„Der Schlüssel ist heilig“

Bei der Weyarner Feuerwehr verschwand ein Hauptschlüssel und tauchte ein Jahr später wieder auf. Auf mysteriöse Weise war er von einem Schlüsselbund zu einem gewandert. Ein Rätsel, das nun ein Richter lösen musste.

Einer der Hauptschlüssel für das Feuerwehrhaus in Weyarn war ein Jahr lang verschwunden und tauchte dann dort auf, wo ihn niemand vermutet hatte. Aber wem nutzt das eigentlich?

Im Februar 2016 fand sich überraschend ein Schlüssel der Freiwilligen Feuerwehr Weyarn wieder, der seit über einem Jahr vermisst wurde. Es handelte sich um einen wichtigen Hauptschlüssel, mit dem sich fast alle Räume des Feuerwehrgebäudes öffnen lassen. Von dieser Sorte gibt es nur zwei Exemplare. Einer der beiden Schlüssel befand sich am Bund eines 42-jährigen Feuerwehrers.

Als der Zweite Kommandant ihm den Schlüssel an seinem Bund zeigte, konnte der Mann sich nicht erklären, wie dieser in seinen Besitz gekommen war. Der Kommandant witterte dagegen Diebstahl, denn der Schlüssel war bereits im Januar 2015 als verschwunden gemeldet worden. Nach einer Vorstandssitzung war er weg.

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„Mir wurde vom rechtmäßigen Eigentümer erklärt, dass der Schlüssel an seinem Bund mit einem grünen Mantel markiert war“, so der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Weyarn, der heute als Zeuge vor dem Miesbacher Amtsgericht erschienen war.

Der Schlüssel wurde entfernt, die Markierung aber an einen anderen Schlüssel angebracht.

So fiel nicht sofort auf, dass der Schlüssel verschwunden war. Man beschloss den Diebstahl daher bis auf weiteres nur im Vorstand zu diskutieren. Im Februar 2016 tauchte der Schlüssel dann allerdings wieder auf. Der Beschuldigte erklärte heute vor Gericht, wie sich die Situation aus seiner Sicht darstellte.

Er sei lang gedientes Mitglied der Weyarner Feuerwehr und diente dort mehr als zehn Jahre als Kassier. An einem Tag im Februar verlegte er seinen Schlüssel beim Austausch seiner Dienstbekleidung. Der angeklagte Feuerwehrler erklärte Richter Walter Leitner, er habe seine Einsatzkleidung zum Waschen geben wollen. Beim Tausch der Kleidung verlegte er seinen Schlüssel und fuhr nach Hause, ohne dies zu bemerken.

Nach dem Wochenende wieder im Feuerwehrhaus eingetroffen, fand er seinen Schlüsselbund überraschend in der Wechseljacke, obwohl er ihn dort nicht vermutet hatte. „Allerdings habe ich sie danach gleich wieder verlegt, als ich eilig zu einer Übung aufgebrochen bin“, so der Angeklagte.

Schlüssel kommen und gehen

Als er von der Übung zurückkehrte, konfrontierte ihn der Zweite Kommandant mit seinem Schlüsselbund, an dem sich der vermeintlich gestohlene Schlüssel befand. Eine befremdliche Situation für den Mann:

Das Misstrauen hat mich sehr enttäuscht. Nach all den Jahren, in denen ich auch als Kassier tätig war. Und dann diese Befragung. Ich habe mich gefühlt, wie bei einem Verhör.

Der Angeklagte wurde dann vom aktiven Dienst suspendiert. Ein Vorgehen, das den 42-Jährigen sichtlich berührte: “Das war nach all den Jahren eine brutal harte Entscheidung. Ich habe auch beim Bürgermeister vorgesprochen. Er hat aber schnell klar gemacht, dass es sich um eine interne Angelegenheit der Feuerwehr handle und er keine Stellung beziehen werde.”

Richter Leitner wunderte sich, welcher Vorteil dem Angeklagten entstanden sein sollte. „Welche zusätzlichen Räume kann man den mit dem Schlüssel aufschließen?“, wollte er wissen. Es handle sich nur um ein oder zwei Lagerräume, in denen unter anderem Spirituosen für das Dorffest gelagert würden. Einen konkreten Vorteil könne er daher nicht erkennen.

Verschwundene Ordner bei der Feuerwehr? / Symboldbild

Allerdings seien einige Buchhaltungsordner verschwunden. Es gäbe zwar überhaupt keinen Anlass an der ordentlichen Arbeit des ehemaligen Kassiers zu zweifeln, aber als Vorstand habe man eine Verantwortung gegenüber den Mitgliedern. Die Bücher seien ordentlich geführt, der Kassier durch Wirtschaftsprüfer entlastet worden. Trotzdem seien eben Ordner verschwunden.

Der Angeklagte wiederum konnte seinerseits nicht glaubhaft erklären, wer denn einem Vorteil davon habe, dass ihm jemand den Schlüssel untergeschoben habe. Er äußerte zwar, dass einige Mitglieder mit seiner strengen Buchführung nicht einverstanden gewesen sein könnten und er auch mit verhindert habe, dass der Vorstand zwischenzeitlich nicht wiedergewählt worden ist.

Keine Entscheidung

Die Zuschauer im Gericht fragten sich zwischenzeitlich, was an dem einen Schlüssel denn so entscheidend war, hatte der Angeklagte doch weitere Feuerwehr-Schlüssel rechtmäßig im Besitz, die ihm auch weitreichenden Zugang ermöglichten. Doch Richter Leitner wusste um die besondere Bedeutung der Schlüssel für die Feuerwehrler:

Der Schlüssel ist hoch und heilig. Das ist gerichtsbekannt. Der Entzug eines Schlüssels bedeutet eine Herabstufung.

Da nach dem ersten Verhandlungstag noch Fragen zum genauen Hergang des Verschwindens des Schlüssels offen sind, wird nun am kommenden Dienstag weiter verhandelt.

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