Eine Saison zum Vergessen

Das Café Seehaus in Tegernsee ist nach den großen Flutschäden seit gestern wieder geöffnet. Die Plätze auf der Seeterrasse waren voll besetzt, und das, obwohl Betreiberin Carolin Krauß kaum Werbung für die Wiedereröffnung gemacht hat.

Nach zehn Wochen Zwangspause – mitten in der Hochsaison – geht es endlich wieder los. Man kann sagen: Krauß hatte Glück im Unglück.

Beim Jahrhunderthochwasser im Juni stand das Wasser im Seehaus hüfthoch.
Beim Jahrhunderthochwasser im Juni stand das Wasser im Seehaus hüfthoch.

Als Carolin Krauß am Morgen des 02. Juni beim Seehaus ankam, war von dem Hochwasser noch nicht viel zu sehen, doch innerhalb von Minuten stiegen die Fluten an und drangen in ihr Café ein. Bis zur Hüfte habe sie im Wasser gestanden. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, meint Krauß.

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„Das war ein Rohbau“

Dann musste alles sehr schnell gehen: Möbel wurden vom Erdgeschoss ins erste Obergeschoss getragen, die Tiefkühltruhen konnte sie im Rathaus unterbringen. Das Essen verschenkte sie, zum Wegschmeißen sei es zu schade gewesen.

Schnell begannen die verbliebenen und in den Fluten des Tegernsees stehenden Möbel zu faulen – die Heizungen zu rosten. Das hatte Krauß nicht erwartet. Auch nicht das Ausmaß der Schäden, das sich erst nach dem Abfließen des Wassers abzeichnete:

Ich stand quasi vor einem Rohbau: Die Wände waren weggespült. Die Bodenfliesen hatten Risse, und alle Holzmöbel auf der Terrasse waren weggeschwemmt.

Und das, nachdem das Geschäft bis zum Hochwasser ohnehin schon schlecht genug gelaufen war: Ein langer Winter, wenig Sonne, wenig Umsatz und auch wenig Trinkgeld für ihre Mitarbeiter. Kurz vor dem Hochwasser hatte sie noch Hoffnung, dass es im Sommer bergauf gehen würde. „Mittlerweile habe ich die Saison aber schon abgehakt“, meint Krauß.

Der Seesteg mit dem Seehaus im Hintergrund am  3. Juni 2013.
Der Seesteg mit dem Seehaus im Hintergrund am 3. Juni 2013.

Trotzdem hatte sie Glück im Unglück: Die Holzmöbel von der Terrasse hat sie bis auf zwei Stücke alle zurückbekommen. Für die Reparatur der Schäden am Boden und an den Wänden in Höhe von 30.000 Euro kam die Stadt als Eigentümerin des Hauses auf. Und trotz der Auslastung der ansässigen Handwerker konnten die Reparaturen nach dem Hochwasser schnell vonstattengehen.

Für den Einkommensausfall ihrer Mitarbeiter kam Krauß’ Versicherung auf. Sonst hätten diese sich arbeitslos melden müssen und vielleicht woanders einen Job gefunden. Dass sie dann wieder im Seehaus angefangen hätten, bezweifelt sie. „Es war in dieser Saison ohnehin nicht einfach, gute Mitarbeiter zu finden.“

„Das war schon ein gewohnter Anblick“

Eine dieser Mitarbeiterinnen ist Margit Sollacher. Sie arbeitet bereits seit acht Jahren im Seehaus und war von Anfang an dabei. Die zweieinhalb Monate „frei“ hatte sie am See verbracht. Ganz recht war ihr das allerdings nicht:

Aber was soll man machen? Das Trinkgeld hat natürlich gefehlt. Davon leben wir ja. Aber wenn man zum Baden geht, braucht man ja nicht viel Geld.

Umso zufriedener sind alle, dass das Seehaus jetzt wieder geöffnet hat. Zur Feier des Tages sind heute früh bereits Stammgäste da. Eckhard Hegemann und Erwin Wittmann sind zum Frühstücken gekommen – gleich um 10 Uhr. In den vergangenen Wochen hatten sich die beiden und viele Spaziergänger schon an ein ganz anderes Bild gewöhnt, das das Café bot: aufgestellte Stühle auf der Terrasse und laufende Trocknungsgeräte im Innenraum. Nur zum Seefest hatte man eine Bar vor dem Seehaus aufgebaut.

Hoffen auf ein gutes Geschäft

Carolin Krauß und ihre Mannschaft hoffen jetzt auf noch einige warme Tage und ein gutes Geschäft. Gestern jedenfalls seien alle Tische voll besetzt gewesen, erzählt Krauß. Wie viel sie das Hochwasser letztendlich kosten wird, könne man erst in einem Jahr genauer beziffern. Neben Umsatzeinbußen und den Reparaturkosten könnten auch einige Geräte noch kaputt gehen – Folgeschäden, die derzeit noch nicht vorauszusehen sind.

Carolin Krauß und ihre Mitarbeiter sind froh, dass das Seehaus endlich wieder geöffnet hat.
Carolin Krauß und ihre Mitarbeiter sind froh, dass ihr Café endlich wieder geöffnet hat.

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