„Der Markt ist gnadenlos“

22 Milchkühe hat Balthasar Brandhofer in seinem Stall stehen. Landwirtschaftliches Einkommen erzielt der Waakirchner durch seine Milchlieferungen an eine Molkerei. Doch davon allein leben kann er schon lange nicht mehr. Brandhofer hat – wie viele Bauern – ein zweites Einkommen. Seit vier Monaten aber fällt der Preis für Milch erneut.

Balthasar Brandhofer
Balthasar Brandhofer, ehemals Waakirchner Gemeinderat und Landwirt.

„Über fünf Cent ist der Milchpreis in den vergangenen vier Monaten gefallen“, bedauert Balthasar Brandhofer. Obwohl er seit Langem seinen Hauptverdienst als Leiter der Waakirchner Sparkassenfiliale erzielt, bedeutet ihm die Landwirtschaft viel. Nachdem der Milchpreis sich in den vergangenen Monaten ein wenig stabilisiert hatte, ist er nun wieder am Sinken.

Die Bauern aus dem Tegernseer Tal und natürlich auch aus Waakirchen haben theoretisch die Wahl, wohin sie ihre Milch liefern: Tal-Bauern können unter bestimmten Voraussetzungen an die Naturkäserei Tegernseer Land liefern. Man kann aber auch an die Andechser Molkerei Scheitz, an die Bio-Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau, die Molkerei Weihenstephan, die Bergader Privatkäserei Waging oder den Molkereivertrieb Miesbach liefern.

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Milchpreis richtet sich nach dem Weltmarkt

Der Waakirchner Brandhofer ist ein sogenannter „konventioneller Landwirt“. Er liefert weder an die Naturkäserei, die sich durch Direktvermarktung ihrer Produkte ein Stück weit unabhängig vom Markt gemacht hat, noch ist er ein Bio-Landwirt. Die Milch seiner Kühe geht zur Molkerei Bergader – genau wie die von etwa 400 weiteren Landwirten aus dem Landkreis. 36 Cent pro Kilogramm gelieferter Milch bekommt er derzeit für seine Ware. Noch vor vier Monaten gab es dafür 41 Cent, eine Einbuße von gut zwölf Prozent, rechnet der Bankfachmann vor.

Der Grund für den Einbruch ist im Weltmarkt zu suchen. Heuer ist die erzeugte Milchmenge insgesamt stärker gestiegen als der Verbrauch an Milchprodukten. Weil der Preis der Milch unter anderem auch von der gemolkenen Milchmenge abhängt, bekommt der einzelne Bauer nun weniger Euro pro Kilogramm Ware.

„Der Markt ist gnadenlos“

Brandhofer sagt es und meint damit die Bestimmung der Milchpreise, die die Bauern für ihre „weiße Ware“ bekommen. Insgesamt ist die Preisermittlung von vielen Faktoren abhängig. Angebot und Nachfrage, aber auch das Wetter könnte genauso eine Rolle spielen wie etwa Produktionsausfälle, Dollar-Kurs-Abweichungen oder der Erfolg der Verhandlungen zwischen Erzeuger-Vertretern mit dem Handel.

Die vergangenen Jahre waren „weltmarktmäßig“ schwankend, aber insgesamt steigend. Nachdem es Ende 2008 einen Einbruch gegeben hatte, folgte in der zweiten Hälfte 2009 die Erholung. Im Laufe der vier Jahre zwischen 2010 bis zum Sommer 2014 blieb der Preis stabil. Nun ist er wieder am Fallen, bedauert Brandhofer.

Häufig sind Vertrieb und Preisgestaltung ein weiteres Zünglein an der Waage. Heben die Händler die Preise für Milchprodukte an, muss der Verbraucher noch genauer überlegen, wie viel er sich davon leisten kann und will. Mancher Preisanstieg muss deshalb mit einem Rückgang bei der Nachfrage „bezahlt werden“, was wiederum zu einem Überangebot in den Regalen führt. Regelmäßig finden deshalb Preisverhandlungen zwischen Erzeuger-Sprechern und dem Handel statt.

Der Preis der Milch hängt unter anderem auch von der gemolkenen Milchmenge ab.
Der Preis der Milch hängt unter anderem von der gemolkenen Milchmenge ab.

Eine weitere große Herausforderung kommt auf die Bauern in drei Monaten zu. Dann, wenn die Kontingentierung der Milchlieferungen am 31. März ausläuft. Eingeführt wurde die Kontingentierung zum 2. April 1984. Die damalige enorme Produktionsausweitung hatte den Markt belastet. Dies bedeutete hohe Lagerkosten und Exportsubventionen für Butterberge und Milchseen.

Um einen drastischen Rückgang des Milchauszahlungspreises für die Landwirte zu verhindern, hatte die Europäische Union, auch auf Initiative Deutschlands hin, zum Schutz der Milchbauern eine Quotenregelung eingeführt. Die Milchmenge, die man liefern durfte, errechnete sich dabei aus den durchschnittlichen Lieferungen der vorhergegangenen drei Jahre. Durch Pacht oder Zukauf konnten Bauern die Menge auch erhöhen. Lieferte jemand mehr als vereinbart, so drohten unter Umständen Strafgebühren von bis zu 20 Cent pro Kilogramm.

Noch liefert jeder konventionelle Landwirt eine bestimmte Menge Milch, die durch das Kontingent geregelt ist. Dieses soll jedoch zum 1. April wegfallen. Das könnte eine weitere Liberalisierung des Milchmarktes bedeuten. Wenn die Quote als Wachstumsbremse wegfällt und mehr Milch „im Umlauf“ ist, hätte das ein Absinken des Preises zur Folge. Brandhofer persönlich ist in der Frage der Milchkontingentierung „leidenschaftslos“, wie er betont. Die Quote sei jetzt schon wertlos, da die Strafgebühren häufig erlassen werden. Als Bauer müsse man ohnehin mit den Gegebenheiten des Marktes und den damit zusammenhängenden Vorgaben leben.

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