Drastischer Preisanstieg für Übernachtungen?

Gerade in Pandemie-Zeiten ist das Reisen ins Ausland nach wie vor unsicher. Viele Touristen zieht es daher zu uns nach Bayern. Und das soll Konsequenzen haben: Laut einem BR-Bericht liegen die Kosten in unserer Region für Ferienwohnungen und -häuser um zwei Drittel höher als vor der Pandemie. Kann das stimmen?

Was jetzt noch an Zimmern und Hotels buchbar ist, kann man fast an einer Hand abzählen.

In der vergangenen Woche ließ eine Meldung auf BR24 aufhorchen. Der Sender hatte einen Beitrag über die veröffentlichten Analysedaten des Buchungsportals HomeToGo gebracht. Aufgrund der vorliegenden Daten steige laut BR24 die Nachfrage nach Urlaub in eigenen Landen um 58 Prozent im Vergleich zu 2019. Zudem seien Ferienwohnungen und Ferienhäuser seit Corona deutlich öfter nachgefragt worden als Hotels und Pensionen.

Aufhänger des Beitrags war jedoch der starke Preisanstieg bei Selbstverpfleger-Unterkünften in Bayern im Vergleich zu den Vor-Pandemiezeiten. Im Schnitt läge dieser im Allgäu und Bayrischen Wald bei 10 – 20 Prozent. In der Meldung von BR24 heißt weiter:

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Noch drastischer würde sich der Anstieg in Oberbayern bemerkbar machen. Dort seien die im Internet angebotenen Unterkünfte laut HomeToGo sogar um fast zwei Drittel teurer als im Schnitt vor zwei Jahren.

Das wäre tatsächlich ein starker Anstieg der Übernachtungspreise. Wir wollen wissen, ob die Preisentwicklung auch unsere Region betrifft. Ist der Urlaub am Tegernsee oder Schliersee wirklich so teuer geworden, wie die Zahlen vermuten lassen? Holen sich die zahlreichen Gastgeber jetzt die Verluste der Corona-Zeit von den Gästen zurück?

Die Nachfrage macht’s aus

Wir haben uns die aktuellen Zahlen (Veröffentlichung zum Reise-/Suchverhalten bei HomeToGo) für den Schliersee und den Tegernsee vom Buchungsportal schicken lassen. Jonas Upmann, Pressevertreter von HomeToGo stellte aber sogleich klar:

Die Preisentwicklungen von 2019 zu 2021 bedeuten nicht, dass einzelne Ferienunterkünfte teurer oder günstiger geworden sind.

Vielmehr ergebe sich, führt Upmann weiter aus, die deutliche Kostensteigerung aus einem veränderten Buchungsverhalten in der Pandemie und der dadurch resultierenden Auswahl der verfügbaren Unterkünfte. Ein dramatischer Preisanstieg lässt sich bei den vorliegenden Daten jedenfalls nicht erkennen. Im Gegenteil: Im Vergleich zum Jahr 2020 sanken die Preise in Tegernsee sogar. Laut Analyse liegen die Preise im August 2021 im Durchschnitt für eine Übernachtung pro Objekt (Ferienhaus/Ferienwohnung) und Tag in Tegernsee bei 182,00 Euro und in Schliersee bei 142,00 Euro.

Aha – und was sagt uns das?

Wir haben daraufhin eine nicht repräsentative Suchanfrage bei den bekanntesten deutschen Buchungsportalen gestartet. Mit dabei AirBnb, Booking.com, HomeToGo, Fe-Wo-Direkt und das Buchungsportal der Alpenregion Tegernsee-Schliersee (ATS). Angefragt haben wir eine Unterkunft für zwei Erwachsene mit zwei Kinder im Alter von 9 und 13 Jahren. Der gesuchte Buchungszeitraum war vom 14. bis 28. August 2021.

Die Suchergebnisse waren eindeutig – und ernüchternd für die große Zahl der Lastminute-Urlauber, die in diesem Jahr erst einmal die Entwicklung der Pandemie abwarten wollten. Unsere Ferienregion jedenfalls ist im nachgefragten Zeitraum bei den Internetbuchungsportalen bereits zu 98 bis 99 Prozent ausgebucht. Insgesamt waren nur sechs Pensionen, Ferienwohnungen und Hotels überhaupt noch buchbar. Dabei lag der Durchschnittspreis für die 14 Übernachtungen bei sagenhaften 7.400 Euro – also 529 Euro pro Nacht.

Der von HomeToGo festgestellte drastische Preisanstieg resultiere aus dem Umstand, dass die preiswerten Unterkünfte schon sehr lange ausgebucht sind. Je weniger Unterkünfte verfügbar sind, desto höher wird also der Durchschnittspreis. So wird für die Übernachtung einer vierköpfigen Familie in einer der Luxusunterkünfte mal locker ein Preis zwischen 6.000 und 18.000 Euro aufgerufen. Das lässt den Durchschnitt zwar exponentiell ansteigen, sagt aber wenig über real gestiegene Preise im Landkreis aus.

Das sagen die Tourismusverbände

Wir haben Thorsten Schär, Geschäftsleiter der ATS, um seine Einschätzung der Nachricht zum Preisanstieg für Unterkünfte in Oberbayern gebeten: „Einen derartigen Preisanstieg wie in der genannten, meines Wissens nicht repräsentativen Erhebung von HomeToGo können wir für die Alpenregion Tegernsee Schliersee nicht ausmachen.“

Moderate Preisanpassungen über die letzten Jahre räumt Schär durchaus ein. Diese seien aber im Rahmen geblieben. Die Buchungslage schätzt er als kaum verändert zum Vorjahr ein. Eine Veränderung im Buchungsverhalten der Gäste falle jedoch auf, wie der Geschäftsleiter der ATS beschreibt:

Allerdings spüren wir natürlich auch die Unsicherheit der Gäste in Bezug auf die Entwicklung der Pandemie, wie flexible Stornierungsbedürfnisse oder neue Sicherheitsbedürfnisse, zum Beispiel mit der Bevorzugung kleinerer Einheiten.

Laut Schär haben wir in der Region aktuell zirka 100 Hotels und 600 Ferienwohnungen mit jeweils 4.000 Betten. Wobei bei der Anzahl der Ferienwohnungen eine leicht steigende Tendenz zu beobachten sei.

Christian Kausch von der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) bestätigt die Aussagen seines Kollegen Schär: „Ein leichter Preisanstieg ist wahrzunehmen, der zum einen mit einem gestiegenen Aufwand zu begründen ist. Zum anderen haben viele Gastgeber in den letzten Monaten auch sehr viel in ihre Betriebe investiert.“

Schliersee und Tegernsee werden immer beliebter

Andere Erkenntnisse aus dem Nutzungsverhalten der Kunden von HomeToGo erfreuen die Touristiker allerdings dann doch. So die hohe Zahl der Menschen, die nach Unterkünften in Schliersee gesucht haben. Ihre Zahl stieg um sagenhafte 433 Prozent und katapultierte den beliebten Seeort auf Platz 15 der beliebtesten Urlaubsorte in Bayern.

Auch das Interesse an der Region Tegernsee ist ungebrochen. Die Zahl der Suchnachfragen stieg hier um 85 Prozent. Und das Tegernseer Tal liegt in der Gunst der Urlauber dieser Analyse auf Platz 11 im bayernweiten Ranking.

Unbestritten ist jedenfalls die Tatsache, dass man als Kurzentschlossener kaum eine Chance haben wird, mit seiner Familie heuer noch ein Feriendomizil in der Region zu finden. Auch die „Analogen Unterkünfte“, die es bei uns noch oft gibt, werden an der aktuellen Situation nichts ändern können. Ein Betreiber sagt uns auf Nachfrage am Telefon:

Buchungsplattformen kommen mir nicht ins Haus. Wir vermieten nur direkt an unsere Gäste. Trotzdem sind wir bis Oktober restlos ausgebucht. Dann wieder gern!

Es ist keine neue Erkenntnis, dass ein Urlaub im eigenen Land bei weitem teurer ist als ein vergleichbarer Pauschalurlaub in Spanien oder Griechenland. Das gilt für Ferienhotspots an den Küsten wie auch für uns in der Alpenregion. Die Preise für Übernachtungen werden, wenn auch moderater als noch im BR verkündet, weiter steigen.

Neueste Tourismus Entwicklungen im Tegernseer Tal

Man mag sich kaum vorstellen, wie sich der Durchschnittspreis für die Region entwickeln wird, wenn erst die acht neuen oder sanierten Luxushotels im Tegernseer Tal auf den Markt streben (aktuelle Hotelprojekte / Seite 10). Schätzungen zufolge werden so zirka 1.000 neue Betten im Luxussegment allein im Tal hinzukommen. Was den Bestand von jetzt 4.000 Betten um gute 25 Prozent erhöhen wird. Hinzugezählt noch die in den letzten Jahren vermehrt erbauten Luxus-Apartmenthäuser vieler Investoren. Auch sie werden zum Teil als luxuriöse Ferienunterkünfte angeboten.

Wird es in Zukunft überhaupt noch ausreichend bezahlbaren “Urlaubswohnraum” für Familien und die „normalen Menschen“ bei uns geben? Sind dann die Urlaubsnebenkosten überhaupt noch finanzierbar? Wie kann der Spagat zwischen Luxus – und Familienurlaub gelingen? Diese Fragen müssen erlaubt sein angesichts der “touristischen Entwicklung” – und nicht nur der!

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