Erleuchtung durch Belichtung

Das Stieler-Haus an der Tegernseer Point wird mehr und mehr zum Kultur-Treffpunkt. Nach Sonja Stills Wiesn-Führer wurde am Sonntag dort ein Bildband des Fotokünstlers Michael von Hassel präsentiert.

Mit selbst entwickelter Technik zeigt er dem Betrachter mehr, als dessen Auge je erfassen könnte.

Von Hassels hochwertige Fotos werden stets hinter Glas kaschiert. Hier "Love" aus der Serie "Tugenden".
Von Hassels hochwertige Fotoabzüge werden hinter Glas kaschiert. Hier das Motiv „Love“ aus der Serie „Tugenden“.

Das Stieler-Haus als Treffpunkt für Künstler – so hatte es Andreas Greither im Sinn, als er es erwarb und aufwändig sanieren und renovieren ließ. Hier sollen sich neben einem Gastronomiebetrieb künftig auch Kulturevents etablieren.

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Vergangenen Sonntagabend bot es nun den Rahmen für die Präsentation des Foto-Bildbands „Compendium“, das erstmals eine Werkauswahl des Münchner Fotokünstlers Michael von Hassel zeigt. Auch Gastgeber Andreas Greither hatte bereits ein großformatiges Werk erworben – es zeigt farbenfroh und vielschichtig eine menschliche Tugend: die Liebe.

In dem aufwändig gestalteten Buch erfährt der Betrachter Wissenswertes über den Münchner und sein Werk. Der Künstler selbst bezeichnet seinen charakteristischen Fotografiestil als „Hyperrealismus“. Seine Bilder bestechen neben ihrer hochwertigen technischen Umsetzung auch durch die Vielfalt der Themen, die sie dem Betrachter näherbringen.

Mit Belichtung für mehr Erleuchtung sorgen

Von Hassel, Jahrgang 1978, ist Autodidakt und fand mit dem Erlernen der nötigen Technik zugleich seinen eigenen Stil, den er kontinuierlich zu seiner „persönlichen Handschrift“ weiterentwickelt hat. Mit Hilfe von Mehrfachbelichtungen macht er für den Betrachter Details der Realität sichtbar, die durch das menschliche Auge nicht auf einmal erfassbar wären. Eine spezielle Technik, die er zu diesem Zweck entwickelt hat, ermöglicht es, „mehrere Momente übereinanderzulegen“, wie er es beschreibt.

Man sieht auf meinen Fotos mehr, als man selber sehen würde, wenn man dort wäre. Ich sorge sozusagen mit Belichtung für mehr Erleuchtung.

Wie viele Künstler arbeitet auch er gerne in Serien, fotografiert aber so gut wie nie Menschen. Orte und Landschaften reizen ihn wesentlich mehr, so zum Beispiel die Zelte der Wiesnwirte um drei Uhr morgens. In der Stille der Nacht und durch den Blick des Fotokünstlers mutieren die Festzelte zu architektonischen „Eyecatchern“. Auch mit seinen Naturaufnahmen oder der farbintensiven Serie „Tugenden“ entführt von Hassel den Betrachter in vertraute und doch zugleich fremdartige Welten.

Vom Banker zum Fotokünstler

Dabei war dieser Weg für Michael von Hassel nicht vorgezeichnet. Nach einer Banklehre absolvierte er ein Wirtschaftsstudium, das er erfolgreich und mit guter Note abschloss. Doch kurz vor Ende dieser Ausbildung stand für ihn fest, dass er sich vollberuflich der Fotokunst widmen wollte. „Als Kind habe ich mir aus Legosteinen kleine Kameras gebaut, bin durch die Gegend gelaufen und habe ‚klick!’ gerufen“, erzählt Michael von Hassel von seinen fotografischen Anfängen.

Dass er am Ende den künstlerischen Weg als Beruf wählte, kam durch eine Häufung vermeintlicher Zufälle ins Rollen. Eine Uni-Vorlesung über positive Psychologie, die die Ursache für persönliches Glück darin sieht, das stärkste Talent zum Beruf zu machen, trug mit Sicherheit dazu bei. Ebenso seine erste Ausstellung in einer kleinen Kaffeebar, aus der sich eine weitere in einer angesehenen Münchner Galerie ergab. Damit waren die ersten kleinen Schritte getan.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Doch das Schicksal hatte noch viel mehr vorgesehen: In Kitzbühel, wo von Hassel einen Termin zur Präsentation seiner Fotos hatte, wurde er nicht nur von dem Galeristen versetzt – auch sein Auto wurde ihm gestohlen. So saß er dort fest – und lernte beim Mittagessen den Verleger Hendrik teNeues kennen, dessen Verlag bekannt für hochwertige Kunst- und Fotobildbände ist. Dieser zeigte sich beeindruckt von den Bildern und empfahl den jungen Künstler an eine internationale Top-Galerie in Berlin weiter.

Fotokünstler Michael von Hassel signiert seine Bildbände.
Fotokünstler Michael von Hassel beim Signieren seiner Bildbände im Stieler-Haus.

Auch das Fotobuch, das an diesem Sonntagabend präsentiert wurde, entstand infolge dieser Begegnung. Dass es am Tegernsee präsentiert wurde, kam durch die Freundschaft zwischen Greither und von Hassel zustande, der die Region sehr schätzt. 120 seiner Bilder sind in dem Erstlingswerk enthalten, darunter zwei als sogenannte Altarfalze, die sich ausklappen lassen.

Obwohl Fotos beliebig oft reproduzierbar wären, gibt es von den Werken von Hassels jeweils nur fünf Exemplare. Gut für Sammler, die dieses Plus an Exklusivität zu schätzen wissen. Einer kaufte vor ein paar Jahren eine gesamte Ausstellung des Künstlers auf, inklusive aller verfügbaren Bildexemplare. „Da wusste ich dann“, sagt von Hassel schmunzelnd, „jetzt bin ich wirklich Fotokünstler.“

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