Frauenporträts mit Ausdruckskraft

„Es ist eine meiner ersten Ausstellungen ohne meinen Mann.“ Gisela Beck wirkt ein wenig zerbrechlich, als sie das sagt. Gleichzeitig scheint sie von Stolz erfüllt zu sein, dass sie nach dem Tod ihres Mannes im Dezember 2010, dem international anerkannten Maler Herbert Beck, weiterhin aktiv künstlerisch arbeitet.

Wir sitzen auf der Terrasse vor ihrem Atelier hoch über dem See. Die Malerin kommt gerade aus Leipzig zurück, ihrer Geburtsstadt, wo sie ihre aktuelle Ausstellungseröffnung begleitete. In einem Modeatelier hängen etliche ihrer Frauenporträts, für die sie bekannt ist.

Ein Dach über dem Kopf

Quelle: kunstgalerie-tegernsee.de

„Alle Frauen malen Blumen – du machst was anderes, was Eigenes.“ Das war ihr Ansinnen, als sie sich in jungen Jahren für die Kunst entschied.

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Zwischen 1942 und 1947 widmete sie sich dem Studium der Zeichenlehre und der Malerei an der Kunstgewerbeschule, parallel dazu besuchte sie die Goldschmiedeklasse und erkannte ihre Leidenschaft für die Emailmalerei.

1947 traf sie ihren späteren Mann Herbert in der Klasse von Professor Max Schwimmer. Im Jahr darauf entflohen die beiden in einer spektakulären Fluchtaktion dem Mauerbau in die Bundesrepublik.

„Wir wollten ein Dach über dem Kopf und ein Atelier“, erinnert sich Gisela Beck. Eigentlich wollte sich das Paar am Tegernsee nur von den Strapazen der vergangenen Zeit erholen und zur Ruhe kommen. Daraus wurde eine neue Heimat.

Herbert Beck nutzte jede Möglichkeit, um die kleine Familie über Wasser zu halten. Sogar Akkordeonspielen kam infrage.

Nicht schön im eigentlichen Sinne

Als das künstlerische Talent von Herbert Beck entdeckt wurde, wurde er im Laufe der Zeit zu einem gefragten Künstler mit einer anerkannten internationalen Karriere. Gisela verzichtete zugunsten ihrer drei Kinder und ihres Mannes viele Jahre auf eigene künstlerische Arbeit. 1994 nahm sie ihr Wirken wieder auf.

In ihrem Atelier hoch über dem See finden sich Beispiele aus ihrem Schaffen, die den meisterlichen Umgang mit Farbe dokumentieren. In allen Ecken stehen sie. Auch in etlichen Katalogen sind sie abgebildet: Die Aquarelle – nicht immer schön im gebräuchlichen Sinne, aber bestechend durch ihre leuchtenden Farben und die eigenwillige Frische.

Jedes Bild gemalt an einem Tag. Weil Aquarellfarbe schnell trocknet. Gemalt ist gemalt. Da gibt es kein Pardon. Da ist zum Beispiel eine laszive Französin. Oder eine glutvolle Spanierin. Oder „Josephine“, das Mädchen mit der Hochsteckfrisur und den Mandelaugen.

Frauen aus den unterschiedlichsten Kreisen – von Arbeiterinnen bin hin zu Hausfrauen, Künstlerinnen oder Passantinnen auf der Straße –, gemalt von Gisela Beck aus ihrer Erinnerung heraus. Direkte Vorlagen braucht sie nicht. Sobald die Frauen aufs Aquarellbild gebannt sind, fangen sie an, Menschen zu berühren. Einerseits lassen sie Spielraum für Interpretation und Fantasie. Andererseits wirken sie fein umwoben vom geheimnisvollen Hauch der Einzigartigkeit.

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