Autofahrer urlaubt direkt am Seeufer
Dreiste Wildcamper in Kaltenbrunn

Frühe Spaziergänger wunderten sich am vergangenen Freitag: In Kaltenbrunn parkte ein Mercedes Kombi nur eine Schrittlänge vom See entfernt. Das sagt die Bayerische Schlösserverwaltung und das Landratsamt.

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Die Bayerische Schlösserverwaltung vertritt den Freistaat als Eigentümer staatlicher Grundstücke; dazu gehört auch der Tegernsee. Nach einer Anfrage erklärt eine Sprecherin der Schlösserverwaltung: “Es ist uns wichtig, dass unsere Besucherinnen und Besucher geltende Naturschutzvorgaben in unseren Liegenschaften respektieren, um diese – auch für nachfolgende Generationen – zu erhalten.” Weiter heißt es aus der Behörde:

Wir appellieren daher an ein verantwortungsbewusstes Handeln.

Bei Wildcampern versteht die Schlösserverwaltung keinen Spaß, “das Bayerische Naturschutzgesetz untersagt wild-campen im gesamten Freistaat”, heißt es aus der Pressestelle. Um das die Durchsetzung des Verbots kümmert sich jedoch eine andere Behörde: das jeweilige Landratsamt. Die Schlossverwaltung kann sich laut eigener Aussage nur wie ein privater Grundstückseigentümer gegen Wildcamper wehren. Das Landratsamt meldet nun: “Die Anzeige ist erst gestern beim Landratsamt Miesbach eingegangen. Daher wurde bisher noch kein Verfahren eingeleitet. Die Anzeige wird zur weiteren Ermittlung an die Zentrale Bußgeldstelle weitergeleitet.”

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Außerdem erklärt eine Sprecherin: “Wie hoch das Bußgeld ausfallen wird, kann erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens festgelegt werden.” Der Bußgeldkatalog für Umweltschutzvergehen sehe für das Parken oder Abstellen von Fahrzeugen sowie das Zelten und Lagern in einstweilig sichergestellten Landschaftsschutzgebieten laut Angaben des LRA einen Bußgeldrahmen von 25 bis 1.500 Euro vor

Ursprünglicher Artikel vom 23. August:

Gibt es etwas Schöneres? Abends den Sonnenuntergang am Westufer bei einem guten Augustiner genießen, nachts von keinem Lärm des Hotelnachbarn gestört zu werden und morgens als Erstes mit einem Schritt in den See zu hüpfen? Das dachte sich wohl auch der Fahrer eines Mercedes aus den neuen Bundesländern. Der oder die Herrschaften aus Sachsen fuhren am Abend hinunter nach Kaltenbrunn, parkten den Kombi eine Schrittlänge vom Seeufer entfernt in den Kies und baute sein Zelt auf.

Polizei: Wir sind nicht zuständig

Lustig? Wohl kaum. Man muss kein “Hausmeister Krause” sein, um diese illegale und völlig dämliche Aktion anzuprangern. Uns wurde von einer Leserin das Foto heute Morgen zugeschickt. Sie sagt: Bei der PI in Bad Wiessee ging keiner ans Telefon. Also machen wir das am späten Morgen. Die Staatsmacht am Westufer fühlt sich nicht zuständig, verweist an das Landratsamt Miesbach als dAufsichtsbehörde.

Zum Hintergrund: Bayern hat die strengsten Wildcampen-Gesetze in Deutschland. Das Bayerische Naturschutzgesetz verbietet jede Form. Das gilt vor allem in Nationalparks, Wildschutzgebieten und Naturschutzgebieten jeder Art. Aber der Freizeitdruck, auch sicher gefördert durch idyllische Fotos auf Instagram und andere Digital-Plattformen, verführt viele Auswärtige auch nur mal für eine Nacht das Gesetz zu brechen.

Das wird teurer als ein Hotelaufenthalt

Campen mit dem Zelt oder das sogenannte Freistehen in Bayern mit einem Wohnmobil ist untersagt. Ganz strikt sind auch die Regeln, was das Betreiben einer Feuerstelle, wozu auch ein Grill gehört, gilt.

Die Bußgelder sind happig und reichen bis zu 2.500 Euro. Auch wer beim Wildcamping in Bayern ohne Erlaubnis mit einem Zelt erwischt wird, muss mit Strafen bis zu 500 Euro rechnen.

Ein Auto direkt am See – da stellt sich die Frage, wie es dort hingekommen ist. Denn der Weg nach unten von den Parkplätzen in Kaltenbrunn ist nicht einfach zu fahren, das kann auch mal zum Aufsetzen des Autobodens führen. Ein Auslaufen von Benzin oder Öl wäre für den See ein massives Problem. Zu wenige Gäste wissen: Er hat Trinkwasserqualität. Dies gilt es zu schützen. Zudem: Links und rechts vom illegalen Camper sind Schilfgebiete, Rückzugsgebiete für Wasservögel.

Wie immer: Kein Einzelfall

Nun könnte das ein bedauernswerter Einzelfall sein. Aber schon vor Wochen beklagte der Koordinator der Wasservögelzählung, Wolfgang Hiller, den Trubel am und auf dem Tegernsee. “Der See verkommt zu einem Rummelplatz für Menschen und verarmt ökologisch.” Auch auf dem See wird es gern schnell illegal, da werden verbotene Elektroantriebe genutzt, Schwimmer gefährdet. Wahrscheinlicher Grund für die Zunahme: lasche Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden. Aber die gibt es ja eine Besonderheit am See: Die Stadt Tegernsee hat die Hoheit über den See und den Verlandungsbereich, ist für alle Belange auf dem Wasser und an Land zuständig. Dies gilt auch für Uferbereiche, wie etwa in Gmund.

Tegernsee zieht es durch

Und die Stadt Tegernsee handelt sofort: Michael Bourjau, der den urlaubenden 1. Bürgermeister Johannes Hagn vertritt, ist extrem verärgert. “Das ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten und zeugt von einer absoluten Arroganz gegenüber der Natur”, erklärt der Kommunalpolitiker. “Wir werden das Landratsamt weiterleiten und ein Bußgeldverfahren einleiten. So etwas können wir uns nicht gefallen lassen.” Anhand des Kennzeichens dürfte es ein leichtes sein, den oder die Täter ausfindig zu machen. Es könnte für die Besucher aus Sachsen ein teurer Ausflug ans Seeufer werden …

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