Am 13. August fanden in Miesbach Abholzungen aufgrund des erst kürzlich festgestellten Befalls mit dem “Asian Longhorned Beetle” statt. Bei uns heißt der Käfer Laubholzbockkäfer, da er nur Laubhölzer anfällt. Die Übertragung auf noch gesunde Bäume soll nun schnellstmöglich verhindert werden, da befallene Bäume absterben. Der aus Asien eingeschleppte Schädling ist daher eine ernst zu nehmende Gefahr.
Nachdem er in Feldkirchen mehrere Ortsteile überfallen hat, hat er durch die Abholzungen den Charakter des Ortes verändert. Doch Bäume können wieder nachgepflanzt werden. Besonders am Parkplatz des Finanzamts Miesbach an der Carl-Fohr-Straße, wo die neuesten Fällungen stattfanden. Bei 30 Bäumen ist der Befall am 4. August festgestellt worden. 22 der Bäume sind bisher schon gefällt worden. Wir waren bei den Abholzungen am Miesbacher Finanzamt dabei und konnten dem Sprecher Frank Nüßer einige Fragen rund um den Laubholzbockkäfer (Abkürzung: ALB) stellen.
Tegernseer Stimme: Wann wurde der erste Fall im Landkreis gemeldet?
Frank Nüßer: Am Sonntag, den 4. August hat uns ein Miesbacher Bewohner eine Email geschrieben, dass er einen ALB gesichtet habe. Da war auch ein Bild dabei, welches sehr eindeutig war. Die Kollegen sind dann hingegangen und haben sich den Ort angeschaut. Dort haben die Kollegen dann die Käfer direkt eingefangen, damit sie sich nicht weiter ausbreiten. Und seit Montag wissen wir, dass in Miesbach ein weiteres Quarantänegebiet sein wird.
Tegernseer Stimme: Hat man feststellen können, wann ursprünglich der erste Befall in Miesbach war?
Nüßer: Da die Larven bis zu ihrer Entpuppung zwei Jahre leben können, kann es sein, dass der allererste Befall schon zwei Jahre zurückliegt. Das müssen wir aber im Labor nachprüfen. Dafür werden auch heute wieder extra Baumproben und Larvenproben mitgenommen und in unserem Labor in Freising analysiert.
Tegernseer Stimme: Wie entwickelt sich der Laubholzbockkäfer?
Nüßer: Die Entwicklung eines ALB erfolgt in den Schritten Ei, Larve, Puppe und fertiger Käfer. Letzterer hat dann nur eine Überlebenszeit von sechs bis acht Wochen, in der er sich vermehrt und seine Eier ablegt. In dieser Zeit kann man sie in sogenannten Pheromonfallen fangen, doch reichen diese Lockstofffallen nie aus, um die Population auszurotten. Damit kann höchstens der Befall festgestellt oder verhindert werden, aber alle fängt man damit nie ein.
Tegernseer Stimme: Und wie schadet das dann dem Baum?
Nüßer: Die reiskorngroßen Eier werden im Sommer vom Weibchen durch sichel- oder schlitzförmigen Einbohrlöcher in die Rinde des Baumes eingelegt. Dadurch kann die Rinde aufplatzen. Von dort bohren sich die geschlüpften Larven dann den Stamm entlang nach oben, werfen Spähne aus dem Eintrittsloch und zerstören so die Lebensadern des Baumes. Außerdem können durch die Löcher holzzersetzende Pilze in den Baum eindringen.
Tegernseer Stimme: Gibt es noch andere Befallszeichen als die Eierablage-Löcher?
Nüßer: Ja, den sogenannten Reifungsfraß. Diesen sieht man an frischen Zweigen, die der Käfer auch annagt. Es sieht aus, als hätte man mit dem Fingernagel die feine Rinde der neuen Äste abgekratzt. Natürlich auch die Austrittslöcher, durch die der fertige Käfer den Baum verlässt und die größer und auffälliger sind als die Eintrittslöcher. Und außerdem an den Spähnen, die sich oft in Astgabelungen befinden.
Tegernseer Stimme: Wie gehen sie bei den Erkundungen vor?
Nüßer: Beim Monitoring setzen wir erfahrenes Personal am Boden ein, das die Pflanzen auf den Befall hin untersucht. Zusätzlich sind Baumkletterer unterwegs, die weiter oben in der Baumkrone Befallsmerkmale feststellen. Auch Spürhunde können unten am Stamm für das Auffinden der Käfer eingesetzt werden. Dennoch kann nie mit 100-prozentiger Sicherheit ein Befall ausgeschlossen werden, wenn die Baumkletterer oder Spürhunde nichts finden.
Tegernseer Stimme: Gibt es keine anderen Methoden, um den Käfer auszurotten, als das Fällen aller Laubbäume im Umkreis von 100 Metern?
Nüßer: Da der Käfer ein sehr träger Flieger ist, ist dies ein Vorteil bei der Bekämpfung. Man hat festgestellt, dass der Käfer sich meist im Radius von 100 Metern bewegt und dort seine Eier ablegt. Der überwiegende Teil bleibt aber an dem Baum oder den benachbarten Bäumen, aus dem die Käfer geschlüpft sind. Erfahrungen aus anderen Ländern haben gezeigt, dass bei ausschließlicher Fällung eines befallenen Baumes regelmäßig befallenen Bäume in der Nachbarschaft übersehen werden. Um dies zu verhindern, fällt man auch Bäume, die wegen ihrer Nähe zu eindeutig befallenen Bäumen den Verdacht erregen, selbst befallen zu sein.
Tegernseer Stimme: Und der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln funktioniert nicht?
Nüßer: Man hat es auch in anderen Ländern mit Pestiziden versucht, die in die Bäume injiziert wurden, aber das hat nicht sehr gut funktioniert. Und man weiß auch nicht, ob das nicht ins Grundwasser gelangt. Und das Grundwasser ist ja eines der höchsten Güter, das wir Menschen haben und das wir schützen müssen. Deswegen werden wir das hier auch nicht machen. Es gibt auch gar keine zugelassenen Mittel für den ALB.
Tegernseer Stimme: Hat man Ihnen auch schon Fälle im Tegernseer Tal berichtet?
Nüßer: Nein, bisher noch nicht.
Tegernseer Stimme: Was können Gartenbesitzer tun?
Nüßer: Wenn ein Verdacht besteht, am besten ein Foto machen, noch besser den Käfer in einem Glas einfangen. Es gibt auch den Pappelbock, der ähnliche Merkmale hat, nicht jeder ist also ein ALB-Käfer. Wir können dann anhand aussagekräftiger Fotos sagen, ob es einer ist oder ob wir Entwarnung geben können.
Tegernseer Stimme: Wann weiß man mehr?
Nüßer: Wenn die Monitoringmaßnahmen abgeschlossen sind, können wir zusammen mit dem AELF Holzkirchen, welches für den Waldbereich zuständig ist, einen vollständigen Plan und eine Karte ausarbeiten und anschließend öffentlich machen. Das ist dann die sogenannte Allgemeinverfügung, in denen die Quarantänezonen ausgewiesen werden. Dort müssen die Bäume in regelmäßigen Abständen auf den Käfer hin untersucht werden.
So sahen die Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen aus:
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