Eine echte Gratwanderung

Tatort: Naturdenkmal Steindlallee. Immer wieder beklagen Anwohner, dass sich die Allee mehr und mehr lichtet. Oft lautet der Vorwurf, dass Gemeinde oder Landratsamt zu leichtfertig Bäume fällen. Und das, obwohl der Landkreis doch jetzt „grüner“ sein sollte als je zuvor. Die Verantwortlichen verteidigen sich.

Die kürzlich gefällte Linde der Steindlallee war vom Brandkrustenpilz befallen.
Die kürzlich gefällte Linde der Steindlallee war vom Brandkrustenpilz befallen.

Die Aufregung war groß. Wieder wurde eine alte Sommerlinde an der Steindlallee gefällt. Anwohnerin Christa Böhmer plädierte auf das Bestandsrecht der uralten Bäume. Eine Holzkirchner Baumfreundin machte sich daran, beim Landratsamt das Gutachten einzufordern. Ihr gegenüber zeigte sich die zuständige Baumexpertin Martina Lewald-Brudi kooperativ. Den Befund der kranken Linde dürfe sie jederzeit einsehen. Eine neue Linde wurde bereits gepflanzt.

Krankheit von außen unsichtbar

Per Schalltomographie wurde der Schädlingsbefall dokumentiert. Das sei die einzige Möglichkeit den Brandkrustenpilz festzustellen, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamts Gabriele Dorby auf Nachfrage. Die besagte Linde habe schon seit mehreren Jahren unter der Beobachtung der Sachverständigen Lewald-Brudi gestanden. Nach Absprache mit einem weiteren Baumexperten wurde klar, dass der Baum von innen zu krank sei. Und somit eine Gefährdung für Anwohner und Spaziergänger. Die Linde musste deshalb weg.

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Einzig und allein zuständig für Fällarbeiten am Naturdenkmal ist das Landratsamt. Es sorgt für die Verkehrssicherung, weiß Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis. Die Gemeinde Holzkirchen wäre sehr am Erhalt der Steindlallee und des Kogels als Naherholungsgebiet interessiert. Mitspracherecht über einen zu fällenden Baum am Naturdenkmal habe die Gemeinde allerdings nicht, stellt Pressesprecherin Dorby klar. Dennoch würde die Bauhofleitung immer informiert. Diese hätte auch hier das Wurzelwerk entfernt.

Mehr Transparenz für Baumfreunde

Rechtlich sind die Fronten geklärt. Doch den richtigen „Balanceakt zwischen Verkehrssicherung und Baumerhalt“ hinzulegen und dabei die Öffentlichkeit zufrieden zu stellen ist schwierig, weiß Fred Langer. Er ist Vorsitzender der Holzkirchner Ortsgruppe des Bund Naturschutz. Sicher sei es schade um jeden gefällten Baum, dennoch sieht Langer die Problematik diplomatisch.

In Anbetracht der Kosten, rund 10 000 Euro, die das Landratsamt für die Sanierung der Steindlallee vor ein paar Jahren aufgewendet hat, kann er sich mutwillige Fällaktionen gesunder Bäume nicht vorstellen. Den Quell der Querelen sieht Langer im Mangel an frühzeitiger Information:

Natürlich wundert sich ein Bürger, wenn aus heiterem Himmel der Baum vor seinem Grundstück weg ist, der dort schon immer gestanden hat.

So fordert der Holzkirchner Vorsitzende des Bund Naturschutz, dass die zuständigen Behörden den Bürgern mehr Transparenz und Informationen bereitstellen. Es reiche schon, ein Schild an der Steindlallee zu platzieren, schlägt Langer vor. So hätte niemand das Gefühl, dass eine alte Linde ganz plötzlich gefällt werde, sondern kenne auch den Grund dafür.

Engagierte Baumfreunde in Holzkirchen überlegen derzeit eine Baumschutzverordnung zu beantragen. Diese könnte ein Verbot zur Beseitigung geschützter Bäume – auch auf Privatgrundstücken – zur Folge haben. Eine Idee, die für Fred Langer nicht neu ist. Er befürchtet aber, dass schon Überlegungen zur Satzung viele Grundstücksbesitzer dazu veranlassen würden, ihre Bäume lieber sofort als niemals zu fällen. So plädiert er einfach an alle Seiten, „mehr Sensibilität für unseren Baumbestand“ aufzubringen.

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