Mit Flip-Flops in die Berge:
Die 6 nervigsten Wanderphänomene

Wandern macht glücklich – wenn gewisse Phänomene nicht auftreten. Ein humorvoller Blick auf den Run zum Berg. 

Wandern ist längst zum Massensport geworden.

Die Auswüchse des anhaltenden Runs auf die Berge und so manch denkwürdige Verhaltensweisen der Wandersleute lassen sich besonders an sonnigen Wochenende beobachten. Dann nämlich schwärmen sie aus, die Wanderlustigen. Ein paar Exemplare kennen wir alle … 

#1 Gemeinsam eine Region fluten

Sich zu entspannen, fällt an sonnigen Wochenenden im Tal mitunter gar nicht so leicht. Es sei denn, man wandert gerne in der Masse. Die Ursache des Phänomens? Warum peilen alle Ausflügler bei schönem Wetter die gleiche Richtung an? Ich habe keine Erklärung. Das Tegernseer Tal zählt auf jeden Fall zum Lieblingsziel. Alternativ geht’s Richtung Schliersee. Endlich wieder Kolonne fahren. Juhu! Die wenige ausgewählte Wanderwegen verwandeln sich in Ameisenstraßen. Warum auch verteilen und die Ruhe an anderen Orten genießen, wenn’s auch schön trubelig geht? Außerdem muss man nicht alleine zurückfahren, wenn man sich an einem Ort trifft. Der rege Rückfahrverkehr rundet das entspannende Wochenende sicher perfekt ab.

Vielleicht lässt sich das Schwarmverhalten evolutionsbiologisch erklären: Menschen sind soziale Wesen. Schon unsere Vorfahren in der Altsteinzeit sicherten ihr Überleben durch die Bildung von Gruppen. Der Duden definiert “Horde” übrigens so:
“(…) familienähnliche Lebensgemeinschaft in der Altsteinzeit. Die Horde war eine wandernde Gruppe mit einem gemeinsamen Lagerplatz.”

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#2 Wildparker-Kultur in der Kulturlandschaft 

Apropos Lagerplatz: Ist der ausgewiesene “Lagerplatz “Parkplatz” für Autos überfüllt, muss schnell eine Alternative her. Besonders beliebt: Wiesen in Wanderparkplatznähe. Dass die Weiden so gut gepflegt werden, für die in der Sonne glänzenden Autos, ist wirklich aufmerksam von den Grundbesitzern. Wahre Gastfreundschaft! Begehrt sind auch Ausweichbuchten. Uninteressant, dass andere dem Gegenverkehr darüber ausweichen sollen. Es regiert: Die Wanderlust. Vollstes Verständnis!

#3 Grüßen und Lächeln tut nicht weh?

Andere Wanderer grüßen? Nicht doch. Eilig aneinander vorbeihetzen, bloß keinen Blickkontakt suchen, möglichst schnell vorpreschen. Wie sympathisch! Zugegeben: Bewegt man sich auf einer viel bewanderten Ameisenstraße, kann man nicht jede entgegenkommende Person grüßen. Irgendwann nervt es. Trifft man jedoch irgendwo im Nirgendwo auf ein artverwandtes Wesen, gehört es zum freundlichen Miteinander, sich wenigstens freundlich zuzunicken. Vielleicht sollte man eine verpflichtende Wander-Netiquette einführen. Ein Punkt würde lauten: Freundliches Grüßen ist erwünscht. Ein Lächeln tut’s übrigens auch.

#4 Eigene Wanderwege anlegen

Es spricht nichts dagegen, sich aktiv einzubringen. Im Gegenteil! Aber: Obacht beim Anlegen “neuer Wanderwege”. Ein paar besonders pfiffige Berggeher fühlen sich nämlich dazu berufen. Mühsam stapfen sie querfeldein und legen den Grundstein für neue Routen, die – man glaubt es kaum – ein paar Meter kürzer sind. Wunderbar! Die Tierwelt freut’s! Nicht!

Der Erfolg ihrer neu angelegten Pfade lebt nämlich davon, dass möglichst viele folgen. Und so entsteht aus einem Trampelpfad abseits des Wanderweges eine Abkürzung. Wie abenteuerlich. Auch Wildtiere wissen die Unterhaltung durch die merkwürdigen Zweibeiner zu schätzen. Vor lauter Stress springen die Tiere aus ihrem Schlaf auf. Tatsächlich kann das Rotwild auch an einem Herzinfarkt sterben. Nächstes Mal bitte die zahlreichen Hinweise des Alpenvereins am Wegesrand lesen.

# 5 Germany’s Next Kuhmodel!

Wenn Kühe Kälber haben, sollten Zwei- und Vierbeiner ihre Nähe meiden. Darauf wird nicht umsonst auf Schildern hingewiesen, die gut sichtbar an Weidetoren befestigt sind. Doch was tut man nicht alles für ein kuhles Selfie mit dem hübschen Almvieh? Noch mehr Likes gibt es erfahrungsgemäß, wenn auch noch ein Hund auf dem Foto zu sehen ist. Dass Kühe keine zahmen Haustiere sind – geschenkt. Also Hund an die Leine und einen großen Bogen machen oder lieber gleich einen anderen Weg wählen. Kühe sind keine Kuscheltiere.

# 6 In Badelatschen auf den Berg

Ich kann es verstehen: Manchmal ist die Euphorie beim Wandern so groß, dass man etwas über die eigenen Grenzen hinausmarschiert. Werden die Beine schwächer, ist man froh über Traubenzucker, Wasser und Proviant im Rucksack. Es gibt aber Menschen, die spontan aufbrechen, um den Berg ganz bewusst unsicher zu machen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Man erkennt sie an ihren Badelatschen, mit denen sie sich in Richtung Gipfel bewegen. Ab und zu hört man dann in den Nachrichten, dass die Bergwacht ausrücken und inadäquat gekleidete Wanderer aus ihrer misslichen Lage retten musste. So geraten die rund 12.000 ehrenamtlich tätigen Bergwachtler mitunter selbst in gefährliche Situationen. Rund 13.000 Menschen im Jahr benötigen nämlich notfallmedizinische Versorgung durch die Bergwacht. Mit der richtigen Ausrüstung und einer realistischen Einschätzung für die eigene körperliche Ausdauer wären einige dieser Einsätze nicht nötig. 

Fazit – Wandern und wandern lassen

Stress macht krank. Und unangemessenes Verhalten am Berg ist gefährlich – im besten Fall nur nervig. Doch manche Dinge kann man nicht ändern. Man kann sie nur ansprechen. Oder etwas spitzzüngig und mit einem Augenzwinkern aufschreiben. Und dann den Fokus wieder auf die Dinge richten, die Freude bringen: Auf die fantastische Natur vor unserer Haustür und auf die vielen netten Begegnungen, die es zum Glück auch gibt.

“Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler”, sagte Johann Wolfgang von Goethe. Vielleicht sollten wir also schweigsamer werden, damit wir das Flüstern der Berge wahrnehmen können. Und unseren Mitmenschen und der Natur mit mehr Empathie entgegentreten. Oder?!

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