Einer schlägt zu – alle müssen büßen!

Wie heute Morgen berichtet, wurden gestern zwei Frauen von einem Asylbewerber mitten in Holzkirchen zu Boden geschlagen. Ein Fall der vor allem der Polizei Sorge bereitet und andere Flüchtlinge in Misskredit bringt. Jetzt spricht die 20-Jährige Geschädigte selbst. 

In der Holzkirchner Marinepassage soll es gestern zu dem Übergriff gekommen sein. /Bild: ll
In der Holzkirchner Marienpassage soll es gestern zu dem Übergriff gekommen sein. /Bild: ll

Zwei Schläge auf den Kopf einer 20-Jährigen, ein weiterer Schlag ins Gesicht einer 54-jährigen Holzkirchnerin. Wie berichtet kam es gestern in der Marienpassage zu einer Gewalttat, bei der ein 40-jähriger Pakistani um sich schlug. Die 20-Jährige berichtet auf Nachfrage, wie sich der Fall ereignete:

Ich kam gerade aus der Fahrschule und stand auf der Höhe des Brunnen vor dem Rathaus, als der Mann auf mich zugerannt kam. Ich dachte, er geht an mir vorbei und habe ihm deshalb keine Beachtung geschenkt. Dann schlug er auf mich ein. Mir half leider niemand. Auch als ich um Hilfe schrie.

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Was unmittelbar nach den Schlägen passierte, wisse sie nicht mehr so recht, denn sie habe eine Erinnerungslücke davon getragen. Wenig später eilte ihr die 54-Jährige Holzkirchnerin zu Hilfe, welche sich zu dem Zeitpunkt  zwischen Rathaus und Gemeindebücherei aufhielt, so die 20-Jährige. Auch als der Mann die zweite Frau angriff, half immer noch keiner. Die junge Holzkirchnerin erzählt:

Ich habe ihn angeschrien was das denn soll. Daraufhin rannte er wieder auf mich zu und ich bin aus Reflex weg gerannte. Als ich mich versichert hatte, dass er nicht mehr hinter mir war, bin ich zurück um nach der Frau zu sehen.

Diese und weitere Passanten stritten sich mit dem Asylbewerber. Die 20-Jährige verständigte sofort die Polizei und gab eine Täterbeschreibung ab. Dank dieser Beschreibung konnten Zivilkräfte den Mann noch vor der Brücke Richtung HEP festnehmen. Wie sich herausstellte lag gegen den 40-Jährigen ein offener Haftbefehl wegen Betrugs vor.

Der Pakistani nahm in der Vergangenheit mehrere Identitäten an und ließ sich unter verschiedenen Namen in Deutschland registrieren. So erschlich er sich Sozialleistungen. Aufgeflogen ist das ganze im Raum Baden-Württemberg. Offenbar trat der 40-Jährige seine Strafe nie an und tauchte in Bayern mit einer neuen Identität unter. Nach der Festnahme gestern Mittag brachten ihn die Holzkirchner Beamten in die Justizvollzugsanstalt nach Stadlheim. Dort muss er 20 Tage bleiben.

Zwangsverlegung wegen Alkoholproblemen

Grund für den Ausraster war wohl, dass der Asylbewerber von einer Wohnung in Fischbachau in die Traglufthalle am Moarhölzl zwangsverlegt wurde. Das Landratsamt entschied sich für diese Maßnahme, da der 40-Jährige immer wieder mit Alkohol auffiel und es in der Traglufthalle einen ständig präsenten Sicherheitsdienst gibt. So musste der Asylbewerber am 10. November nach Holzkirchen umziehen.

Bettina Asanger, stellvertretende Dienststellenleitung der Polizeiinspektion Holzkirchen erklärt auf Nachfrage:

Der Fall macht uns extreme Sorgen. Es muss psychisch ja immer was dahinterstecken, wenn ein Mensch so ausrastet. Wir haben das Landratsamt, die Staatsanwaltschaft und unser Präsidium in die Ermittlungen miteingebunden. Für die Unterbringung in einer psychisch betreuten Einrichtung haben wir keine Handhabe, da der Beschuldigte weder fremdgefährlich, noch selbstgefährlich ist. Diese Schwelle ist noch nicht überschritten und gilt nur bei einer erheblichen Gefährdung. 

Nun müsse erst einmal geprüft werden, ob die Aussagen des Mannes stimmen und von wo er nach Deutschland eingereist ist. Sicher ist jedoch, dass der 40-Jährige erst seit Kurzem in der Marktgemeinde lebt.

Robert Haunschild, Geschäftsleiter der Gemeinde würde diesen traurigen Fall jedoch nicht unterschiedlich zu anderen Kriminellen bewerten. Das so etwas ein Unding sei, sei völlig klar. Was das Ganze jedoch auch tragisch mache sei, dass der Fall alle anderen Asylbewerber in Misskredit bringen würde, so Haunschild. Das sieht auch die 20-Jährige Geschädigte so. Ihre Einstellung gegenüber Flüchtlingen ändert sich durch diesen Vorfall nicht:

Es gibt in jedem Land solche Leute. Von einem derartigen Vorfall sollte man sich nicht zu stark beeinflussen lassen. Es kommt nicht darauf an, aus welchem Land man kommt, sondern was für eine Person man von innen heraus ist. Außerdem gibt es genug Idioten deutscher Herkunft, die genau so unüberlegt handeln. Es ist egal welche Hautfarbe man hat. 

Holzkirchens Integrationsbeauftragte Maria Korell wurde erst vor Kurzem über den Fall informiert. Der Beschuldigte lebe erst seit ein paar Tagen in Holzkirchen. Deswegen könne man über sein bisheriges Verhalten nur wenig sagen, so Korell. Auch die anderen Holzkirchner Flüchtlinge kannten den Beschuldigten kaum. Die derzeitige Situation sei für Pakistani aber allgemein angespannt. Sie erklärt:

Momentan müssen viele Flüchtlinge zum Interview. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) arbeitet jetzt zügig ab – und für Afghanen und Pakistani sieht es eher schlecht aus. Das wissen sie auch selber. Das ist eine enorme psychische Belastung. Dennoch absolut keine Entschuldigung.

Für die “prekäre Situation” und den schwierigen Vorraussetzungen sei die Stimmung in der Traglufthalle jedoch “relativ ruhig”. Es sei wirklich nicht einfach, so Korell. 150 Männer zusammen in einer Unterkunft. Es gebe in der Halle keinerlei Privatsphäre, da diese sehr hellhörig sei. Ist jemand etwas lauter, nachts wach oder telefoniert, schläft die ganze Halle nicht.

Wie geht es für die Bewohner am Moarhölzl weiter?

Zudem wissen viele Flüchtlinge, dass die Halle im April abgebaut wird und haben Angst bei einer Umverlegung ihre Arbeitsstelle zu verlieren. Gleichzeitig freuen sie sich aber auf bessere Bedingungen. “Das sind alles wieder Unsicherheiten”, so die Integrationsbeauftragte. Die Helfer und das Landratsamt bemühen sich jedoch die Flüchtlinge so zu verlegen, dass sie ihre Arbeitsstelle behalten können. Für die Flüchtlinge, die in Holzkirchen leben sei es immer “schlimm”, wenn sie in die Negativschlagzeilen kommen. Korell erklärt:

Sie wissen natürlich, dass sie braver sein müssen als Andere. Wenn etwas negatives in der Zeitung steht, tut ihnen das sehr Leid. Ihnen ist natürlich bewusst,  dass sich schlechte Nachrichten automatisch auch auf sie projizieren. Sie versuchen wirklich ihr bestes zu geben.

Was aber passiert mit straffälligen Asylbewerbern? Abschiebung, schreien Viele. Doch die ist kompliziert. So erklärte der Sprecher des Innenministeriums, Oliver Platzer, dass für eine Abschiebung das Verwaltungsgerichtsverfahren entscheidend sei.

Abschiebung bei Straftat

Der Flüchtling stelle einen Asylantrag, welcher vom BAMF bearbeitet werde. Das Bundesamt führt das Asylverfahren durch und entscheidet, ob Schutz zu gewähren oder ein Asylantrag abzulehnen ist. Kommt das Bundesamt nach der Prüfung eines Asylantrags zu der Entscheidung, dass keine Schutzgründe vorliegen, erlässt das Bundesamt zusammen mit der negativen Entscheidung eine Ausreiseaufforderung und kündigt an, dass der Asylsuchende auch ohne seine Einwilligung in sein Heimatland zurückgeführt werden kann, heißt es vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Abschiebung selbst liege dann bei den einzelnen Bundesländern.

„Sicher ist“, so Platzer, „dass Straftäter ohnehin abgeschoben werden. Dennoch brauchen sie einen Ausreisestatus, welcher erst dann erreicht ist, wenn ein ablehnender Asylantrag vorliegt und alle Klagewege ausgeschöpft sind. “Mit einer Straftat hat sich ein Flüchtling das Anrecht auf Asyl verwirkt”, so Platzer.

So auch in dem Holzkirchner Fall. Das Landratsamt hat den Fall dem Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge (Bamf) übergeben. Durch die Körperverletzung in zwei Fällen wird der 40-Jährige wahrscheinlich direkt in Abschiebehaft genommen und nicht mehr nach Holzkirchen zurückkehren.

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