Die Ruhe nach dem Flüchtlings-Ansturm

Noch vor einem Jahr schien der Strom nicht abreißen zu wollen. Täglich kamen tausende Flüchtlinge in Bayern an. Unterkünfte, Lebensmittel, Kleidung waren rar. Heute hört man nur noch selten von neu ankommenden Asylsuchenden. Doch wie hat der Landkreis die letzten zwölf Monate verkraftet?

Integration von Asylbewerbern macht Fortschritte.
Die Integration von Asylbewerbern macht Fortschritte.

Es ist spürbar ruhiger geworden um die ankommenden Flüchtlinge. Während aus den Krisengebieten weiterhin täglich Tausende flüchten, kommen in Bayern seit Monaten nur noch wenige Asylbewerber an. Aus dem anfänglichen Chaos sind Ordnung und Struktur gewachsen. Behörden und ehrenamtliche Helferkreise arbeiten Hand in Hand.

Während nach den letzten Sommerferien die Turnhallen als Sammelunterkünfte dienten, wurden zwischenzeitlich Traglufthallen eingerichtet, die eine deutlich menschenwürdigere Beherbergung der Asylsuchenden ermöglichen.

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Traglufthallen werden abgebaut

Laut Landratsamt sollen nun sogar die beiden Traglufthallen abgebaut werden. Die Verträge mit der Berliner Firma paranet laufen für die Holzkirchner Halle noch bis Mitte Dezember und für Rottach-Egern bis Ende Januar. Die Übergangseinrichtungen sind von der bayerischen Landesregierung gemietet und die Verträge werden voraussichtlich und bei den derzeitigen Flüchtlingszahlen nicht verlängert.

Zu Hochzeiten wurden im Landkreis Miesbach über 1.000 Asylbewerber betreut, zurzeit sind es 980. Im gesamten Jahr 2015 wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bundesweit 1.091.894 Personen registriert. Von Januar bis Juli 2016 waren es dagegen “nur” noch 238.424 Personen. Im gleichen Zeitraum 2015 waren es noch 309.075. Diese Menschen werden nach einem Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Nach diesem Verteilungssatz muss Bayern gut 15 Prozent der Asylsuchenden, also 2015 ungefähr 150.000, in diesem Jahr bisher 53.000 Flüchtlinge aufnehmen.

Holzkirchen, Rottach-Egern und Miesbach haben die meisten Asylbewerber aufgenommen. Quelle: Landratsamt Miesbach
Holzkirchen, Rottach-Egern und Miesbach haben die meisten Asylbewerber aufgenommen / Quelle: Landratsamt Miesbach

Von den Gemeinden im Landkreis Miesbach tragen die Marktgemeinde Holzkirchen mit 21 Prozent sowie die Kreisstadt Miesbach und die Gemeinde Rottach-Egern mit jeweils elf Prozent die Hauptlast. Das heißt in Holzkirchen leben derzeit 185 Flüchtlinge, in Miesbach 94 und in Rottach-Egern 91. Auch hier ergibt sich die Verteilung aus einem Schlüssel im Verhältnis zu den Einwohnern.

Schwierige Kostenermittlung

Die Stadt Tegernsee hat lange Zeit eine sehr hohe Zahl an Flüchtlingen aufnehmen. Ab August 2015 bis Mai 2016 war die landkreiseigene Dreifachturnhalle mit bis zu 200 Personen belegt. Derzeit sind nur noch 16 Asylbewerber in Tegernsee untergebracht, davon sind sieben anerkannt. Zu den Kosten befragt, erklärt Johannes Hagn, 1. Bürgermeister (CSU) in Tegernsee:

Die Kosten für die Stadt sind schwer zu beziffern, da überwiegend Arbeitsstunden der Mitarbeiter von Verwaltung und Bauhof aufgelaufen sind. Sachkosten sind für die Ausstattung, Reinigung von Unterkünften, Instandsetzung von Wohnraum in Höhe von insgesamt rund 20.000 Euro angefallen. Diese wurden uns nicht erstattet. Diesen Ausgaben stehen dann allerdings laufende Mieteinnahmen gegenüber.

Zudem lobt Hagn die große Spendenbereitschaft durch die eine Asyl-Sozialberatung eingerichtet und notwendige Sachmittel angeschafft werden konnten.

Asylbewerber als Arbeitskräfte

Insgesamt wird der Großteil der Kosten vom Bund bestritten: Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – also die Zahlungen an die Asylbewerber – werden nicht aus dem Landkreishaushalt bestritten. Sie werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales übernommen.

Zudem werden Asylsuchende zunehmend integriert und leisten somit ihren gesellschaftlichen Beitrag. Selbst noch nicht anerkannte Asylbewerber können für die Allgemeinheit gegen ein geringes Entgelt tätig werden. So leisten sie wertvolle Arbeit, die sonst gar nicht bewältigt werden würde. Birger Nemitz, Pressesprecher des Landratsamtes:

Asylbewerber können zunächst sogenannte Arbeitsgelegenheiten aufnehmen. Das sind Tätigkeiten bei gemeinnützigen oder öffentlichen Arbeitgebern, wie zum Beispiel eine Gemeinde. Die Tätigkeit ist mit 1,05 Euro pro Stunde bezahlt, maximal 20 Stunden in der Woche.

Bessere Antragsbearbeitung

Doch generell geht auch die Bearbeitung der gestellten Anträge für die Anerkennung oder das Abweisen der Asylbewerber noch immer recht langsam vor sich, und ist in 2016 sogar angestiegen. Die Verfahrensdauer wird von Antragstellung bis zur Entscheidung gemessen. Sie liegt bundesweit im Zeitraum vom 01.01. bis 31.07. 2016 bei durchschnittlich 6,7 Monaten. Im Jahr 2015 lag die durchschnittliche Verfahrensdauer noch bei 5,2 Monaten.

Das BAMF führt diese Tatsache darauf zurück, dass es momentan viele alte, oft komplexere Verfahren abarbeitet, die schon längere Zeit anhängig sind. Politisches Ziel sei es, die Dauer auf drei Monate zu reduzieren und tatsächlich liege man bei Neuanträgen in diesem Jahr sogar nur bei 1,9 Monaten.

Im Zeitraum von Januar bis Juli 2016 hat das Bundesamt damit 336.051 Verfahren abgearbeitet und entschieden. Dabei erhielten 207.808 Antragsteller (61,8 Prozent) einen Schutzstatus. Im gesamten Jahr 2015 wurde 282.726 Personen Asylschutz zugesprochen. Dies entspricht gemessen an den 140.915 getroffenen Entscheidungen einer Quote von 49,8 Prozent.

Seit März dieses Jahres ist die Anzahl an ankommenden Flüchtlingen rückläufig. Trotzdem wagt es zu diesem Zeitpunkt niemand Prognosen zur weiteren Entwicklung bis Jahresende oder sogar für 2017 zu treffen. Zwar ist der größte Ansturm erstmal vorbei. Aber in der Politik wagt es derzeit keiner damit auch das Ende der Flüchtlingskrise auszurufen.

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