen auf einen Blick und auch die Prognose bis 2025 mit und ohne Südspange. Messungen und Projektion von Stop Südumgehung.
Die aktuellsten Zahlen auf einen Blick und auch die Prognose bis 2025 mit und ohne Südspange. Messungen und Projektion von Stop Südumgehung.

Eine Südumgehung würde den ganzen LKW-Alpenquerverkehr aus dem Isarwinkel nach Holzkirchen locken, so die Gegner der Südspange. Warum die Gemeinderäte trotzdem daran festhalten? Konder und Sigl meinen die Antwort zu kennen: eine Südumgehung für Holzkirchen wäre der langgehegte Traum des Bundes.

So könne der Alpenquerverkehr aus industriellen Interessen schneller von A nach B kommen. Verkehrsbeschleunigung statt Verkehrsreduktion würde eine Südumgehung bedeuten, wissen Konder und Sigl. Holzkirchen würde die Weichen dafür stellen und mehr die “überregionalen Interessen vertreten als die der eigenen Bürger”, wirft Sigl den Befürwortern der Südumgehung vor.

Viele ihrer Erwägungen sind noch rein hypothetisch. Einer Prämisse hat sich die Bürgerinitiative “Stop Südumgehung” aber verschrieben: der Transparenz. Sie fordern, dass die Holzkirchner Bürger seitens der Gemeinde besser informiert werden müssen.

Grund für den Start unserer Initiative war das eindeutige Informationsdefizit. Die Informationen, die von Seiten des Bürgermeisters und der Gemeinde fließen sind für uns einfach nicht ausreichend. Es wurde nie erklärt, warum tatsächlich die ortsferne Umgehung gescheitert ist und warum die Idee zu den zwei neuen Trassen entstanden ist.

„Stop Südumgehung“ betreibt derzeit eigene Messungen. Im Gespräch mit den Anwohnern konnten ebenfalls viele neue Ideen, als Beispiel der Kreisel, gewonnen werden, erklären Sigl und Konder. Über 1300 Unterschriften konnten sie im Sommer sammeln. Den Betrugsvorwurf weist Sigl ab. Die Unterschriftenaktion war dazu angedacht, sich ein allgemeines Meinungsbild zur Verkehrssituation zu verschaffen: „Da haben wir nichts verschleiert“.

Inzwischen hätten zwischen der Bürgerinitiative und der CSU und SPD im Gemeinderat fruchtbare Gespräche stattgefunden. Die Gemeinde hat einen Arbeitskreis zum Thema gegründet. Fluch und Segen für „Stop Südumgehung“ zugleich. Zum einen hätten schon einige Gemeinderäte die Nachteile einer Südspange eingesehen, aber nun fänden die Verhandlungen erneut hinter verschlossenen Türen statt. Nur wenig transparent und damit ein großes Ärgernis für Konder und Sigl.

Das Dilemma: Zwischen Bund und Bürger

Sollte sich Holzkirchen für eine Südumgehung entscheiden, hole man sich metaphorisch gesprochen das „Trojanische Pferd“ mitten in den Ort. Unter dem Vorwand der Entlastung des Ortskerns soll eine Südumgehung um Holzkirchen auf „schnellstem, einfachsten und elegantesten Weg“ den Alpenquerverkehr auf die A8 leiten, erörtert Konder. Dem Innenministerium gehe es vor allem um eine schnellere Autobahnanbindung für Bad Tölz – nicht um die Entlastung der Holzkirchner Bürger. Ein Dilemma für die Gemeindevertreter.

Trojanisches Pferd hin oder her. Der einzelne Holzkirchner und seine Entlastung sollten die Entscheidung betreffend ausschlaggebend sein. Konder und Sigl sind sich einig: „Wir brauchen etwas, das nicht Umgehungsstraße heißt, aber trotzdem was bringt.“ Zum Beispiel einen Kreisel im Herzen Holzkirchens. Und vor allem mehr Transparenz.

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