Obacht! Tagestrottel kreuzen

Silvester war die Probe aufs Exempel: bei Besoffenen kann ab und an mal einiges im Gehirn aussetzen. Aber gleich einen Rettungswagen beim Einsatz beschädigen? Soviel Trotteligkeit zum Jahresanfang gehört bestraft – findet zumindest der Glöckner von Gmund.

Hier sitzt er, der Glöckner von Gmund. Hier sieht und hört er alles. Hier verliert sich – zwischen Glockengeläut und Nebel – der eine oder andere Kommentar.
Guido, “der Glöckner” von Gmund:

Kaum jemand kennt ihn. Er sitzt im Turm der Gmunder Kirche und sorgt für das Geläut. Manche glauben, er sei der uneheliche Sohn eines verarmten Landadeligen, der hier sein Leben fristet. Andere meinen, ein Stoderer, der am Gasteig zu lange im Stau stand, habe ihn hier vergessen. Der Glöckner weiß alles und kommentiert es. Er braucht keinen Besen, um durchs Tal zu kommen. Er sieht und hört auch so noch gut.

Der Glöckner von Gmund kommentiert:

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Vom Turm in Gmund sehe ich oft Menschen mit intellektueller Überschaubarkeit. Wutbürger, Helikoptermütter oder eitle Kommunalpolitiker. Systemische Dummheit, finde ich. Aber dann gibt es auch die kurz aufpoppende Trotteligkeit, die Tagesblödheit. Jene, die uns allen unterläuft, mit mal weniger, mal mit größeren Auswirkungen. So wie im Nachbartal am Jochberg.

Da geht zu Silvester (!) jemand auf den Berg, macht ein Lagerfeuer und setzt damit Hektarweise Wald in Brand. Beim Versuch, die Flammen zu löschen, stürzt er ab und bricht sich dabei das Bein. Da er sowieso nicht weglaufen kann, bescheren ihm die Flammen bis zum Eintreffen der Rettungskräfte wenigstens ein wenig Wärme. Silvester-Stimmung jedenfalls flackert nicht auf. Ein Kaminfeuer im Freien – doof, wenn man`s nicht unter Kontrolle hat. Einen Monat mit Eselsmütze durch Tölz fände ich als Strafe angemessen.

Der Kopf muss mehr sein als ein Trichter zum Magen

Anders der Silvester-Fall im Tal, genauer gesagt in Gmund am Bahnübergang. Ich wollte mich schon an meine Lieblingsglocke schmiegen, da sehe ich noch, wie ein Rettungswagen mit Gegenständen beworfen wird. Resultat: Scheibe kaputt. Wer je als Notfall in einem Sanka lag, hoffend, schnell und warm ins Krankenhaus gebracht zu werden, wünscht den Herrschaften am Bahnübergang schorfigen und juckenden Grind im Schritt, mindestens aber Ermittlung durch die Polizei.

Nach dem Tritt in der Berliner U-Bahn und anderen Vorfällen ähnlich sinnloser Art, fragt man sich, ob seit jüngster Zeit bestimmte Tabus aus früheren Zeiten bei Männern (und ich sage mal vorurteilsfrei, dass es sich bei den Werferwichteln um Männer gehandelt haben muss) keine Rolle mehr spielen.

Man tritt nicht nach, bedroht keine Schwächeren und hat Respekt vor Helfern wie Rettungskräften. Es wird Zeit, dass wir uns mehr um die Tagestrottel kümmern, uns weniger nur auf Polizei und Justiz verlassen. Wir alle sollten uns häufiger einschalten, früher dazwischen gehen. Denn meist sehen wir doch rechtzeitig, wenn Tagestrottel mit Vollgas Ärger machen. Kurz: Ich wünsche mir mehr Zivilcourage im neuen Jahr. Sollen sie Blockwartmentalität vorwerfen.

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