Viel Holz, viel Glas, viel Design und ganz viel Seeblick: Das sich noch im Bau befindende „Haus auf Stelzen“ in Bad Wiessee erinnert an eine Bootshütte – und hat dabei nicht nur internationalen, sondern auch ungewöhnlichen Charme. Doch wie bekommt man so ein Haus überhaupt genehmigt?
Auf 52 Stelzen
In Venedig ist Hochwasser nichts Seltenes. Das sogenannte acqua alta kehrt sogar alle Jahre wieder und beschert der Welt Bilder vom gefluteten Markusplatz. Ein solcher Dauergast ist das Hochwasser am Tegernsee – zum Glück – freilich nicht. Vergessen sind die Fluten vom letzten Sommer allerdings auch nicht.
Während man die meisten Hausbesitzer mit Seegrundstück sonst nur beneiden kann, konnte man sie vor allem im Juni 2013 eher bemitleiden: Eine überflutete Villa will schließlich dann doch keiner haben. Ein Haus in unmittelbarer Ufernähe aber hat den Wassermassen getrotzt: Wenn auch nicht auf venezianischen Pfählen.
Das in Wiessee gerade noch im Bau befindliche Haus, das zwischen Yacht-Club und Strandbad Grieblinger entsteht, fällt auf: Auf einem 3.000 Quadratmeter großen Grundstück interpretiert die Münchner Bauherrin Caroline Düsedau die alte Bootshütte neu. Altbacken ist hier allerdings nichts – vielmehr außergewöhnlich und durchdesigned. Das überwiegend aus Holz gebaute Haus ist 30 Meter lang und 14 Meter breit, eine große Glasfront gewährleistet einen direkten Blick auf den See. Der besondere Clou dabei? Das Gebäude ist auf insgesamt 52 Stelzen gebaut, die 15 Meter tief in den Untergrund gerammt wurden.
„Es fügt sich ein“
„Wir haben hier wirklich vorausschauend gebaut“, sagte der Münchner Architekt Rolf Kaiser im vergangenen Juni nach dem Hochwasser voller Stolz. „Das Wasser hätte noch etwa einen Meter steigen können, ohne dass wir Probleme bekommen hätten.“
Das weitläufige Holzhaus auf Stelzen zu bauen sei keine Kostenfrage gewesen, allein die unmittelbare Lage am See habe den Ausschlag für ein „aufgeständertes“ Haus weit über der Hochwasserlinie gegeben. „Wir wussten um die Hochwassersituation in Bad Wiessee und haben uns bei der Planung damit auseinandergesetzt.“ Das Haus habe man einfach aus dem Gefahrenbereich herausgehoben, erklärte damals ein sichtlich erleichterter Architekt.
Doch wie boxt man als Bauherr solch ein extravagantes Projekt im Gemeinderat durch? Helmut Köckeis von der Wiesseer Bauverwaltung erklärt, dass sich der Gemeinderat schnell mit der Idee anfreunden konnte. Ein zunächst geplanter erster Entwurf, der zwei längliche Baukörper vorsah, wurde zwar abgelehnt. Der finale Entwurf überzeugte die Mitglieder jedoch: Angelehnt an den Stil einer Bootshütte füge sich das Haus gut in die Landschaft ein, so Köckeis. Zugleich macht er jedoch deutlich: „Woanders im Ort wäre das so nicht möglich gewesen.“
Schließlich hätten die umstehenden Gebäude zumindest ähnlichen Charakter. Das Argument mit der Bootshütte ist folglich kein schlechtes. Ungewöhnlichkeit ist schließlich Ansichtssache. Und trotzdem kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass es sich, wenn überhaupt, um eine Bootshütte der besonderen Art handelt. Ein Hauch von Dekadenz umweht das Gebäude. Wie Venedig eben auch.
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