Der Tag beginnt mit viel Gelächter und guter Laune und endet lehrreich. Wir haben drei Flüchtlinge aus der Holzkirchner Traglufthalle einen Tag lang begleitet. Denn viele fragen sich: Was machen die Asylbewerber eigentlich den ganzen Tag?
Zuerst einmal heißt es, abwarten und Tee trinken: Der 21-jährige Arslan hat unseren Termin verpennt und macht sich im Bad noch hübsch für die Kamera. Sein Kollege Hussain, genannt Viki, entschuldigt sich für die Verspätung und bietet uns derweil eine Tasse heißen Tee an. Als Arslan soweit ist, kann es losgehen. Wir begleiten ihn und seine Kumpanen Hussain (21) und Ahmad (34) auf ihrem Schulweg zum Deutsch-Kurs.
Jeden Morgen um acht Uhr macht sich die kleine Gruppe auf den 30-minütigen Weg ins Holzkirchner Ortszentrum. Dabei gehen die Männer an der Bundesstraße entlang, was durch den vielen Verkehr nicht ungefährlich ist. Doch ein Bus fährt hier nicht. Im Deutschkurs angekommen wird dort bis 12:15 Uhr Nominativ, Dativ und Akkusativ gepaukt.
Heute stehen spannende Themen auf dem Schulplan: Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Die Klasse wird in zwei Gruppen aufgeteilt. In Teamarbeit wird ein Fließtext erarbeitet, der beschreibt, was Freiheit für die jungen Männer bedeutet. Hussain liest vor:
Hier in Deutschland haben wir viele Freiheiten. Wir sind glücklich, können in den Supermarkt gehen, spielen Fußball und Cricket und wir kochen zusammen. Wir fühlen, dass wir hier Persönlichkeitsrechte haben, zum Beispiel können wir Radio hören.
Lehrerin Anna Krupesanin ist selbst erst vor zwei Jahren von Kroatien nach Deutschland gereist und beherrscht die deutsche Sprache bereits perfekt. Sie bringt den Asylbewerbern seit zwei Monaten deutsch bei. Dabei lobt Krupesanin das Engagement und die Motivation ihrer Schüler. Jeder sei mit dem Herzen dabei und wolle die Sprache lernen. Da sie selbst keine Deutsche ist, kann sie ihre Schüler gut verstehen. Das schaffe Vertrauen. “Wir kämpfen zusammen”, so die junge Lehrerin.
“Am liebsten Restaurantfachmann oder Elektriker”
Nach dem Sprachkurs geht es für Arslan, Hussain und Ahmad bis 16 Uhr in der regulären Schule weiter. Die Pakistani haben früh erkannt, dass die deutsche Sprache der erste Schritt in das Berufsleben ist, außerdem mache ihnen die Schule Spaß. Arslan erklärt:
Deutsch lernen ist gut – wenn man deutsch spricht, kann man viel mehr machen und auch arbeiten. Die Schule macht Spaß, man trifft andere Schüler und in den Pausen scherzen wir. Nach dem Sprachkurs möchte ich ein zweimonatiges Praktikum machen und anschließend eine Ausbildung. Am liebsten als Restaurantfachmann oder Elektriker.
Auch Hussain und Ahmad wollen später arbeiten. Doch noch warten sich auf ihre Genehmigung. Die zwei kennen sich schon einige Jahre und waren in Pakistan in der IT-Branche tätig. Aufgrund religiöser Verfolgung sind sie vor knapp sieben Monaten nach Deutschland geflohen. Auch Arslan ist aus Pakistan geflüchtet. Er erzählt von den menschenunwürdigen Bedingungen und den großen Strapazen während der Flucht:
Ich bin zu Fuß gelaufen, von Pakistan über die Türkei nach Griechenland und schließlich nach Deutschland. Dafür habe ich drei Monate gebraucht. Wir waren fünf Tage auf dem Meer. Zu siebt in einem kleinen Paddelboot von drei Metern Größe. Ich habe zwei Tage nichts gegessen. Es war schwierig.
Seine Familie habe er nach Anschlägen in Pakistan aus den Augen verloren. In seinen Mitbewohnern, denen ein ähnliches Schicksal widerfahren ist, hat er mittlerweile eine neue Familie gefunden. Er genießt es zusammen mit ihnen zu kochen, sich zu unterhalten und in der Gruppe zu essen.
Kochen kann Arslan erst, seit dem er in Deutschland ist. In seiner Heimat habe er das nie gemacht, erzählt er lachend. In Holzkirchen hat er sich die Kochkünste seines Mitbewohners abgeschaut. “Ich habe ihm regelmäßig zugesehen. Dann habe ich angefangen ihm zu helfen und zum Beispiel Gemüse geschnippelt oder einen Salat gemacht. Immer einen Schritt weiter”, freut sich der 21-Jährige.
Am liebsten esse er Reis mit Gemüse. Wenn er, Hussain und Ahmad gegen 16:30 Uhr von der Schule kommen, sei Feierabend, so Arslan. Dann finden sich alle in der Küche ein, bereiten gemeinsam das Abendessen zu und backen selbst ihr Brot. Nach dem Essen wird entweder Fußball oder Cricket gespielt. Doch das ist wieder eine andere Geschichte…
SOCIAL MEDIA SEITEN