Eines kann man dem 43-jährigen ehemaligen Zeitsoldaten und heutigen Seminarleiter sicher nicht nach sagen: Dass er zu faul zum Lernen sei. Von der Mittleren Reife über das technische Fachabitur, die abgeschlossene Ausbildung, Bundeswehr und danach erfolgreicher Ausbildung zum psychologischen Berater ging alles seinen ordentlichen Werdegang. Dann allerdings hatte er sich richtig vertan.
Weil er eine akademische Ausbildung neben der Vollzeitbeschäftigung machen wollte, entschied sich der in Köln gebürtige für die Universidad Empresarial de Costa Rica. Deren Internetauftritt sieht hoch professionell aus und führt auch einige Qualitätssiegel. Hier erwarb er 2006 ein Master-Diplom und 2008 ein Doktor-Zeugnis. 20.000 Euro habe ihn die Ausbildung gekostet. Tatsächlich konnte er dem Gericht auch die Doktor-Arbeit in englischer und deutscher Sprache und als Buch vorlegen.
Nutzloser Titel verleitet zu Betrug und Fälschung
Ausländische akademische Zeugnisse und Titel werden jedoch in Deutschland nicht automatisch anerkannt. Es ist zwar gestattet, diese Titel zu tragen. Allerdings muss entweder der volle ausländische Titel, wie auf dem Zeugnis ausgestellt, genannt werden oder dem Titel das Ausstellungsland mindestens als international gängiges Kürzel (CRI) beigefügt werden.
Damit soll gewährleistet werden, dass Arbeitgeber den Unterschied feststellen und dann selbständig beurteilen können, ob sie die Person trotzdem anstellen wollen. Der heute in Gmund Wohnhafte hatte allerdings erhebliche Probleme mit seinem Zeugnis in Deutschland eine Anstellung als Psychologe zu finden.
Was schlussendlich dazu führte, dass er deutsche Diplome erfand, fälschte und damit in Bad Kissingen am Ende auch angestellt wurde. Allerdings flog der Schwindel innerhalb weniger Monate auf und der 43-Jährige wurde wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. In den wenigen Monaten hatte er hunderte Patienten behandelt. Tatsächlich attestierte man ihm damals gute Arbeit. Beschwerden durch Patienten gab es keine. In der heutigen Verhandlung ging es jedoch um einen anderen Fall. Der Angeklagte erklärte selbst, was vorgefallen war.
Wir waren neu nach Gmund gezogen und suchten Anschluß. Als CSU-Mitglied ging ich zu einem Treffen des Ortsvereins und wurde auch gleich zum Beisitzer gewählt. Man wollte dann auch ein paar persönliche Daten von mir.
Er habe sich damals sehr gefreut, so schnell, so gut angekommen zu sein. Man habe ihn dann gebeten, für die Webseite der Gmunder CSU biografische Details zu schicken. Er habe alte Unterlagen genommen, in denen er dummerweise noch den Master-Titel geführt habe.
Ähnliches sei ihm beim ersten Elternabend im Kindergarten seines Sohnes geschehen. Man habe ihn aufgefordert Mitglied des Elternbeirates und auch Vorsitzender zu werden. Er habe das Ehrenamt angenommen, weil es sonst keine Bewerber gegeben habe. Bei der Angabe der persönlichen Daten habe er „Dr“ für Doktor dazu geschrieben und eben das Länderkürzel vergessen.
Bei falschen Doktoren versteht die Gmunder CSU keinen Spaß
Nie habe sich der Angeklagte als Doktor vorgestellt oder darauf bestanden so genannt zu werden. Er sei einfach nachlässig gewesen. Nicht so der Vorstand der Gmunder CSU: Schnell stellten zwei in der Verhandlung namentlich genannte CSU-Offizielle den Parteigenossen zur Rede.
Irgendwie war ihnen das alte Urteil zugespielt worden. So etwas wolle man nicht in der CSU und könne man am Tegernsee nicht gebrauchen, habe man den Angeklagten wissen lassen. Er solle von seinen Ämtern zurücktreten und aus der CSU austreten.
Der Angeklagte erklärte heute vor dem Amtsgericht zudem, dass er seitens der Parteifunktionäre ebenfalls aufgefordert worden sei, von seinen Ämtern im Kindergarten zurückzutreten. Es könne sonst womöglich Folgen für seinen Sohn haben. Der Gmunder tat wie ihm gesagt wurde, zumal im deutlich gemacht worden war, dass man es dann damit auf sich bewenden lassen würde.
Geldstrafe oder Knast?
Trotzdem wurde er nun angezeigt und saß heute so erneut vor Gericht. Der Staatsanwalt hatte erklärt, er könne nach der Vorgeschichte nicht an ein Versehen glauben. Die erneute fälschliche Nutzung akademischer Titel sei zudem in der Bewährungszeit erfolgt. Tatsächlich seien die beiden Fälle allerdings in der Schwere nicht zu vergleichen. Er forderte eine Strafe von vier Monaten Freiheitsentzug, 1.300 Euro Geldstrafe und die Auferlegung der Kosten des Verfahrens.
Die Verteidigerin, die den Angeklagten bereits im ersten Fall vertreten hatte, erklärte, dass der Angeklagte ja in der Sache voll geständig sei, seinen Fehler eingestanden und Reue gezeigt habe. Auch sie führte an, dass es in dem aktuellen Fall ja um viel weniger gegangen sei und das er die Ehrenämter ja auch ohne Anführung der Titel erhalten hätte. Sie forderte das Gericht auf, statt einer Freiheitsstrafe eine hohe Geldstrafe zu verhängen. Richter Walter Leitner erklärte, er selbst sähe den Angeklagten sogar als Opfer.
Das Diplom aus Costa Rica ist das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist. Geschweige denn 20.000 Euro.
Er verwies auf einen Artikel bei Spiegel.de. Ein Journalist hätte die Universität besucht und sozusagen als Briefkasten-Uni enttarnt. Der Artikel erschien allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem der Angeklagte seine Diplome bereits hatte. Trotzdem habe der Angeklagte falsch gehandelt und mit seiner Vorgeschichte auch wissen müssen, was er tat. Der 43-Jährige wurde zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro und Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt.
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