Den “Schicksalsberg der Deutschen” bezwungen

Drei Männer und ein besonderes Jubiläum: Vor genau 60 Jahren nahmen drei Bergsteiger aus der Region an einer Expedition auf den Nanga Parbat teil, darunter auch Anderl Mannhardt aus Rottach. Gemeinsam blicken sie auf ein unvergessliches und zugleich tragisches Ereignis zurück.

v.l.: Anderl Mannhardt, Hubert Schmidbauer, Manfred Sturm

Anderl Mannhardt (ursprünglich Rottach Egern), Manfred Sturm (München) und Hubert Schmidbauer (Schliersee) werden ein Ereignis nie in ihrem Leben vergessen: Sie waren dabei. Gemeinsam mit Toni Kinshofer und Sigi Löw nahmen sie an der von Karl Maria Herrligkoffer geleiteten Erstbegehung der Diamirflanke am Nanga Parbat im Westhimalaya im Juni 1962 teil.

Vor einigen Tagen trafen sich Mannhardt, Sturm und Schmidbauer in Geitau und blickten gemeinsam mit anderen namhaften BergsteigerInnen auf dieses denkwürdige Ereignis zurück – mit einem dicken Aktenordner gefüllt mit Bildern, Routenplanung und vielen Skizzen sowie persönlichen Erzählungen aus dem Gedächtnis.

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Die Gipfelbegehung dauerte damals satte 53 Stunden und war geprägt von anspruchsvollster Kletterei mit steilen Eispassagen und hüfthohem Neuschnee, in den die Bergsteiger immer wieder einbrachen. Das letzte Zwischenlager befand sich auf 7.500 Metern. Manfred Sturm aus München musste hier abbrechen – aufgrund von Erschöpfung und Höhenkrankheit.

Lager II, wo Anderl Mannhardt und Toni Kinshofer aufgrund ihrer schweren Erfrierungen absteigen und von Hubert Schmidbauer empfangen werden.

Die letzte Etappe folgte, immer wieder drohten Abstürze. Auch Erfrierungserscheinungen machten sich bemerkbar. Dann, am 22. Juni 1962, gegen 17 Uhr: Anderl Mannhardt aus Rottach und seine Begleiter Toni Kinshofer aus Bad Wiessee und Sigi Löw haben es vollbracht. Sie stehen am Gipfel des 8.125 Meter hohen Nanga Parbat in Westhimalaya.

Nach einigen Gipfelfotos folgte der Abstieg – mit einer Tragödie. Sigi Löw verunglückte tödlich, als er sich aus Erschöpfung für den direkten Weg entschied und in eine Gletscherspalte rutschte. Toni Kinshofer stieg zu ihm ab und blieb bei ihm, er starb in seinen Armen. Mit ihm gingen auch die Gipfelfotos verloren, denn die Kamera befand sich im Rucksack von Löw, dieser war nicht mehr auffindbar.

Nanga Parbat in Westhimalaya 1962

Manfred Sturm kümmerte sich nach seinem Abbruch auf 7.500 Metern um die Rückführung des Gipfeltrios. Er ist dem völlig erschöpften Anderl Mannhardt entgegen gegangen und hat noch versucht, Sigi Löw zu helfen. Hubert Schmidbauer war im Basislager für die Versorgung und die Planung verantwortlich und hat erheblich zum Erfolg des Gipfeltrios beigetragen.

Anderl Mannhardt und Toni Kinshofer trugen schwerste Erfrierungen von ihrem Aufstieg davon. Es folgten Amputationen. „In den 60er Jahren musste man bei solch einer Expedition mit Erfrierungen fast schon rechnen, da man damals nur Lederschuhe zur Verfügung hatte“ sagt Hajo Netzer, ein staatlich geprüfter Bergführer des Deutschen Alpenvereins. Für Mannhardt ist die Tour bis heute ein zweiseitiges Schwert. „Das ist ein Gipfel nicht wert“ sagt er. Ein Erfolg, der mit grausamen Konsequenzen verbunden war. Dennoch eine grandiose Leistung, die immer mit dem Landkreis verbunden bleiben wird und auf die auch nach so vielen Jahren noch mit Staunen und Bewunderung zurückgeblickt wird.

Der Schicksalsberg der Deutschen

Sowohl Mannhardt als auch Kinshofer verloren beide auch nach den Erlebnissen auf dem Nanga Parbat nie ihre Liebe zum Bergsteigen. Kinshofer stürzte bedauerlicherweise bereits 2 Jahre später, 1964, im Schwarzwald tödlich ab. Bis heute wird die Tour der Diamirflanke die „Kinshofer-Route“ genannt. Anderl Mannhardt ist damit der einzige Überlebende des Gipfeltrios.

Die Einheimischen nennen den Nanga Parbat auch Diamir, “König der Berge”. Und er hat noch einen anderen Namen: Schicksalsberg der Deutschen. Zahlreiche deutsche Bergsteiger kamen dort ums Leben.

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