Das will sich Initiator Sebastian Saurle nicht gefallen lassen: Er verteidigt das Projekt und beklagt fehlende Kommunikation seitens der Gemeinde.
Die Überraschung kam am Ende der letzten öffentlichen Sitzung des Gmunder Gemeiderats: Ein erboster Hans Huber (CSU) – selbst Landwirt – meldete sich zu Wort und erzählte, wie es im Obstgarten am Landbaderfeld aussieht: “Das reinste Chaos”, so Hubers Fazit. Das Areal sei zu einem Hundeübungs- und Kinderspielplatz verkommen, überall finde man Hundekot und Müll. Dass es mit Huber überhaupt einen Gemeinderat in den Obstgarten verschlagen hatte, lag daran, dass er im Auftrag der Gemeinde dort die Mäharbeiten übernehmen sollte – gegen Bezahlung. Doch Huber weigerte sich.
Bürgermeister Georg von Preysing und die meisten anderen Räte mussten eingestehen: Man sei lange nicht mehr dort gewesen und könne folglich wenig dazu sagen. Nur SPD-Rätin Barbara von Miller hielt dagegen: Es sei Aufgabe von Gemeinde und Bürgern sich an dem Projekt zu beteiligen. Doch daran gab es Zweifel, sodass Herbert Kozemko (CSU) bilanzierte: “Wenn’s keiner will, dann brauchen wir das auch nicht.”
Miteinander statt Missgunst
Die Lokalpresse griff die Debatte aus dem Gemeinderat nur wenig später auf und berichtete über die scheinbaren “Missstände” beim Obstgarten, ohne mit den Angegriffenen selbst gesprochen zu haben. Sebastian Saurle, Initiator des Obstgartens, sei an dem Tag einfach nicht erreichbar gewesen, so die zuständige Redakteurin. Für Saurle aber nicht das einzige Problem: In der Berichterstattung sei einiges falsch gewesen, meldet er sich nun zu Wort. Überhaupt fühlt er sich von der Debatte im Gmunder Gemeinderat übergangen.
Es wäre schön gewesen, wenn sich die, die sich an irgendetwas stören, direkt an uns Verantwortliche gewendet hätten. Der Obstgarten ist ein Teil der Gemeinschaft. Wir wollen demokratisch arbeiten. Hier soll keine Missgunst entstehen, sondern ein Miteinander.
Zu den Vorwürfen von Hans Huber gibt Saurle zu bedenken, dass es sich beim Obstgarten um eine 1.500 Quadratmeter große, ökologische Ausgleichsfläche handelt. “So eine Fläche darf nur zwei bis maximal drei Mal im Jahr gemäht werden – eine Zwei-Schnitt-Mahd ist absolut üblich. Von daher darf es auch mal wilder ausschauen. Viele sehen es als ‘Garten’ an und dadurch sind die ästhetischen Ansprüche natürlich andere, als wenn man von einer Streuobstwiese redet.” Das, was Huber ferner als Müll bezeichnet habe, seien in Wirklichkeit Insektenhotels, Totholzhaufen oder Kunstobjekte.
Und auch die Vorwürfe, dass der Obstgarten zu einem Hundeübungs- und Kinderspielplatz verkomme, will der studierte Gartenbauer so nicht stehen lassen: “Es handelt sich um eine öffentliche Fläche. Wir haben Regelschilder und eine Dog-Station aufgestellt. Mehr können wir da einfach nicht machen. Ein Hundekot-Problem kann ich aber auf keinen Fall erkennen.”
Fehlende Kommunikation seitens der Gemeinde
Besonders enttäuscht ist Saurle von der Gemeinde. Denn sowohl Bürgermeister Georg von Preysing als auch Geschäftsleiter Alfons Besel hätten ein entscheidendes Detail unerwähnt gelassen: Von der Verwaltung selber sei im vergangenen Winter das Angebot gekommen, bei der Pflege und vor allem bei der Mahd zu helfen. “Dieses Angebot habe ich gerne angenommen, weil es eine Menge Arbeit ist und es sich einfach um einen Gemeinschaftsgarten handelt”, sagt Saurle.
Gesagt, getan: Geschäftsleiter Besel habe dann den Bauhof damit beauftragt. Doch der war mit den Mäharbeiten technisch überfordert. Also ging der Auftrag an die Landwirte weiter – genauer gesagt: an Hans Huber, womit man wieder beim Ausgangspunkt angelangt ist. Das Kernproblem ist für Saurle die fehlende Kommunikation: Warum hat man sich nicht über die Missstände ausgetauscht und ist auf ihn zugekommen?
Wir stehen jetzt ein bisschen blöd da und fühlen uns übergangen. Und auch durch die verzerrte Berichterstattung verliert ein soziales Projekt wie der Obstgarten einfach an Sinnigkeit.
Und dennoch geht es Saurle jetzt nicht darum, die Debatte weiterzuführen. In erster Linie möchte er “neu justieren”, wie er sagt: “Wir hatten innerhalb der Gemeinschaft eine Sitzung und haben uns Gedanken gemacht, welche Ideen wir eigentlich haben und was sich umsetzen lässt. Da interessiert uns in erster Linie, was sich die Bürger vom Obstgarten erwarten.”
Genauso suche man den Kontakt mit der Gemeinde und dem Landratsamt. Geplant ist, sich demnächst mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und über Probleme und Chancen zu sprechen. Dabei gibt Saurle offen zu, dass sich der Obstgarten bis jetzt nicht so entwickelt hat, wie er es sich gewünscht hatte:
Ich bin mit hohem Idealismus da rangegangen. Vor allem, wenn es darum geht, wie sich die Leute an dem Projekt beteiligen und die Chance bekommen, mal selber anzupacken. Da bin ich etwas enttäuscht, dass das aktive Interesse kaum vorhanden ist. Die Leute finden es toll, was wir hier machen. Aber sie sehen nicht, dass wir das nicht für uns machen, sondern für die Gemeinschaft. Wir wollen hier wieder ein Dorfleben etablieren.
Dabei sei der Obstgarten immer offen für alle. Das gelte auch für konstruktive Kritik. Und dennoch: “Nach 1,5 Jahren möchte man schon wissen: Lohnt es sich noch, hier Energie reinzustecken oder brauchen wir das wirklich nicht, wie Herr Kozemko berechtigterweise gesagt hat.” Auch in diesem Zusammenhang kann Saurle nicht ganz verstehen, warum sich die Gemeinde nicht mehr engagiert.
Immerhin sei der Obstgarten eine echte Chance, ein Alleinstellungsmerkmal zu etablieren. Von VHS-Kursen bis zu einem Dorffest sei doch so viel möglich, meint Saurle. Und die Gemeinde spart sich Arbeit und Geld. “Wir brauchen nicht das Monetäre, aber es wäre schön, wenn dafür ein anderer Gegenwert käme. Doch es scheint, als wäre der Obstgarten für die Gemeinde ein Fremdkörper.”
Der nächste Schritt ist auf jeden Fall die Gesprächsrunde mit allen Beteiligten. Bis jetzt wartet Saurle aber noch auf einen Termin. Auf TS-Nachfrage wollte sich Bürgermeister Georg von Preysing erstmal nicht zum Thema äußern. Grund: Er sei noch nicht vor Ort gewesen, um es sich anzuschauen und könne deshalb nichts dazu sagen. Für Saurle ist trotzdem klar: “Das Projekt ist nicht gestorben. Wir wollen weitermachen, wie bisher. Wir müssen nur viel mehr miteinander reden.”
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