Gemeinsam mit Dr. Roland Götz und Hans-Herbert Perlinger ‒ den beiden Vorsitzenden des Altertums-Gauvereins ‒ sowie Birgit Halmbacher vom Museum Tegernseer Tal ist eine Ausstellung entstanden, die spannende Einsichten in das Leben des einsamen Riesen gewährt.
Leicht gebückt steht das Originalskelett in der Mitte des Ausstellungsraumes in Tegernsee. Es bildet das Glanzstück der Exponate. Sieht man es genauer an, so drängt sich einem ein dunkler Eindruck auf, welch einsamer, unglücklicher Mensch der Bauernsohn Thomas Hasler gewesen sein muss. Stier schaut der – von einem Sturz deformierte ‒ Schädel in den Raum. Unwillkürlich versucht man sich vorzustellen, wie es ihm damals erging.
Eine harte Zeit – mit einem gewissen Grad an Behäbigkeit
Es muss eine zähe Zeit gewesen sein, damals um 1870. „Ein Drittel der Sterberate entfiel auf Kleinkinder“, weiß Roland Götz aus seinen Recherchen. „Die Säuglinge wurden rustikal behandelt – gestillt wurde wenig, sie bekamen eine Art Mehlbapp – wer das überlebte, wurde allerdings relativ alt“, erzählt er weiter.
Im Foyer der Ausstellung sind Zeugnisse aus der damaligen Zeit ausgestellt, damit die Besucher sich eine Vorstellung machen können vom Leben des Thomas Hasler: Bücher, Wetterdaten, Zeitungen, Bleistiftzeichnungen.
Im Jahre 1851 wurde der Sohn des Grundner-Bauern in Bad Wiessee geboren. Im Alter von neun Jahren begann er stark zu wachsen. Mit elf Jahren war er bereits so groß, dass er die Schule verlassen musste, weil er nicht mehr in die Bank passte. Andere Überlieferungen besagen, er fiel durch ein frühreifes Verhalten Mädchen gegenüber auf.
Mit 14 stürzte Hasler. In der Folgezeit verformte sich sein Kopf mehr und mehr, was ihn scheu gegenüber Menschen machte. Weil er nicht mehr in die Stube passte, lebte er in der Tenne und wurde immer einsamer.
Die vier Reisen des Riesen
Vier Reisen hatte Thomas Hasler insgesamt angetreten. Die erste führte ihn an die Anatomie nach München, wo er sich wegen seines Riesenwuchses als Patient vorstellen sollte. „Da fahr ich nicht mehr hin, da musste ich nackert sein, lauter Weißkittel um mich rum, die mich angepatscht haben“, soll er seinem kleineren Bruder erzählt haben“, berichtete Nerlich während seiner Rede.
Am 28. Juni 1876 schrieb Hasler ein Telegramm an die Münchner Klinik, er hätte sich doch zu einer zweiten Untersuchung entschieden. Doch zu dieser zweiten Reise kam es nicht mehr als Lebender. Am 29. Juni traten bei ihm, trotz scheinbarer Gesundheit, plötzlich Krämpfe auf. Hasler trank zwei Kübel Wasser und verstarb dann rasch unter heftigem Zucken. Akutes Versagen des durch Knochenwucherungen stark eingeengten Gehirns nimmt man als Ursache an. Der Leichnam reiste ins pathologische Institut der Universität München.
Seine dritte Reise machte Hasler zu einer Ausstellung nach Ingolstadt, bevor er jetzt – nach seiner vierten Reise – ins Tegernseer Tal zurückfand.
Von zwei Krankheiten gezeichnet
Etwa zehn Zentimeter kleiner wirkt das Skelett durch die Beugung neben der Röntgenaufnahme, durch die man die wahre Größe des Riesen erahnen kann. Zwei Krankheiten quälten den zweitältesten von insgesamt sieben Kindern, die auf dem Grundnerhof in Bad Wiessee aufwuchsen.
Ein sogenannter juveniler Riesenwuchs aufgrund eines hormonbildenden Tumors der Hirnanhangdrüse. Zudem an mehreren linksseitigen Knochen eine angeborene Knochenbildungsstörung. Für diese beiden Erkrankungen konnte mittlerweile eine genetische Ursache festgestellt werden. Und diese beiden führten letztendlich auch zum frühen Tod. Dass dem „Riesen vom Tegernsee“ damit eine Ausstellung in seiner Heimat gewidmet werden kann, freut Perlinger, denn „hier gehört er auch her“. Die Ausstellung ist noch bis 6. Oktober zu sehen.
Wie groß kann ein Mensch werden?
Menschen mit Riesenwuchs beschäftigten die Menschen seit jeher. Auch die Tegernseer Ausstellung geht der Frage nach und zeigt Spannendes, das man sich am besten selbst ansehen sollte. Nur so viel sei verraten: Der derzeit sicher bekannte „größte Mensch“ lebte in den USA und wurde ganze 2,72 Meter.
Wer der „größte” Bayer ist, darüber kann man streiten. Fest steht aber: Der körperlich größte Bayer, der je gelebt hat, stammte aus dem Tegernseer Tal: Thomas Hasler mit 2,35 Meter Wuchs. Das Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet ihn bis heute als den „größten deutschen Mann“.
Veranstaltungen im Rahmen der Sonderausstellung
Sonntag, 23. Juni, 19.15 Uhr
Abendführung durch die Sonderausstellung mit Dr. Roland Götz
Samstag, 29. Juni, 11 Uhr
„Der Riese vom Tegernsee – Leben, Krankheit und neue medizinische Erkenntnisse“
Vortrag von Prof. Dr. Andreas Nerlich
Sonntag, 25. August, 19.15 Uhr
Abendführung durch die Sonderausstellung mit Dr. Roland Götz
Samstag, 7. September, 11 Uhr
„Von Riesen und Zwergen – Wie groß kann ein Mensch werden?“
Vortrag von Prof. Dr. Andreas Nerlich
Im Rahmen der Tegernseer Woche
Freitag, 4. Oktober, 15.30 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Dr. Roland Götz
Freitag, 4. Oktober, 19.30 Uhr, Quirinal
„Die Großen vom Tegernsee unter der Lupe des Pathologen“
Vortrag von Prof. Dr. Andreas Nerlich zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Tegernseer Klostergründer
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