Zweifelhafter “Freibrief” für Bauherren

Wie weit sollten staatliche Eingriffe reichen? Häufig gibt es dazu unterschiedliche Meinungen. Aktuell fühlen sich Bürger aus Gmund und Waakirchen von den Behörden alleingelassen, weil sie an Grenzen stoßen, die sie ohnmächtig machen.

Dabei geht es um die Beseitigung von Niederschlagswasser, ausgewaschene Rinnen im Wald, Muren und mehrere entwurzelte Bäume am Steinberg. Die Aufnahmen rund um die Baustelle des Lanserhofs zeigen, wie sich das Wasser seinen Weg ins Tal bahnt.

18 blaue Rohre sollen das Wasser von der Baustelle des Lanserhofs kanalisieren und dann über den Wald ins Tal führen.

„18 Rohre haben die in die Erde gebuddelt“, so ein Anwohner. Offenbar hatten die Rohre, die von der Baustelle des Lanserhofs ausgehend in den Boden eingelassen wurden, um das Regenwasser von der von Baufahrzeugen glatten Oberfläche zu kanalisieren, nicht ausgereicht. Der Boden auf dem Steinberg schien nach den letzten stärkeren Regenfällen versiegelt und konnte nichts mehr aufnehmen.

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Also entstanden vor rund zwei Wochen bei Regen dort zahlreiche Bäche, die sich über mehrere Schneisen den Weg ins Tal – und anschließend in den Moosbach – bahnten. Erdreich beziehungsweise Lehm wurde mit angespült. Weitere Bilder zeigen die Auswaschungen, die die Wassermassen hinterlassen haben. Ein paar entwurzelte Bäume haben dem Wasserdruck in der Rinne nicht standgehalten. Auch ein Murenabgang ist dokumentiert.

Die Bürger sind besorgt. Sie fürchten um Folgen für Umwelt und Menschen. Größere Muren könnten abgehen. Noch mehr Bäume entwurzelt werden. Der Moosbach – mit seiner bekannten Hochwasserproblematik – stärker anschwellen.

Noch befindet sich das Gesundheitshotel Lanserhof oberhalb von Marienstein in der Bauphase. „Umso schlimmer“, so die besorgten Einheimischen. „Was soll später sein, wenn der Boden noch stärker versiegelt ist und damit noch weniger Wasser aufnehmen kann?“ Sie sind verärgert und wünschen sich mehr Klarheit um die Ableitung des Regenwassers.

Alles entspricht den Regeln der Technik

Mit dieser Aussage versucht Andreas Holderer, zuständiger Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim, zu beruhigen. Der Betreiber, die GAT Golf am Tegernsee GmbH & Co. Grundstücksverwaltungs KG, hätte beim Landratsamt Miesbach einen Antrag zur wasserrechtlichen Genehmigung der Niederschlagswasserbeseitigung gestellt.

Dieser Teich soll ausreichen, um das Regenwasser zu sammeln.

Zur Sorge, wie das Regenwasser abgeleitet werden soll, hat Holderer folgende Erklärung: “Das gesammelte Niederschlagswasser der Dach- und Verkehrsflächen wird in einem Regenwasserteich gesammelt und anschließend gedrosselt in das Grabensystem zum Moosbach abgeleitet.” Dabei gehe man von einem Abfluss von sechs Litern pro Sekunde aus, so Holderer weiter. Bei außergewöhnlichen Niederschlagsereignissen ist ein Abfluss von bis zu 46 Liter pro Sekunde zulässig.

“Wir haben alle Unterlagen geprüft”

Laut eigener Aussage hat die Behörde alles im Griff. Auch die Sorge, der Moosbach könnte noch weiter anschwellen, sei unbegründet, so Holderer. Die beantragte Niederschlagswasserableitung entspreche den Regeln der Technik. Nach den einschlägigen Normen dürften dem Moosbach bis zu 190 Liter pro Sekunde zugeleitet werden.

Demnach ist das Ganze in der geplanten Form genehmigungsfähig. Das Wasserwirtschaftsamt geht davon aus, dass die Niederschlagsableitung mittlerweile wasserrechtlich vom Landratsamt Miesbach genehmigt wurde.

Es sind keine Auswirkungen auf den Hochwasserschutz zu erwarten.

Ein weiteres Rechenexempel hat Holderer parat. Es soll verdeutlichen, dass jede Sorge unbegründet ist. Das Einzugsgebiet für das Hochwasserrückhaltebecken in Moosrain betrage rund 720 km≤, und “nur” rund 1 Hektar ist von der geplanten Bebauung am Lanserhof betroffen. Durch die vorgesehenen Maßnahmen seien keine negativen Auswirkungen auf den Hochwasserschutz der Gemeinde Gmund zu erwarten.

Das Wasser sucht sich seinen Weg ins Tal und landet schließlich im Moosbach.

Mit dem Thema “Wasser vom Lanserhof” hatte auch Gmunds Bürgermeister Georg von Preysing eigentlich nichts zu tun haben wollen. Darum hätten sich die Waakirchner kümmern sollen. In einem Artikel aus dem Jahr 2011 heißt es dazu:

Zwei Punkte sind es, die die Anwohner wie auch die Gemeinde stören. Auf der einen ist es der geplante Teich, in dem das Klärwasser wie auch das Oberflächenwasser des geplanten Gesundheitszentrums strömen. Abfließen soll dieser in Richtung Festenbach. Und damit direkt in das im letzten Jahr eröffnete Rückhaltebecken in Moosrain. “Damit verschärft sich für uns die Situation am Becken. Vor allem bei Starkregenfällen reicht der dann eventuell nicht mehr aus”, so die damalige Aussage des Bürgermeisters.

“Für die Bauphase gibt es keine wasserrechtliche Regelung”

Grundsätzlich gibt es zwar für alles eine behördliche Regelung. Doch vieles, was vor der Betriebsphase passiert, scheint die Behörden nur wenig zu interessieren. So gibt es laut Holderer für die Bauphase des 50-Millionen-Euro-Projektes keine wasserrechtlichen Regelungen. Hier hat der Bauherr für „einen ordnungsgemäßen Betrieb der Baustelle zu sorgen“. Und das schließe dann auch die Entwässerung ein.

Zwar räumte Holderer ein, dass manche der Bilder schlimm aussehen, er würde aber auch vermuten, dass die Rinnen im Wald bereits vor dem Baubetrieb vorhanden gewesen seien. Auch die Bäume könnten bereits vorher entwurzelt worden sein.

Einen Tipp hat das Wasserwirtschaftsamt für die Anwohner: Treten Schäden an anliegenden Grundstücken auf, so solle man „diese nach unserer Einschätzung auf privatrechtlicher Ebene klären”. Das bedeutet, die Anfrage an die Behörden bringe in diesem Fall nur wenig. Am besten man wendet sich als Betroffener direkt an den Bauherrn.

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