Mit gesenktem Kopf und Handschellen kommt der angeklagte Fahrdienstleiter Michael P. in den Gerichtssaal des Traunsteiner Landgerichtes. Sein Blick ist traurig. Immer wieder sieht er in die Zuschauerreihen.
Nachdem die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift mit den Namen der zwölf Toten und 89 Verletzten verlesen hat, steht Michael P. auf und wendet sich in seiner kurzen Ansprache an die Angehörigen der Opfer:
Ich möchte ein paar persönliche Worte an die betroffenen Angehörigen richten. Ich weiß, dass ich mir am 9. Februar eine große Schuld aufgeladen habe. Ich weiß, dass ich es nicht rückgängig machen kann. Ich weiß, dass Sie durch mein Fehlverhalten großes Leid erfahren haben und Sie das ein Leben lang mit sich herumtragen müssen. Ich werde das genausolang mit mir herumtragen. Ich bin in Gedanken bei Ihnen und Ihren Angehörigen. Ich hoffe, dass Sie das alles aufarbeiten können und damit weiterleben können.
Außer biografischen Angaben werden im Laufe des siebentägigen Prozesses nur noch seine Anwälte für ihn sprechen – das Urteil soll am 5. Dezember fallen. Der aus Rosenheim stammende Fahrdienstleiter ließ von seiner Verteidigerin Ulrike Thole einräumen, dass er am Morgen des Zugunglücks im Dienst ein Online-Spiel auf seinem Mobiltelefon gespielt hatte und zwei aufeinander zufahrende Züge auf eine eingleisige Strecke schickte.
Bis zu fünf Jahre Haft
Auch die weiteren Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, das Stellen der Durchfahrt für den Zug aus Kolbermoor, das Setzen des Sondersignals für den entgegenkommenden Zug aus Holzkirchen – und die fehlerhafte Bedienung des Notrufs, der nicht die beiden Zugführer erreichte, sondern andere Fahrdienstleiter, räumte die Verteidigerin im Namen des Angeklagten ein.
Wegen fahrlässiger Tötung in zwölf Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in 89 Fällen drohen Michael P. bis zu fünf Jahre Haft. Seit seiner Festnahme am 12. April sitzt P. in der JVA Traunstein in U-Haft. Doch warum wird eigentlich in Traunstein und nicht in Rosenheim verhandelt?
Aufgrund des grob fahrlässigen Verhaltens des Fahrdienstleiters im Stellwerk Bad Aibling hat die Staatsanwaltschaft den Mann vor dem Landgericht angeklagt. Das eigentlich zuständige Amtsgericht Rosenheim darf nur Strafen bis vier Jahre verhängen. Den Prozess führt Richter Erich Fuchs (61). Er hat bereits viel Erfahrung mit aufsehenerregenden Verfahren.
Am kommenden Montag geht der Prozess weiter. Dann werden Zeugen aus dem Umfeld der Deutschen Bahn geladen. Ebenfalls vor Gericht ist der Entwickler des Handyspiels, durch das der Fahrdienstleiter abgelenkt worden war. Voraussichtlich am 5. Dezember soll dann das Urteil gegen Michael P. fallen.
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