Endlich Durchblick im Gemeinderat?

Noch ist die Einladung zur Gemeinderatssitzung am 28. Juli nur eine Seite lang. Und noch gibt es auch im Bürgerinformationssystem nur kryptische Überschriften und nutzlose Links, aus denen man als Bürger nicht schlauer wird, was sie bedeuten sollen. Das könnte sich ab Dienstag ändern – doch ganz so einfach ist es nicht.

Wann gibt es endlich Durchblick im Gemeinderat? Am Dienstag könnte es voran gehen.
Wann gibt es endlich Durchblick im Gemeinderat? Am Dienstag könnte es voran gehen.

Nun soll veröffentlicht werden, was öffentlich ist: Nämlich die Unterlagen für die öffentlichen Sitzungen des Marktgemeinderates und seiner Ausschüsse. Dazu zählen die Berichte der Verwaltung, Beschlussvorlagen und Anhänge – also Karten, Schaubilder und Tabellen.

Der fraktionsübergreifende Antrag der CSU, SPD und Grünen steht am Donnerstag auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung (Link zum Antrag). Von einer Veröffentlichung darf laut Antrag nur abgewichen werden:

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… wenn eine Unterlage datenschutzrechtlich geschützte Informationen enthält oder solche Daten nicht ohne erheblichen Aufwand oder erhebliche Veränderungen der Beratungsunterlage unkenntlich gemacht werden können.

Damit wäre die Marktgemeinde Vorreiter im Landkreis Miesbach. Bayernweit veröffentlichen 34 von 97 Kommunen ihre Sitzungsunterlagen vor oder zum Termin. Das ergab eine Umfrage des Städte- und Gemeindetages vom 12. Juni dieses Jahres, deren Ergebnisse dem Antrag beiliegen (Umfrage – Bereitstellung von Sitzungsunterlagen)

Doch wer jetzt den Durchbruch des “gläsernen Gemeinderats” erhofft, könnte enttäuscht werden. Laut dem Holzkirchner Merkur will Bürgermeister Olaf von Löwis einen abweichenden Vorschlag machen. Denn der Aufwand sei zu hoch, alle Unterlagen auf datenschutzrelevante Inhalte zu überprüfen – also Namen und Adressen von Bürgern bei Einwänden öffentlicher Belange zum Beispiel, wird er in der Zeitung zitiert. Dafür hafte er als Bürgermeister, habe ihm die Rechtsaufsicht des Landratsamts mitgeteilt.

Ideal wäre es, genau die Unterlagen zu veröffentlichen, die auch die Gemeinderäte erhalten, sagte Bürgermeister Olaf von Löwis auf unsere Anfrage im Juni. Für eine Stellungnahme zu seinem neuen Vorschlag war Löwis am Freitag nicht erreichbar. Doch vor einem Monat erkläre er: “Grundsätzlich gibt es da von meiner Seite aus keinen Widerstand.”

Öffentlichkeit muss sich lohnen?!

Und es ist die transparenteste Vorgehensweise. Denn nur, wenn Bürger/innen und Gemeinderäte die gleichen Unterlagen mit den gleichen Formulierungen haben, können Zweifel von vornherein ausgeräumt werden, ob alle die gleichen Informationen über die Sachverhalte haben.

Sicher müssen Namen und Adressen von Privatpersonen unkenntlich gemacht werden. “Dieser Aufwand dürfte nicht allzu groß sein”, schätzt Elisabeth Dasch (SPD, 2. Bürgermeisterin). Auch sie findet, dass der Mehraufwand im Vergleich zum Nutzen vertretbar sein sollte: “Wir wissen ja auch gar nicht, wie viele Leute sich diese Informationen dann auch ansehen.”

“Wer Informationen will, soll mich anrufen”

Christoph Schmid (CSU) hingegen ist mit dem Antrag nicht ganz einverstanden. Mit den Beschlussvorlagen allein könne man nicht viel anfangen. Dazu bräuchte man zusätzliche Erläuterungen des Sachverhalts. Auch er befürchtet einen zu hohen Mehraufwand für die Verwaltung. “Wir beschließen viele Sachen, die 95 Prozent der Bürger nicht interessieren. Die Beschlüsse interessieren sie dann, wenn sie direkt davon betroffen sind”, erklärte er auf Anfrage.

In einem solchen Fall sollten die Bürger die Informationen einfach bei ihren Gemeinderäten abfragen, schlägt er vor: “Dafür sind wir ja gewählt.” Wer Informationen haben wolle, müsse diese einfordern. Da habe man als Bürger/in eine Hol-Schuld: “Meine Telefonnummer und die der anderen Gemeinderäte ist im Ratsinformationssystem öffentlich einsehbar. Da können mich die Bürger/innen anrufen”, erinnert Schmid.

Holzkirchen könnte landkreisweit Vorreiter werden

Auf diesen Weg will auch Elisabeth Dasch verweisen. Allerdings dann, wenn Bürger Fragen zu den Beschlüssen haben: “Die Entscheidungen fällt immer noch der Gemeinderat. Wenn jemand Einwände hat, sollen diejenigen die Gemeinderäte ansprechen.” Somit würde der Verwaltung wiederum zusätzliche Arbeit erspart werden.

Mehr Aufwand für die Verwaltung werde die Umstellung nicht, schätzt Karl Bär (Grüne): “Die Vorlagen werden öffentlichkeitstauglich und rechtssicher verfasst werden müssen.” Das könne wegen der Umgewöhnung anfangs zu einem gewissen Mehraufwand führen. Da könne man sich Anregungen in anderen Gemeinden holen, in denen die Unterlagen bereits veröffentlicht werden – beispielsweise in Unterschleissheim. Letztlich erhalten die Unterlagen sowohl Gemeinderäte und Bürger.

Gibt es bald Durchblick im Holzkirchner Gemeinderat, oder lohnt sich das nicht? Für wen? Foto/Archivbild
Gibt es bald Durchblick im Holzkirchner Gemeinderat, oder lohnt sich das nicht? Für wen? Foto/Archivbild

Die Veröffentlichung von der Anzahl der Interessenten abhängig zu machen, dürfe kein ausschlaggebendes Argument dagegen sein. Schließlich nähmen öffentliche Unterlagen auch den Gemeinderäten einiges an “Last” ab. Denn wenn die Bürger/innen keine Kenntnis über Vorgänge haben, entstehen Gerüchte, denen sich die Gemeinderäte gegenüber sehen, so Karl Bär:

Viele glauben, dass der Gemeinderat Wunder-weiß-was beschließt. Dabei sind die meisten Dinge, die wir beschließen, furchtbar langweilig. Diese Langweiligkeit darzustellen, ist unheimlich wichtig für die politische Debatte.

Ob der transparente Gemeinderat nun endlich kommt, oder ob er doch nur “durchscheinend” wird, bleibt abzuwarten. Bär erwartet, dass sich etwas ändern werde. Auch den angekündigten Vorschlag von Bürgermeister Löwis sieht er gelassen: “Nach meinem Eindruck ist ihm viel an Transparenz gelegen. Er wird einen Vorschlag machen, der für alle akzeptabel ist. Dafür hat er ein Händchen.”

Mit dem bevorstehenden Gemeinderatsbeschluss und dem Relaunch der Gemeinde-Webseite www.holzkirchen.de im kommenden Jahr dürfte sich die Informationslage der Gemeindebürger um einiges verbessern. Mit einem Beschluss, wie ihn die drei Gemeinderäte von CSU, SPD und Grünen fordern, wäre Holzkirchen in Sachen Transparenz landkreisweit Vorreiter.

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