Gastgeber im Tal sind gefragt

“Wer nichts wird, wird Wirt”, so ein altes Sprichwort. Ebenso negativ behaftet wie dieser Spruch ist der Ruf der Gastronomie als Arbeitsplatz. Viele Gaststätten und Hotels haben damit zu kämpfen. Sie sind auf der Suche nach Mitarbeitern, die vor allem eins sein wollen: Gute Gastgeber.

Kaltenbrunn Biergarten erster Tag
Das Gut Kaltenbrunn sucht immer Personal. Insgesamt gibt es derzeit 44 von 116 Stellenausschreibungen alleine in der Gastronomie.

116 Jobs sind derzeit auf www.oberland-jobs.de für das Tegernseer Tal, Holzkirchen und den Landkreis Miesbach ausgeschrieben. Firmen suchen in den unterschiedlichsten Sparten. Am meisten wird aber in der Gastronomie gesucht – in Bars, Restaurants und Hotels.

Zugegeben: Als Kellner, Bartender oder Koch zu arbeiten, ist kaum vergleichbar mit einer Anstellung in einem Rathaus, wo man punkt 17 Uhr den Stift fallen lässt, und freitags schon um 12 Uhr ins Wochenende geht. In der Gastronomie arbeitet man dann, wenn andere Feierabend haben, Urlaub machen und wenn feiern wollen.

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“Keine Lust, zu arbeiten”

Die Aufgabe, Gastgeber zu sein, ist anspruchsvoll: Immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen und auch bei ungerechtfertigten Beschwerden der Kunden freundlich bleiben, egal wie müde man ist und egal wie stark die Füße schmerzen. In der Küche herrschen zudem meist Stress, Zeitdruck und oft genug ein rauher Umgangston. Ein Traumjob sieht für viele anders aus.

Diese Erfahrung hat beispielsweise Schorsch Weber vom Gasthaus Jennerwein in Gmund gemacht. Er sucht seit einiger Zeit Servicekräfte zur Aushilfe und ist enttäuscht: “Im Moment ist es schwierig, geeignete Leute zu finden”, so Weber. Die Leute hätten keine Lust, in der Gastronomie zu arbeiten – vor allem wegen der Einsätze an Wochenenden, abends und an Feiertagen. Ähnliches hat Christina Fischhaber aus Kreuth festgestellt. Für ihr Batznhäusl sucht sie noch einen Koch.

Vollgas, zur Not mit Einschränkungen

Mit dem bestehenden Personal habe sie bisher immer Glück gehabt, sagt Fischhaber. Da habe einfach alles gepasst. Einer der Angestellten pendelt sogar von Schliersee zur Arbeit nach Kreuth: “Lange Anfahrtswege wollen heute aber nur wenige”, sagt sie. Auch Weber ist zufrieden mit seinen Angestellten. Die meisten von ihnen hätten in der Gastronomie gelernt:

Die haben eine ganz andere Einstellung zu dem Job.

Auch wenn gerade Personal fehlt: “Wir geben weiter Vollgas”, sagt Weber. Es könne aber passieren, dass man Angebote teilweise zurückfahren müsse, kündigt er an. Fischhaber wird da konkreter: Der Biergarten werde derzeit nur aufgesperrt, wenn genug Bedienungen da sind. Ansonsten können sich die Gäste drinnen in die Stube oder draußen auf die Terrasse setzen.

Nur wenige wollen heute noch Koch werden: Lange Arbeitszeiten und Stress in der Küche schrecken viele von dem Beruf ab. Foto/Archiv
Nur Wenige wollen heute noch Koch werden: Lange Arbeitszeiten und Stress in der Küche schrecken viele von dem Beruf ab / Archivbild

Manche gehen dann auch wieder. Aber den Biergarten nur sporadisch zu öffnen, das gehe eigentlich nicht, so Fischhaber. Für die Kreutherin bedeutet der Ausfall des Biergartens auch Umsatzeinbußen. Knapp 2.000 Euro weniger seien es am Tag, wenn der Biergarten geschlossen ist, schätzt die Wirtin.

Anders sieht es derweil im Biergarten “Gut Kaltenbrunn” und im Hotel “Das Tegernsee” aus. Auch hier werden Mitarbeiter gesucht: Das Tegernsee hat sieben Jobs ausgeschrieben, das Gut Kaltenbrunn drei. Hier werden vor allem ausgebildete Köche gesucht: Ein Commis de Cuisine – oder Jungkoch – ein Chef de Partie und ein Demichef de Partie – ein Postenchef und dessen Stellvertreter.

Mitarbeitersuche nicht außergewöhnlich

“Wir haben ausreichend geeignete Bewerber”, sagt Jürgen Welte, Pressesprecher im Gut Kaltenbrunn. Dass derzeit viele Stellen ausgeschrieben sind, sei normal: “Wir suchen ständig Mitarbeiter. Lieber haben wir drei Servicekräfte zu viel als zu wenig.” Auch Thomas Baumgartner, Pressesprecher im Hotel “Das Tegernsee” findet keinen Grund zur Beschwerde: “Bei einem Mitarbeiterstab zwischen 100 und 120 Personen sind sieben Ausschreibungen nicht viel.”

Engpässe gebe es nur, wenn Mitarbeiter überraschend krank werden, oder kurzfristig kündigen. “Dann muss man reagieren”, so Baumgartner. Doch der Biergarten bleibe deshalb nicht zu. Nur eine Ausnahme habe es bislang gegeben, als mehrere Servicemitarbeiter gleichzeitig krank geworden sind, sagt er. Im Gut Kaltenbrunn bedeutet ein solcher Ausfall lediglich etwas mehr Arbeit für die übrigen Kollegen, sagt Welte:

Wir haben einen recht niedrigen Schlüssel, sodass wir das Fehlen leicht ausgleichen können. Dann kümmern sich die Bedienungen eben um sieben Tische, statt um fünf.

Zudem sei die Gastronomie stets von starken Schwankungen geprägt, sagt Welte. Mehrere Jahre in einem Unternehmen zu arbeiten sei in dieser Branche unüblich: “Viele Köche wechseln in eine andere Küche, um sich weiterzubilden”, weiß er. Doch bei allem Optimismus ist beiden bewusst, welchen Ruf die Arbeitsplätze in der Gastronomie genießen.

Die Ausbildung – egal ob in der Küche oder im Service – sei anstrengend. Die Arbeitszeiten sind lang und meist abends, am Wochenende, an Feiertagen: “Die Gastronomie hat sich ihren schlechten Ruf in den vergangenen Jahren selbst erarbeitet”, sagt Baumgartner sogar. Positivbeispiele wie Jamie Oliver und Tim Mälzer hätten da nur wenig geholfen: “Wir wissen davon und wir arbeiten gegen diesen Ruf an.”

Arbeit mit Ausblick: Der Biergarten im Das Tegernsee.
Arbeit mit Ausblick: Der Biergarten im Das Tegernsee.

Denn die Arbeit macht auch Spaß, wissen die Gastronomen. “Wenn das Team gut zusammen arbeitet, findet man dort gut Anschluss”, sagt Fischhaber. Das Tegernsee hat zudem für seine Belegschaft ein Gesundheitsprogramm eingeführt, erklärt Baumgartner: “Es gibt eine gesunde Kantine und eine Gesundheitsecke.” Zusätzlich können die Mitarbeiter außerhalb der Öffnungszeiten die Angebote im Spa-Bereich nutzen. Das werde gut angenommen, so Baumgartner weiter. Bei den Mitarbeitern soll dies vor allem eine Wirkung entfalten:

Am Ende des Tages erwarten die Gäste, die ja viel Geld bezahlen, einen erstklassigen Service. Dafür ist die fachliche Kompetenz der Mitarbeiter die Grundlage.

Und das, so der Hotelmanager, werde auch abgerundet durch ein offenes Wesen und ein ehrliches Lächeln. Eben der typischen Qualitäten eines guten Gastgebers.

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