Die Ruhe vor dem (An-)Sturm

Jedes Jahr wagen sich mehr Menschen an die Alpenüberquerung – und in den vergangenen Jahren auch immer mehr vom Tegernsee aus. Wachstum ist nicht mehr möglich.

Zahlreiche Wanderer starten die Alpenüberquerung mittlerweile vom Tegernsee / Quelle: Marko Sikic

6000 Menschen – das ist eine ganze Menge. So viele starteten im vergangenen Jahr vom Tegernsee aus zu Fuß über die Alpen in Richtung Sterzing in Südtirol, sieben Tagesetappen entfernt.

„Die Nachfrage hat bisher jedes Jahr zugenommen“, sagt Wolfgang Sareiter, Geschäftsführer der Feuer und Eis Touristik GmbH aus Rottach-Egern. Sein Unternehmen ist seit 2014 Hauptanbieter der vor einigen Jahren von den Tourismusverbänden Tegernseer Tal Tourismus GmbH, Achensee Tourismus, Zillertal Tourismus GmbH und dem Tourismusverein Sterzing konzipierten Alpenüberquerung. Die Besonderheit: Die gesamte Strecke verläuft über leichte und mittelschwere Wanderwege und wird damit beworben, dass sie ohne bergsteigerische Fähigkeiten gut machbar ist.

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Selber organisieren oder zum Reiseanbieter?

Der Großteil von Sareiters Kunden ist über 45. Das liege unter anderem an den Preisen und dem hinzu buchbaren Komfort – von der günstigsten Reise ohne Gepäcktransfer und Wanderführer ab 720 Euro bis zur geführten Tour ohne Gepäck ab 1350 Euro. Wer selbst organisiert gehen möchte, stößt bei der Planung genauso schnell an seine Grenzen wie andere Reiseanbieter, die die gleiche Route wie der von den Tourismusverbänden beauftragte Sareiter anbieten möchten. „Wir haben langfristige Verträge mit den Hotels und für den Sommerzeitraum weit über 80 Zimmer fest gebucht.“

Problematisch ist vor allem die Übernachtungssituation im Tegernseer Tal: „Für diejenigen, die auf eigene Faust reisen wollen, gibt es kaum genügend Zimmer. In der Hauptsaison bieten nur wenige Unterkünfte Zimmer nur für ein oder zwei Übernachtungen an“, sagt Christian Kausch, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH. „Viele Leute haben eine innere Liste, die sie abhaken und da steht eben oft auch die Alpenüberquerung drauf.“

Die Ruhe vor dem (An-)Sturm am Tegernsee / Quelle: Maike Walbroel

Da längst nicht alle Überquerer mit der Bob anreisen, gibt es eine Kooperation mit dem Oedberg-Parkplatz in Ostin, wohin die erfolgreichen Wanderer schließlich mit Bussen von den Zielorten aus zurückgebracht werden. „Wir empfehlen die Anreise mit der Bob, das bietet sich auch an, weil die Tour in Gmund beginnt“, so Kausch. In der Tourist-Information Gmund beginnt für viele ihre Alpenüberquerung – egal, ob über Feuer und Eis Touristik gebucht oder selbst geplant.

„Die Menge der Wanderer können wir nicht steuern, sie sind durch die Kontingente an Zimmern aber gedeckelt. Mit 1000 Leuten auf dem gleichen Weg macht es aber auch keinen Spaß mehr“, sagt Kausch. Davon, den Hauptströmen zwischen Mitte Juni und Oktober auszuweichen, rät der Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH aber trotzdem ab, da sonst noch Schnee liege und die Wege nicht gefahrlos begehbar seien.

Von Sterzing gleich auf die nächste Tour

Den Erfolg der Alpenüberquerung ab Tegernsee erklärt sich Wolfgang Sareiter auch durch die Vermarktung: „Die vier Tourismus-Regionen geben so viel für die Werbung aus wie wir für alle Reisen, die wir anbieten, zusammen.“ Für ihn ist die Erfolgsgeschichte im Tal nun mehr oder weniger beendet: Die Nachfrage ist konstant hoch, einige Touren starten inzwischen alternativ in Bad Tölz. „Ich sehe im Tal kein Wachstumspotenzial mehr. Deshalb orientieren wir uns nun nach Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden um und versuchen, den Leuten, die nach Sterzing gewandert sind, im kommenden Jahr die Anschlusstouren zu verkaufen.“

Christian Kausch sieht nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Vorteile des Andrangs für das Tegernseer Tal: „Der Tegernsee hat bisher sehr profitiert: Einige reisen schon Tage früher an oder verbringen nach der Alpenüberquerung noch ein paar Urlaubstage am See und lassen natürlich Geld da, wenn sie zum Beispiel einkehren.“

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