Die „Miesbacher Bahnschranken“ frieren mächtig

Einer der belebtesten Bahnübergänge im Landkreis wird seit über einem Jahr mit reiner Manpower betrieben. Ein Traumjob für die beiden mobilen Schrankenwärter? Bei den Minustemperaturen, die zurzeit im Landkreis erleben, vielleicht eher nicht.

Die kleine outdoor “Wartestube” am Bahnübergang in Miesbach.

Unsere Winter können erbärmlich kalt sein. Manchmal schafft es das Thermometer über Tag kaum die 0 Grad zu überwinden. Doch trotzdem gibt es Menschen, die in der Kälte draußen arbeiten müssen. Tag für Tag. Die keiner fragt, ob es zu kalt dafür ist. Wir treffen diese Menschen an den Parkplätzen in den Skigebieten, sehen sie auf Baustellen, begegnen ihnen auf Bahnsteigen oder einfach mitten in der Miesbacher Innenstadt.

Dort, zwischen dem C&A und dem Bahnhof, liegt der “Bahnübergang der Improvisation”. Ein wirklich krasser “Outdoor-Workingspace”. Mindestens zweimal die Stunde muss hier die Tölzer Straße gesperrt werden, um der Bayerischen Regionalbahn den Weg nach Norden oder Süden freizugeben.

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Bis vor einem Jahr übernahm diese Aufgabe eine automatische Bahnübergangsanlage mit den bekannten rot-weißen Schranken und einer Ampelanlage. Die fiel im Januar 2021 aus. Was danach als ein Provisorium seinen Anfang nahm, gehört nun schon fest in das Stadtbild der Kreisstadt.

20/7 am Miesbacher Bahnübergang

Nähert sich ein Zug dem Bahnhof, bewegen sich zwei Männer in orangenen Warnwesten in Richtung Bahnübergang. Die Ampel spring auf Rot, ein Sperrschild wird auf der Fahrbahn platziert und das rot-weiße Plastikseil wird dort, wo normalerweise die Schranken den Weg versperren, über die Straße gespannt. Inzwischen funktionieren die Schranken manchmal wieder – aber eben nicht immer. Und ist der Zug durchgefahren, sammeln die beiden alles in Windeseile wieder ein.

Zigmal pro Tag seit 365 Tagen – 20/7 – wiederholt sich dieses “Arbeitsballett”. Wir Miesbacher haben uns dran gewöhnt. Auch wenn sich jeder immer wieder staunend fragt:

Die sind ja noch immer da! Wie lang denn noch?

Alles hängt wohl an der neuen Stellwerkstechnik, die auf der Strecke zwischen Miesbach und Bayrischzell installiert werden soll. Die letzte Aussage der Deutschen Bahn war, dass Ende 2021 die neue Anlage in Betrieb genommen werde. Das hat mal wieder nicht geklappt. Zurückgebaut werden kann auch nicht mehr, da die marode alte Anlage einen Totaldefekt hat.

Samowar, Gasgrill, Leuchte & Dixieklo

So wurde mit den Monaten, die ins Land zogen, aus dem Provisorium der neue „händische Miesbacher Übergang“. Auch gestern wieder, bei deutlichen Minustemperaturen, sehen wir die beiden „menschlichen Bahnschranken“ in der Miesbacher Mitte. Inzwischen haben sie sich einen einzigartigen Arbeitsplatz geschaffen. Mit einer „Wartestube“ für die Zeit zwischen den Zügen.

Der Sonnenschirm, der im letzten Sommer die Arbeiter vor der Sonne, aber auch bei Gewitter vor dem Platzregen nur unzureichend schützte, ist inzwischen abgebaut. Die Outdoorküche aber ist noch da. Sie besteht aus einem Samowar auf einer Kochplatte und einem gusseisernen Gasgrill, auf der einen Seite der Bank platziert.

Der Toilettenbereich befindet sich in einem Dixi-Klo auf der anderen Seite der Bahnschienen. Alles schick beleuchtet von einer farblich stimmigen, überdimensionierten Bauleuchte.

Geht das nicht irgendwie besser?

Da fragt man sich schon, ob die Deutsche Bahn das wirklich ernst meint. Erst werden sie nicht fertig mit ihrer Bau-Arie im Landkreis und dann können sie ihren Mitarbeitern nicht einen ordentlichen und winterfesten Arbeitsplatz bieten? Wenigstens einen ordentlichen Container hätten sie den Arbeitern spendieren können – mit einer Heizung, Stühlen und Tisch und einer warmen Toilette. Wenn es schon nicht für einen ordentlichen Bahnübergang reicht.

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