Einsam, still und leise liegt der See

Der erste Tag nach dem Inkrafttreten der erweiterten Mobilitätseinschränkung im Kreis. Wir haben darüber gestern berichtet. Die Straßen im Schlierseer Tal sind leergefegt. Und oben am Spitzing herrscht nach dem Trubel der letzten Wochen eine gähnende Leere. Die Ruhe ist fast gespenstisch. Aber es gibt Menschen, die das nicht wirklich erfreut.

Der Spitzing See heute Mittag um 13:00 Uhr

Noch vor zwei Wochen standen wir auf dem Seeparkplatz und konnten kaum einen freien Parkplatz finden. Rund herum herrschte ein buntes Treiben. Tausende Menschen tummelten sich auf dem See, den umliegenden Hängen und Wanderwegen.

Heute ist alles verwaist. Ok – es ist ein normaler Wochentag. Die Kinder und Jugendlichen bewegen sich nach dem Ende der Ferien in einem, wie auch immer gearteten schulischen Umfeld des Homeschooling. Und es ist erbärmlich kalt und ungemütlich. Also nicht das Wetter, das zu Ausflügen motiviert. Trotzdem fühlt es sich komisch an. So wie Pandemie und Ausgangssperre. So real.

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Der Landkreis hat dichtgemacht und die neuen Bestimmungen scheinen zumindest für heute zu greifen. Auch die Nachfrage bei der Pressestelle der Polizei bestätigt den Eindruck. Auch dort bestand keine Kenntnis über mögliche Verstöße gegen die neuen Auflagen im Landkreis. Ein Stückchen bergauf, am Parkplatz der Sesselbahn Stümpfling, bietet sich das gleiche Bild. Ein leerer Parkplatz. Nur eine Familie aus Hannover hat wohl noch keine Kenntnis von den neuen Beschränkungen und freut sich über die leere Rodelpiste.

Längst nicht alle jubeln

Die Stimme einer Frau ist in der Stille zuhören. Sie kommt aus dem Skiverleih am Lift. Genauer gesagt aus einem Fernseher, der dort über dem Tresen aufgehängt wurde. Es läuft die Übertragung der Corona Bundestagsdebatte auf Phoenix. Hinter dem Tresen steht Martina Locher, die Besitzerin des Betriebes, in dem in einem „normalen Jahr“ bis zu 54 Menschen aus der ganzen Welt Arbeit finden. Und Martina freut sich nicht wirklich über die Ruhe.

Verwaistes Snowcamp an der Sesselbahn Stümpfling

„Ich verstehe es einfach nicht“, sagt sie. „Schon vor der Sperrung für die Tagestouristen hatten wir nicht viel zu tun, aber jetzt können wir doch zu machen“. Loch hat kurzfristig das Verleih-Sortiment ausgeweitet auf Schlitten und Schlittschuhe und konnte so mit den Einnahmen des kleinen Kiosks und der Skiwerkstatt zumindest noch zwei Mitarbeiter bezahlen. Unerfreut fügt Lochner noch hinzu:

Und was bitte machen wir, wenn wir alle wieder regulär öffnen dürfen? Hängen wir dann Schilder mit heißen Liebesbekundungen für unsere so geliebten Münchner Freunde auf? So blöd sind die auch nicht.

Dazu passt eine Nachricht, die uns gerade per Mail erreicht hat. Gestern Abend hat die Tegernseer Tal Tourismus GmbH zu einer Videokonferenz eingeladen. Teilgenommen haben Bürgermeister der Gemeinden des Landkreises und die 2. Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München Katrin Habenschaden. Dabei ging es eben um die Vorbehalte in einigen Gemeinden gegenüber Ausflüglern aus München und um die Frage, wie sich die angespannte Situation im gegenseitigen Einvernehmen lösen lässt.

Im Rahmen des virtuellen Austauschs sagte der für den Schliersee zuständige Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer: „Ich wünsche mir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme, damit kommen wir gemeinsam aus der Krise.“ Über das Videotreffen werden wir in der Tegernseer Stimme noch ausführlich berichten.

Wo sich die Geister scheiden

Aber wieder einmal wird deutlich, dass die Welt nicht einfach nur so schwarz und weiß ist, wie heute die Winterfarben am Spitzingsee. Die einen freuen sich über die Entlastung der Straßen und Krankenhäuser und andere leiden genau darunter und ärgern sich. Unsere immer noch neue Pandemiewelt ist weder fair, noch gerecht. Jede neue Einschränkung – so wichtig sie auch im Gesamtkontext des Infektionsgeschehen sein mag – hinterlässt Spuren und neue Opfer.

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