Die Haselmaus muss die Koffer packen

In der Gemeinde Gmund sind einige größere Unternehmen beheimatet. Neben Papierherstellern, eine große Brauerei, auch das Unternehmen Stang in Moosrain. Dort wird es allerdings zu eng. Wohin geht der Umzug des Logistik- und Baumittelunternehmens?

So soll es einmal aussehen – die neue Heimat der Firma Stang im Kanzlerfeld / Quelle: Architekturbüro Stürzer

Gmund genießt durch seine Lage am nördlichen Ende des Sees einen Standortvorteil gegenüber anderen Gemeinden im Tegernseer Tal. Anders als in Bad Wiessee und Tegernsee ist Platz kein so großes Problem. Platz, den heimische Unternehmen dringend benötigen. Besonders dann, wenn sie wachsen und expandieren wollen.

So wie das Unternehmen Stang aus Moosrain. Traut man der Chronik auf der firmeneigenen Webseite, schreibt Stang seit 1935 eine Erfolgsgeschichte stetig fort. Zweigstellen in München und Miesbach zeugen vom Aufstieg. Auch das Firmengelände in Moosrain, das seit 1978 den Firmensitz beheimatet, wurde in den letzten Jahrzehnten ständig erweitert und ausgebaut. Doch jetzt ist auch das Grundstück im Dorf zu klein.

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Stang will an die Kreuzstraße expandieren

Schon seit einiger Zeit laufen deshalb die Gespräche mit der Gemeinde, dem Landratsamt und der Regierung von Oberbayern. Ein neues Gelände an der Kreuzstraße wurde gefunden. Im Kanzlerfeld, da wo vor einigen Jahren schon die Tegernseer Brauerei die neuen Produktionsstätten erbaute. Das liegt zwar eigentlich im Außenbereich, doch eine glückliche Fügung, die auch damals schon den Brauern den Standort ermöglichte, ebnet nun auch für das Moosrainer Unternehmen den Weg für den Neubau.

Stang plant den Bereich Lager und Logistik mit sechs Hallen, angeordnet in zwei Reihen parallel zur Bundesstraße in der Kreuzstraße auszulagern. Zudem ist auf dem Gelände noch die Errichtung einer offenen Tankstelle für Lastwagen und ein mehrstöckiges Verwaltungsgebäude geplant. Dort sollen in Zukunft auch Mitarbeiterwohnungen entstehen. Ein großer Parkplatz für die Nutzfahrzeuge und ein Pellet-Silo vervollständigen die Gesamtplanung. Die Gebäude sollen in mehreren Bauetappen entstehen.

Außenbereichsschutz des Areals bereits 2010 aufgehoben

Im Jahre 2010 wollte die Gemeinde Gmund an der B472 ein Industriegebiet ausschreiben. Im Zuge dieser Planung wurde die Fläche aus dem Landschaftsschutzbereich herausgelöst. Aus den Plänen wurde nichts, doch ermöglichte es den Bau der Brauerei. Seit Anfang 2021 beschäftigen die Planungen für das Unternehmen Stang jetzt den Gmunder Bauausschuss.

Der Flächennutzungs- und Bebauungsplan muss für das Areal geändert werden. Das Sondergebiet (SO) Lager und Logistik sowie Ver- und Entsorgung. Am Dienstagabend musste der Gmunder Gemeinderat über den Vorentwurf der dritten Änderung des Flächennutzungsplanes und den Vorentwurf zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 45 des SO-Kreuzstraße entscheiden.

Die Grünen Räte haben Bedenken

Allein die Grünen im Rat sprachen Bedenken aus. So erklärte Andrea Schack:

Das ganze Projekt ist einfach zu groß. Der Verbrauch von Boden ist enorm. Den verlieren wir unwiederbringlich. Wo bleibt da die Nachhaltigkeit, die wir uns als Gemeinde auf die Fahnen geschrieben haben?

Insgesamt beschrieb sie die Vorgehensweise als Salamitaktik. Erst sei der Bau der Brauerei die große Ausnahme gewesen und nun mache man schon wieder eine Ausnahme. Da werde, wenn man keinen Riegel vorschiebe, Ausnahme zur Regel. Darauf entgegnete Bürgermeister Alfons Besel (FWG), der das Projekt in seinen Ausführungen stark befürwortete: „Das ist ein komplexes Projekt und auch in Hinsicht auf die Arbeitsplätze für die Gemeinde sehr wichtig.“ Auf Schack Vorwurf fehlender Nachhaltigkeit konterte der Bürgermeister:

Nachhaltigkeit muss auch immer die ökonomischen und sozialen Komponenten von Projekten berücksichtigen.

In Bezug auf den Vorentwurf für den Bebauungsplan meldete Michael Huber, ebenfalls im Gmunder Rat für die Grünen, besondere Bedenken an. Für ihn sei bedenklich, dass dort draußen an der Kreuzstraße Mitarbeiterwohnungen entstehen sollen, deren Anzahl im Bebauungsplan auch nicht beschränkt sei. Ergänzend sieht er aber in diesem Zusammenhang ein weiteres Problem:

Das Firmengelände ist in keiner Weise an die dörflichen Strukturen angeschlossen. Die Mitarbeiter leben dort doch völlig isoliert. Das will doch keiner.

Dem entgegnete Korbinian Kohler (CSU), dass ja auch die Bauern, die zum Teil noch viel weiter vom Dorf entfernt leben, durchaus fester Bestandteil der dörflichen Gemeinschaft in Gmund seien. Kohler macht ebenfalls deutlich, dass bei der äußerst angespannten Wohnungssituation im Tal gerade Wohnraumangebote für jeden Unternehmer existenziell seien, um Mitarbeiter für sich gewinnen zu können.

Wohnraum nur nach Zustimmung vom Rat

Bürgermeister Besel machte noch deutlich, dass in den Plänen nur von Wohnungen „im kleinen Umfang“ die Rede sei. Auch Christine Wild vom Bauamt in Gmund unterstrich: „Die Errichtung von Wohnraum im Rahmen des Bebauungsplans muss jedes Mal gesondert beantragt und von der Gemeinde abgesegnet werden.“

Zum Schluss der kurzen Debatte ergriff Georg Rabl (FWG) das Wort. Für ihn stellen die Pläne des Moosrainer Unternehmens einen absoluten Pluspunkt für die Gemeinde dar. Er stehe zu hundert Prozent hinter dem Vorhaben der Firma Stang.

Nach den beiden positiv entschiedenen Abstimmungen im Rat – nur die Räte der Grünen stimmten mit „Nein“ – werden die Vorentwürfe nun zur „frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung“ öffentlich ausgelegt. Das wird in rund 14 Tagen der Fall sein. Eine Möglichkeit, so ergänzte der Bürgermeister für alle Bürger und Behörden, sich über das geplante Projekt zu informieren. Bedenken und Anregungen seien ausdrücklich vom Rat erwünscht.

Der Bauplatz am Kanzlerfeld. Mit Pink sind die Höhlen der Haselmaus gekennzeichnet. Die roten Punkte kennzeichnen die Brutplätze des Stieglitz / Quelle: Bauamt Gmund

Was nun die Haselmaus betrifft, ist es so: Eigentlich fühlt sich dieses geschützte Tier sehr wohl auf dem Bauplatz der Firma Stang, ebenso wie der Stieglitz der dort heimisch ist. Das jedenfalls ergab ein Umweltgutachten, das im Verlauf des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes erstellt wurde.

Für die beiden unter Artenschutz stehenden Tiere muss nun eine neue Heimat in der Nähe des Kanzlerfeldes gefunden werden. Eine schrittweise Umsiedlung steht für die Nager und die Vögel an. Vorher wird hier gar nichts gebaut, erläuterte der Umwelt-Experte in seiner Präsentation. Auch über den Ersatz für die Biotope und die auf dem Grundstück stehende Bäume werden noch mit den zuständigen Behörden gesprochen.

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