Die Entschuldigung war schnell da. Andreas Schmidpeter, Vorsitzender des TuS Holzkirchen, räumte Versäumnisse von Seiten des Vereins ein. Der TuS weiß schon lange vom desolaten Zustand des Fußballplatzes, hat es aber versäumt, rechtzeitig einen entsprechenden Antrag auf einen finanziellen Zuschuss an die Gemeinde zu stellen. Somit ist die für die Sanierung notwendige Summe nicht im Haushalt vorgesehen.
Olav von Löwis schickte der Debatte zugleich eine Prämisse voraus: Nach nochmaligem Durchrechnen des Haushaltes stünden der Gemeinde unerwartet 95.000 Euro zur Verfügung. „Der Kämmerer hat mir diese Summe verbindlich zugesagt.“ Eine Unterstützung des TuS sei folglich ohne Kreditaufnahme möglich.
Doch trotz dieser guten Nachrichten um die finanzielle Situation der Marktgemeinde rief die nun einerseits zu späte, andererseits jedoch betont dringliche Bitte an die Gemeinde, die Sanierung finanziell zu unterstützen, bei der gestrigen Sondersitzung bei vielen Räten Widerstand hervor. Schmidpeter bemühte sich zwar um Schadensbegrenzung – „Ich hoffe, dass wir den Fehler nicht auf Kosten unserer Kinder gemacht haben“ – musste jedoch vielen kritischen Fragen Rede und Antwort stehen.
Die Verletzungsgefahr steigt
Um die Dringlichkeit seines Vorhabens zu verdeutlichen, fasste Schmidpeter zunächst die Situation zusammen. Seit Herbst 2013 habe sich der Zustand des Platzes dramatisch verschlechtert: Niederschläge könnten nicht mehr in das Erdreich gelangen, der Rasen sei voller Schlamm. Wenn das Wasser auf dem Platz steht, sei dieser wie Schmierseife. Hinzu käme die hohe Frequentierung: Der Platz sei mit 17 Jugendmannschaften, drei Seniorenmannschaften und insgesamt 300 aktiv spielenden Kindern mehr als ausgelastet.
Der Vorstand wies eindringlich auf die mit den Platzverhältnissen verbundene erhöhte Verletzungsgefahr hin. Mehrere Kinder hätten sich Kreuzbandrisse oder ähnliche Sportverletzungen zugezogen. Für Schmidpeter außerdem ein Indiz, dass es so nicht weitergehen könne: Die Tatsache, dass so mancher Schiedsrichter nicht einmal das Spiel anpfeifen wollte. „Der Fußballplatz ist sprichwörtlich ein Acker“, so das Fazit von Sebastian Franz.
Um den Platz wieder spieltauglich zu machen sind diverse Maßnahmen erforderlich. Unter anderem sollen Löcher in den Rasen gebohrt und mit Sand gefüllt werden, zudem ist eine ausreichende Bewässerung notwendig.
Ursprünglich waren rund 135.000 Euro für die Erneuerung angedacht. Nun stellte der TuS eine neue und billigere „kleine Lösung“ vor, ausgehend vom Angebot der herangezogenen Firma Engelmann, die die Sanierung übernehmen würde: 44.000 Euro sind mindestens für die Bodenmaßnahmen notwendig. Hinzu kommt die Anschaffung einer Bewässerungsmaschine im Wert von 9.500 Euro. Da die Bewässerung der Hauptknackpunkt der Sanierungsmaßnahmen ist, besteht außerdem die Überlegung, eine Leitung mittig zu den Plätzen zu legen, die man für eine spätere zentral gesteuerte Bewässerungslösung nutzen könnte. Insgesamt kostet diese Lösung rund 70.000 Euro.
Auch wenn die Gemeinderäte die Dringlichkeit der Sanierung nicht anzweifelten, regte sich Widerstand – nicht nur wegen des zu spät eingegangenen Antrags, sondern auch der Attitüde des Vereins, der ohne Plan B auf Sieg setzt. Wenn das Geld jetzt nicht genehmigt würde, sei es zu spät, so Schmidpeter. Eine Argumentation, die nicht jedem einleuchtete.
Es regt sich Widerstand bei den Räten
„Es erzeugt Widerstand, kurz nach Verabschiedung des Haushalts so viel Geld zu fordern“, sagte Robert Wiechmann. „Ich finde, der Antrag kommt zur Unzeit“, pflichte Josef Sappl sen. bei.
Auch das Thema Gleichberechtigung kam auf: Olaf von Löwis betonte mehrmals, dass kein Spotverein bevorzugt behandelt werden dürfe. „Die Bewässerungsmaschine müsste auch Föching und Hartpenning zur Verfügung stehen“, so der Bürgermeister. Kritisch äußerte sich auch Vizebürgermeisterin Elisabeth Dasch:
Ein bisschen habe ich schon einen dicken Hals.
Der soziale Beitrag des Vereins sei unbestritten, jedoch könne Gleichbehandlung nicht nur unter Sportvereinen stattfinden, sondern müsse für alle Infrastruktureinrichtungen gelten. Zum Beispiel sei der Vorplatz vom Kulturzentrum Oberbräu auch in einem verbesserungswürdigen Zustand.
Zudem fühlten sich einige Räte von der alternativlosen Jetzt-oder-Nie-Argumentation unter Druck gesetzt. Insbesondere die Grünen kritisierten die Haltung des Sportvereins. „Wenn Sie kein Szenario für den worst case haben, bin ich etwas schockiert“, so Ulrike Küster. Auch Martina Neldel empörte sich über die geringe Kompromissbereitschaft des TuS:
Ich fühle mich erpresst.
Um den Gemeinderat milder zu stimmen, hätte der Verein zumindest Spendenaktionen ins Leben rufen können. „Ich erwarte, dass Sie einen Plan B haben. Das geht heutzutage einfach nicht mehr anders“, so Neldel.
Die Kritik hagelte scharf auf Schmidpeter ein. „Wir stehen jetzt ziemlich blöd da“, räumte er ein. Das schlechte Standing des TuS lässt sich nicht zuletzt auch darauf zurückführen, dass es keine befriedigende Antwort auf die Frage gab, wie vorausschauend die Maßnahmen tatsächlich sind. Wie lange hält die Sanierung an? Wie hoch sind die Folgekosten? Wenn man an der zentralen Bewässerungsanlage spart und sich nur für den Bewässerungswagen entscheidet, spart man am falschen Platz? Schmidpeter räumte ein, dass der Platz vermutlich jährlich bearbeitet werden müssten, die Kosten hierfür jedoch überschaubar bei rund 2.000 Euro lägen.
Insbesondere die Freien Wählern fehlte eine langfristige Perspektive und ein sportliches Gesamtkonzept für den Ort. Birgit Eibl reichte einen entsprechenden Antrag bei von Löwis ein. „Wir möchten, dass Fachleute kommen und ein Konzept erstellen.“
Am Ende waren es insbesondere Bernd Weinmann (CSU) und Hans Putzer (SPD), die für ein rasches und konstruktives Ende der Debatte plädierten. „Wir sollten das jetzt nicht weiter zerreden“, so Putzer. „Sport ist ein Aushängeschild für Holzkirchen.“ Für Weinmann war klar: „Heute soll eine Entscheidung getroffen werden.“
Einigung nach langem Ringen
Gesagt, und nach gut zwei Stunden Debatte getan. Von Löwis, der von Anfang an Verständnis für die Ausnahmesituation des TuS gezeigt hatte, betonte nochmals, dass es sich um eine „außergewöhnliche Situation handelt, die auch eine außergewöhnliche Entscheidungsfindung erfordert.“ Die erhitzten Gemüter der Gemeinderäte konnte der Bürgermeister schließlich mit der Versicherung besänftigen, dass es sich um eine einmalige Sache handle und keinen Präzedenzfall.
Seinem Vorschlag, dem TuS eine Summe von 50.000 Euro zuzusichern, stimmte die Mehrheit der Räte zu, lediglich drei stimmten dagegen. Der TuS darf sich somit auf einen Finanzkick freuen. Dennoch war das Zeichen des Rates klar: Bittsteller darf man auch mal bitten lassen.
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