Da sage noch einer Bio und Technik passen nicht zueinander. Direktvermarktung von nachhaltig und biologisch erzeugten Lebensmitteln mithilfe modernen Verkaufsmethoden ist Realität. Auch wenn mancherorts statt einer Maschine noch das gute alte gegenseitige Vertrauen mit Kasse praktiziert wird.
Bestimmt haben Sie auch schon den einen oder anderen Lebensmittelautomat gesehen. Gerade in unserer, nicht nur durch die Pandemie gezeichneten Realität, erobert die öffnungszeiten-unabhängige Verkaufsform ganz neue Märkte. Nicht zuletzt bei uns im Bio-Tal. Wer von uns kann schon auf einen Wochenmarkt gehen, der an einem Donnerstag Vormittag stattfindet? Oder schafft es als Pendler noch eben nach Feierabend beim Hofladen um die Ecke einzukaufen? Da hat der längst zu, und es bleibt wieder nur der Supermarkt.
Die Branche mit dem 24/7 Service boomt
Über 80 Prozent, der über 570.000 Vending-Automaten (neudeutsch – meint aber dasselbe) sind immer noch in Unternehmen zur Versorgung der Mitarbeiter im Einsatz. Aber die Branche boomt. Aris Kaschefi, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft e.V. (BDV) berichtet von einer deutlich gestiegenen Nachfrage bei Automaten-Herstellern und Dienstleistern in der Corona Krise. “Mittlerweile gibt es zum Beispiel immer mehr Automaten, mit denen regionale Erzeuger ihre Produkte vermarkten.”
Bauern und Gastronomen im Landkreis vertrauen Automaten und Kunden
Einen Tag waren wir im Kreis Miesbach unterwegs und haben längst noch nicht alle dieser scheinbar personalfreien Verkaufseinheiten aufgespürt. Was auch nebenbei gesagt gar nicht so einfach ist. Viele liegen versteckt auf den Biohöfen der Region. Einige sind direkt im Dorf, doch für manche muss man sogar hoch auf die Alm. Die Ausgestaltung des “Automaten” ist dabei so vielfältig wie das Angebot.
Die selbst gezapfte Milch und das sonntägliche Frühstücksei haben bestimmt schon viele ausprobiert. Neu ist aber, dass einige Tal Caterer und Gastronomen die Idee aufgenommen haben und ihre Speisen verpackt oder im Glas frisch eingekocht über Automaten rund um die Uhr vertreiben. Sozusagen als Alternative zu “ToGo” und liefertechnisch bedenklicher “Fresh Box”.
Der Schmausi in Hausham
So steht in Hausham auf dem Parkplatz der Oberen-Tiefenbachstrasse der “Schmausi”. Die Betreiberin des Lebensmittelautomaten mit dem knuffigen Namen ist Maria Grobbel. Sie ist auch die Betreiberin des “Mary’s Esszimmers” gleich hinter dem Schmausi. “Der Verkauf unserer Speisen über den Automaten läuft von Woche zu Woche besser”, erzählt die Gastronomin. “Aber retten wird er mein Geschäft wohl leider nicht.“
Die Haushamerin hat vor rund einem Jahr das Bistro eröffnet. Damals sah alles gut aus “aber als Corona kam wurde es kompliziert.” Inzwischen ist aus dem Gastraum ein Verkaufsraum geworden mit ToGo Küche, eingekochten Suppen, Saucen und Marmeladen im Glas, Kuchenbuffet und auch Wollmützen aus Bayrischzell. Und eben angeschlossenen Verkaufsautomaten.
Outdoor Tante-Emma-Laden mit Video
In Miesbach mitten auf dem Oberen Marktplatz befindet sich das “Platzerl”. Dort sieht der “Automat” zwar eher wie ein Outdoor Tante-Emma-Laden mit offener Kasse aus, aber auch hier ist die moderne Technik gegenwärtig. “Vorsichtig – die Schränke werden Videoüberwacht!” warnt weiß auf pink ein Schild über der Verkaufszeile mit Kuchen, veganem Tee, Brotzeit und diversen anderen Leckereien. Inzwischen hat auch am “Platzerl” die eher unhippe Automatenkultur von Regiomat Einzug gehalten, aber eine Kasse fürs Gebäck gibt es immer noch.
Vor der Naturkäserei in Kreuth steht ein grüner Käseautomat gefüllt mit den hier produzierten Spezialitäten. Auf der Stadlbergalm konnte man den ganzen Sommer einheimische Spezialitäten gegen Vertrauenszahlung erwerben. In Holzkirchens Innenstadt gibt es Fleischspezialitäten aus dem Automaten. Nur einige Beispiele, doch sie stehen wirklich überall im Tal – Eierautomaten, Milchzapfstellen und so weiter – und wir haben sogar von einem Automaten gehört, an dem es frische Wildspezialitäten geben soll. Gefunden haben wir ihn noch nicht.
Kann ich dem Automaten denn vertrauen
Allen, die jetzt zweifeln und fragen, was denn mit der Hygiene und der Frische der Waren ist, sei gesagt, dass wir immer noch Bayern sind. Und es wie für alles andere auch für die Automatenbetreiber strenge Vorschriften und Auflagen gibt.
Im öffentlich Raum wird eine Genehmigung des zuständigen Gewerbeamtes für die Aufstellung eines Automaten benötigt. Auf einem gepachteten oder eigenem Grundstück ist es etwas einfacher, aber eine Genehmigung braucht es trotzdem. Bei frischen Lebensmitteln ist festgelegt, wie lange die Verkaufsware jeweils angeboten werden darf und wann sie ausgetauscht werden muss. Jeder “Automat” – Kühlschrank – muss die spezifische Aufbewahrungs-Umgebung für die angebotenen Lebensmittel erzeugen. Und das unabhängig von den herrschenden Außentemperaturen.
Die klassischen Automaten werden zudem einmal im Jahr gewartet. Sollte die Qualität nicht so sein, wie gewohnt, oder sich das gewählte Fach nicht öffnen lassen, gibt es eine Telefonnummer. Oder man klingelt einfach beim Bauern.
Ich will auch einen Automaten
Wer jetzt auf den Automaten gekommen ist, kann sich im Netz informieren. Direkte Unterstützung bekommt man auch von der IHK für den Einzelhandel. Zudem bieten unterschiedliche Hersteller ihre Dienste an. Den günstigsten Automaten bekommt man laut dem Geschäftsführer des BDV schon für 5.000 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten für die Aufstellung und Wartung.
Für uns Konsumenten hält die Internetseite der ÖKO-MODELLREGION MIESBACHER OBERLAND viele spannende Informationen und Anbieter-Beschreibungen parat. Es gibt keine Ausrede mehr – nachhaltige, biologisch angebaute und regionale Produkte sind auch bei uns rund um die Uhr erhältlich. Viele Betriebe haben auch nichts gegen eine Direktbestellung, und bei der Abholung lernen sie noch den Koch oder gar das Huhn persönlich kennen.
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