Eine Überlebenskünstlerin der besonderen Art. Kopfüber hängt sie in Scheunen oder alten Bauernhäusern und hat eine wichtige ökologische Schutzfunktion. Wir haben Dr. Doris Gohle, Biologin und Expertin für Fledermäuse erreicht:
Fledermäuse sind die einzigen flugfähigen Säugetiere neben den Flughunden. Die nachtaktiven Tiere jagen nachts ihre Beute und ruhen sich tagsüber aus. Sie sind perfekt angepasst, um im Dunkeln zu leben. Allein im Landkreis Miesbach leben circa 14 Fledermausarten entdeckt worden. Liebend gerne bewohnen sie alte Stadel, jedoch bauen sie keine Nester und nagen auch keinerlei Gegenstände an. Also, man muss keine Angst vor den insektenfressenden Säugern haben. Ganz im Gegenteil: Sie erfüllen eine besondere ökologische Funktion. Auch übertragen sie keine Krankheiten.
# 1 Fledermausbabys dank Kryo-Technologie
Fledermäuse gehören zu den ältesten Säugetieren auf unserem Planeten; sie leben seit mehr als 50 Millionen Jahren hier. Fledermäuse fliegen mit ihren Händen, deshalb ist ihr wissenschaftlicher Name auch Chiroptera, was „Handflügler“ bedeutet. Die sehr spärlich behaarten Häute zwischen den Mittelhand- und Fingerknochen bilden dabei die Flügelflächen. Sie bekommen in der Regel nur ein Junges pro Jahr. Und interessanterweise ist die Balz- und Paarungszeit im Herbst. Eher ungewöhnlich. Aber noch viel ungewöhnlicher ist, dass die Spermien bei den Fledermäusen “überwintern” also “eingefroren” werden. Die eigentliche Befruchtung geschieht dann erst im Frühjahr. Die Fledermaus erwacht vom Winterschlaf und hat gleich ihren Eisprung. Das Spermium hat im Eisfach der Fledermaus gewartet und zack: Nachwuchsaufzucht mal ganz anders.
# 2 Ein ewiger Jungbrunnen
Fledermauszellen altern nicht. Würde man das Alter der Fledermäuse in Relation zum Menschen setzen, käme man auf 248 Menschenjahre. Im Verhältnis zu ihrer Körpergröße ist sie die langlebigste Spezies überhaupt. Weltweit versuchen Forscherinnen und Forscher seit langem herauszufinden, was bei Fledermäusen auf zellulärer Ebene passiert: Was verlangsamt den Alterungsprozess? Das scheint noch ungeklärt.
# 3 Der Akrobat auf dem Kopf
Mal kurz kopfüber abhängen, … das ist für die Fledermaus alltäglich. Für die Fledermaus ist das Kopfüberhängen gar kein Problem. In ihren Beinen gibt es eine spezielle Sehne, die von der Kralle bis zum Knie verläuft. Sie ist von einer Hülle umgeben, die mit winzigen Widerhaken besetzt ist. Sobald sich die Flugkünstlerin irgendwo festhält, rastet die Sehne automatisch an den Widerhaken ein. Auch der Blutkreislauf funktioniert so, dass das Blut aus dem Kopf einfach wieder zurück zum Herzen gepumpt wird, wenn sie mit dem Kopf nach unten hängt.
# 4 Fledermäuse frieren nicht
Die Körpertemperatur von Flugmäusen wird im Winter auf bis zu drei Grad heruntergekühlt. Herzschlag und Atmung werden bis zu 40 Mal verlangsamt. Werden sie aus Versehen wach, können sie ihre Körpertemperatur mithilfe ihrer Fettreserven wieder aufheizen. Das darf aber nicht allzu oft passieren: Sonst reichen die Reserven nicht bis zum Frühjahr. Graue und Braune Langohren (Fledermausart) haben einen besonderen Trick, um den Winterschlaf ungestört zu verbringen: Sie klappen ihre Ohren unter die Flügel. So schützen sie sich vor dem Austrocknen und können in Ruhe schlafen. Es gibt auch Arten wie den Großen Abendsegler, der für den Winterschlaf sein Quartier wechselt. Fledermäuse fliegen bis zu 1.600 Kilometer weit.
#5 Jagdkünstler über dem Wasser
Die Fledermaus liebt das Wasser. Es ist für sie ein wunderbares Jagdrevier. Dort fängt sie Köcherfliegen, Eintagsfliegen oder Schnaken, indem sie in engen Kreisen 30 bis 50 cm über der Wasseroberfläche fliegt. Und noch einen ganz besonderen Trick hat die Wasserfledermaus auf Lager: Entdeckt sie eine Beute auf dem Wasser, fischt sie diese mit den Füßen auf. Eine wahre Jagdkünstlerin. Manche Fledermäuse ernähren sich von Früchten, andere von Insekten. Dass die Fledermaus einer der besten natürlichen Insektenfresser in der Nacht ist, wissen die wenigsten. Denn es gibt zahlreiche Insekten, die ebenso nachtaktiv sind. Das trifft sich gut.
#6 Mythos Blutsauger
Zahlreiche mysteriöse Geschichten kursieren rund um die kleinen Nachtjäger. Mal gibt es die Meinung, sie seien Vampire oder auch für uns Menschen eine Gefahr. Doch sie werden zu Unrecht als Blutsauger bezeichnet. Nur in Süd- und Mittelamerika existieren Arten, die sich von Blut, z. B. von Kühen oder Vögeln, ernähren. Dies funktioniert jedoch nicht als ein Blutsauger im klassischen Sinne. Nein, das Beutetier wird lediglich angeritzt und ein Tropfen Blut von der Fledermaus aufgenommen. Und natürlich auch nur eine sehr kleine Menge. Das bemerkt das Beutetier noch nicht einmal. Allerdings können Fledermäuse über das Blutsaugen Krankheiten (wie zum Beispiel Tollwut) übertragen. Dies ist jedoch auch nur in einer größeren Herde der Fall.
#7 Echo-Lokation
Orientierung und Beutefang schafft die Fledermaus ganz leicht über Ultraschallwellen. Sie fliegen scheinbar lautlos durch die Nacht, aber der Schein trügt. In der Realität schreien sich die Fledermäuse an. Nur wir Menschen können diese Rufe nicht hören, da sie im Ultraschallbereich liegen. Treffen diese Ultraschalltöne auf einen Gegenstand oder ein Beutetier, kommen sie als Echo zur Fledermaus zurück. Die Echo-Lotung hilft ihr, sich im Dunkeln perfekt zu orientieren.
Wer bei sich zu Hause oder in der Nachbarschaft Fledermäuse gesichtet hat und Fragen dazu hat, kann sich gerne an das Landratsamt Miesbach wenden. Dr. Doris Gohle, Biologin und gleichzeitig Mitarbeiterin der Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern, kann sehr gerne alle fachlichen Fragen zu Fledermäusen beantworten. Sie befasst sich seit über 25 Jahren mit den speziellen Säugern.
SOCIAL MEDIA SEITEN