Der Zauber der Rauhnächte

Die Zeit zwischen den Jahren ist seit jeher für Außergewöhnliches bekannt. Die Nächte zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar sind als die heiligen Nächte bekannt. Sie dienen seit jeher zur Reinigung und Selbstfindung. Aber was genau hat es mit den sogenannten Rauhnächten auf sich?

Die Weihnachtszeit ist häufig stressig - die heiligen Nächte dienen dazu zur Ruhe zu kommen und zu sich selbst zu finden
Die Weihnachtszeit ist oft stressig – die heiligen Nächte dienen dazu zur Ruhe zu kommen und zu sich selbst zu finden

Die Tage nach Weihnachten waren hier im Oberland besonders. Die Arbeit wurde in früheren Zeiten eingestellt. Man saß beieinander. Der Winter zwang die Menschen hinein in die Stube, während draußen Kälte und Schnee regierten. Anders heute, wo man sich angesichts hoher Temperaturen eher einen Sonnenbrand zuzieht, war man noch vor hundert Jahren sicher, dass in den Rauhnächten besondere Kräfte herrschten.

Mistgabeln wurden versteckt, weil man glaubte, dass sie sich selbstständig machen könnten. Wäsche wurde nicht gewaschen und vor allem nicht aufgehängt, weil die ängstliche Bäuerin fürchtete, damit den eigenen Tod zu beschleunigen: Böse Geister-Reiter würden die Wäsche mitnehmen und sie als Leichentuch im nächsten Jahr zurückbringen. Da wusch man lieber in der Vorweihnachtswoche, bis das Blut aus den Fingernägeln spritzte.

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In der zweiten Hälfte der zwölftägigen Stubenhockerei wurden das Haus und der Stall ausgeräuchert. Wer das Geld hatte, nahm Weihrauch. Andere verbrannten schnödes Tannenharz. Auch damit wollte man die Geister vertreiben. Die Tradition unseres Silvesterfeuerwerks stammt aus dieser Zeit.

Die Perchten galten früher als Ordnungshüter - heute ziehen sie schon vor Weihnachten los um Kindern und Erwachsenen zu erschrecken
Die Perchten galten früher als Ordnungshüter – heute ziehen sie schon vor Weihnachten los um Kindern und Erwachsenen zu erschrecken

Damit die umfangreichen Regeln auch alle eingehalten wurden, die Menschen ihre Wäsche bei sich hielten und brav waren, kamen kurz vor Dreikönig die Perchten. Heute ziehen herrenlose Österreicher mit Masken und muffeligen Fellen schon vor Weihnachten über die Dörfer, erschrecken Kinde und Erwachsene.

Noch vor wenigen Jahrhunderten aber war diese Gruppe ein wichtiger Ordnungsfaktor im Alpenraum, eine neben der öffentlichen Macht existierende Regulierung. Die Perchten, aufgeteilt in gute Schönperchten und schlechte Schiachperchten, gingen von Haus zu Haus mit Glocken und anderen Krachmachern, kontrollierten, bekamen einen Selbstgebrannten und trieben mit ihren wilden Tänzen im Vorbeigehen auch den Winter aus.

Haltestellen des Alltagslebens

An Dreikönig war es mit dem Spuk dann vorbei. Die Tage wurden immer länger, die Arbeitstage begannen, Holzauktionen wurden vorbereitet und fanden Ende Januar statt. Denn meist wurde noch im Herbst und Winter das Holz in den Wäldern geschlagen, weil es zu diesem Zeitpunkt den geringsten Saft trug. Die Geister verschwanden, das Jahr begann.

Heute haben wir das Gefühl für solche Haltestellen des Alltagslebens verloren. Unser Wirtschafts- und Vergnügungssystem verlangt nach durchgehenden, immer abrufbaren Tätigkeiten. Innehalten ist da fehl am Platze. Im Gegenteil: In vielen Familien sind die gemeinsamen Tage Belastung, hockt man doch zu lange auf einem Platz und hat sich wenig zu erzählen. Aber vielleicht zählt man mal die Wäschestücke durch …

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