Telefonbuch als mögliche Tatwaffe

Ein seltsamer Fall von häuslicher Gewalt wurde letzten Freitag vor dem Miesbacher Amtsgericht verhandelt. Ein Rottacher hatte seine Noch-Ehefrau wegen Körperverletzung angezeigt.

Bei der Beweisaufnahme verstrickte er sich jedoch mit seiner Schilderung der Ereignisse in Widersprüche.

Ein Rottacher Familiendrama beschäftigte das Miesbacher Amtsgericht gleich mehrfach.
Der Streit eines getrennt lebenden Rottacher Ehepaars beschäftigte nun das Miesbacher Amtsgericht.

Es war ein undurchsichtiger Fall, der am vergangenen Freitag vor dem Miesbacher Amtsgericht verhandelt wurde. Der Vorfall ereignete sich vor knapp einem Jahr, am 24. November 2013, abends im noch immer gemeinschaftlich bewohnten Haus des damals bereits seit vier Monaten getrennten Paars. Um den beiden gemeinsamen Kindern trotz der Trennung die gewohnte Umgebung zu erhalten, war die Mutter ins Gästezimmer gezogen. Die Eltern gingen einander nach Möglichkeit aus dem Weg.

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Frau flüchtet zur Polizei

Als an diesem 24. November der Vater die Kinder übernahm, da die Mutter etwas erledigen wollte, stellte sie fest, dass ihr Mann sie eingeparkt hatte, so die Darstellung der Beklagten. Nachdem sie ihn erfolglos gebeten hatte, seinen Wagen wegzufahren – er sagte, die Zündung sei plötzlich kaputtgegangen – ging sie zurück ins Haus und zog sich mit einem Telefonbuch ins Esszimmer zurück. Sie suchte die Nummer der Wiesseer Polizeidienststelle.

Obwohl sie sich von innen gegen die Tür lehnte, verschaffte sich ihr Mann Zugang zu dem Zimmer und wollte wissen, was sie vorhabe. Daraufhin kam es zu einem hitzigen Wortgefecht und die Frau schob schließlich mit dem Telefonbuch ihren Mann beiseite und verließ den Raum. Da er mittlerweile seinen Wagen umgeparkt hatte, konnte sie schließlich wegfahren und suchte auf direktem Weg Hilfe bei der Polizei. Dort traf sie später auf ihren Mann, der Anzeige wegen Körperverletzung gegen sie erstattete.

Ehemann verwickelt sich in Widersprüche

Nach den Angaben des 42-Jährigen hatte ihn seine Frau direkt nach Betreten des Esszimmers ohne Vorankündigung ins Gesicht geschlagen. Ob die Tat mit der Faust oder dem Telefonbuch erfolgte, konnte er allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Er sei jedenfalls getaumelt, habe sich um 180 Grad gedreht und sei mit dem Gesicht seitlich gegen den Türrahmen geprallt. Die Verletzung hatte er fotografiert und von einem Arzt dokumentieren lassen.

Dass er nicht sagen konnte, womit er geschlagen wurde, ließ nicht nur bei der Staatsanwältin Zweifel aufkommen. Ohnehin sahen Staatsanwältin und Richter – angesichts der angespannten Situation wegen der bevorstehenden Scheidung – den Fall eigentlich als Zivilrechtssache, die nicht vor ein Strafgericht gehöre. Da das Ehepaar aber eine Schlichtung ablehnte – offenbar nach mehreren bereits gescheiterten Versuchen – musste das Gericht dennoch zu einem Urteilsspruch kommen.

Schlag durch die Ehefrau oder Selbstverletzung?

Aufgrund der vorliegenden Fotobeweise von der Verletzung des Nebenklägers war die Staatsanwältin überzeugt, dass eine Straftat stattgefunden habe. Bei deren Ausmaß hatte sie allerdings Zweifel, wie auch bei den Zusammenhängen. Daher könne der Angeklagten die Tat nur teilweise angelastet werden. Sie stellte aber fest, dass Verletzungen im Gesichtsbereich stets höhere Strafen nach sich ziehen als an anderen Körperteilen.

Der Verteidiger Thomas Böhmer stieß sich an den „diametral differierenden Aussagen“ des Ehemanns und sah im Hinblick auf das laufende Scheidungsverfahren eine klare Belastungstendenz, um seiner Mandantin zu schaden. Er schloss nicht aus, dass sich der Mann die Verletzung selbst zugefügt haben könnte. Aufgrund der erheblichen Zweifel am Tathergang wie auch an der Tat selbst forderte er Freispruch für die Angeklagte.

Die Beweislage ist dünn und wir waren alle nicht dabei.

Am Ende befand der Richter Walter Leitner die Rottacherin schuldig der fahrlässigen Körperverletzung, beließ es aber bei einer Verwarnung. Sie muss 400 Euro an ein Kinderhilfsprojekt der Caritas zahlen. Dabei hielt er ihr zugute, dass sie bisher nicht aktenkundig war und sich aufgrund der schwierigen Trennung zum Zeitpunkt der Tat in einer Bedrängnissituation befunden habe. Er könne keine Absicht feststellen und fand daher, für diesen einmaligen Ausrutscher reiche eine Verwarnung aus.

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