Die Sehnsucht nach Aufklärung und Information ist derzeit bei Otterfinger Eltern groß. Der in der örtlichen Kita aufgetretene Tuberkulose-Fall schürt Ängste. Lange genug hat es gedauert, bis eine Infoveranstaltung anberaumt wurde. Gestern kamen die Eltern in der Aula der Schule zusammen.
„Das Wichtigste in dieser akuten Krise ist ein Infoabend, um die Eltern zu informieren. Dafür habe ich mich von Anfang an eingesetzt“, betont Ulrike Stockmeier, die Zweite Bürgermeisterin von Otterfing. Und: „Es waren alle da, gut 150 Leute“.
Die Eltern fühlen sich nicht mitgenommen
Obwohl im Gesundheitsamt Miesbach tagelang die Telefone heiß gelaufen seien, weil verständlicherweise viele betroffene Eltern der 138 Kinder angerufen haben, habe das Gesundheitsamt von sich aus keinen Termin anberaumt, so die Gemeindevertreterin. Andererseits: Es sei Urlaubszeit gewesen, so dass erst in dieser Woche auch wirklich alle erreichbar waren.
Die „frohe Botschaft“ von Heike Hergenröder, Ärztin beim Gesundheitsamt Miesbach lautete:
Alle Kinder und das gesamte Personal sind gesund.
Zum Auftakt des Infoavortrags stand die medizinische Information über TBC auf der Agenda. Doch das Fachliche interessierte die aufgebrachten Eltern, von denen manche sogar ihren Urlaub abgebrochen hatten, um ihre Kinder untersuchen zu lassen, zunächst weniger. Viele Eltern hatten sich via Internet, Fachliteratur und Gesprächen mit Fachleuten bereits Basiswissen angeeignet. Sie wollten zahlreiche Spezialfragen beantwortet haben und unterbrachen den Vortrag immer wieder.
Hauptkritikpunkt ist jedoch, dass die Eltern sich schlecht informiert fühlen. Es sei eine Email versendet worden, doch durch die Urlaubszeit haben einige Eltern erst kurzfristig von dem TBC-Fall erfahren. „Gestern, Montag Abend um 23.15 Uhr habe ich die Email vom Freitag erhalten“, klagt eine Mutter, die lieber anonym bleiben möchte. Außerdem scheint es, dass die Informationen widersprüchlich waren. „Im ersten Schreiben hieß es, wir bräuchten nichts zu tun, die zweite Info empfahl, Maßnahmen zu ergreifen“, regt sich eine andere Mutter auf.
Eltern brechen den Urlaub ab
Die Empfehlungen des Gesundheitsamtes lauteten, erstens Röntgenaufnahmen und zweitens einen Haut-Tuberkulin-Test machen zu lassen, um eine akute Infektion auszuschliessen. Viele Eltern verstanden dies nicht als Empfehlung, sondern als sofortige Handlungsanweisung. Deshalb sind auch einige vorzeitig auf dem Urlaub zurückgekehrt. Der dritte Schritt wäre die vorbeugende Einnahme eines Antibiotikums.
Um eine Infektion tatsächlich auszuschliessen, sei es ratsam, bei allen Kindern nach acht Wochen einen zweiten Hauttest durchzuführen, empfahl die Ärztin Heike Hergenröder. Falls dieser positiv sein sollte, werde zur weiteren Bestätigung ein Bluttest vorgenommen und eine aktive Prävention eingeleitet. Bei den Untersuchungen hatten sich fünf Verdachtsfälle mit „Schatten auf der Lunge“ ergeben. Diese Kinder wurden zur Beobachtung in die Wangener Kinderklinik gebracht, die sich auf solche Fälle spezialisiert habe. Mittlerweile konnten die Kinder jedoch „als gesund entlassen“ werden, bestätigt Ulrike Stockmeier.
Obwohl die Kritik der Eltern wegen mangelnder Informationspolitik von Seiten der Gemeinde und des Gesundheitsamtes immer wieder aufflammte, hat sich der Leiter des Gesundheitsamtes, Michael Wohlfahrt, bereits im Vorfeld um Aufklärung des Falles bemüht. „Quasi über den Gartenzaun“ habe er am 11. Juni erfahren, dass die Pflegerin mit TBC-Verdacht in die Klinik gekommen ist, so Stockmeier. Er habe sofort ermittelt.
“Die Informationspolitik ist konfus”
Erste Infos seien zwei Tage später an die Eltern rausgegangen, hieß es an dem Abend. Ein Vater widerspricht heftig: Er habe erst am 24. Juni die Nachricht erhalten. Trotzdem habe die Gemeinde sofort alle notwendigen Desinfektionsmaßnahmen eingeleitet – bis hin zur Reinigung der Kuscheltiere, ergänzt die stellvertretende Bürgermeisterin und ehemalige Schulleiterin Stockmeier. Am 17. Juni sei dann der mikroskopische Bestätigung erfolgt, dass die Kinderpflegerin tatsächlich an offener Tuberkulose erkrankt sei.
Schwer verständlich sei für die Eltern, dass die Kinderpflegerin, die in der Kita mit den Kleinsten arbeitet, schon seit Dezember 2013 gehustet habe, aber bis zum 11. Juni gearbeitet hat. Mehr als sechs Monate, in denen die Frau mit der hochansteckenden Krankheit zur Arbeit ging und sie ungewollt auch zur Infektionsquelle wurde. Denn in der Tat habe sie mehrere Ärzte konsultiert, die allerdings keinen Befund feststellen konnten. Eine Vorerkrankung im Alter von drei Jahren sei auskuriert, bestätigt der Erste Bürgermeister Jakob Egelseder, der auch gerade aus dem Urlaub zurückkam.
Gemeinsam mit Michael Wohlfahrt ist er der Meinung, dass das Gesundheitsamt Miesbach und die Gemeinde „eher zu viel als zu wenig getan“ hätten. Die Angst der Eltern vor Röngtenstrahlen und den Nebenwirkungen der Medikamente könne er gut nachvollziehen. Doch diese Entscheidungen müssten die Eltern in Eigenverantwortung treffen.
Sein Vorschlag von Seiten der Gemeinde sei es, den zweiten Hauttest als Sammeltermin auf freiwilliger Basis im Gemeinde- und Montessori-Kindergarten anzubieten. Die Kinderärztin Annette Stratmann aus Holzkirchen, die zahlreiche betroffene Kinder in Behandlung hat, zeigte sich offen, im August einen Sammeltermin vor Ort einzurichten – trotz Urlaubszeit.
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