Gemeinsam mit den Nadeln klackern

Handarbeit als Hobby ist zurück. Vor allem Frauen – aber auch vereinzelt Männer – lassen mittlerweile regelmäßig bei öffentlichen Strick- und Handarbeitstreffen die Nadeln klackern und die Maschen wachsen.

Doch woher kommt sie, die wiedergewonnene Wolllust? Wir waren auf Spurensuche im Rottacher Mehrgenerationenhaus.

Gemeinsam mit den Nadeln klackern

Elf strickbegeisterte Frauen sitzen um einen großen Tisch herum. Vor jeder liegt ein Wollknäuel auf dem Tisch, bei den meisten steht daneben eine Kaffeetasse. Dazu Wolle in unterschiedlichsten Farben, Strickzeitschriften, handgeschriebene Zettel, eine große Kaffeekanne und ein angeschnittener Kuchen. „Nein, einen Mann gibt es bisher noch nicht in unserer Runde“.

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Angefangen hatte alles vor ungefähr einem Jahr. Zwei Besucherinnen aus dem Generationentreff stellten ihre Idee eines Handarbeitstreffs zur Diskussion. Leiterin Katrin Lutz zeigte sich sehr angetan von der Idee und nahm den „Strick- und Häkelkaffee“ mit ins Programm auf.

Passte dies doch genau ins Konzept des Caritas-Begegnungszentrums: die Förderung des Miteinanders und den Austausch untereinander. Alleine stricken war gestern – heute wird gemeinsam mit den Nadeln geklackert.

Stricken galt eine Zeit lang als unmodern

Während Mitte der 80er Jahre Jahre Frauen, die nicht strickten, geradezu belächelt wurden, war diese Handarbeit im vergangenen Jahrzehnt fast von der Bildfläche verschwunden. Früher wurde die Strickkunst von Generation zu Generation weitergegeben, doch irgendwann galt es als unmodern.

Heuzutage genießt es wieder einen wahren Siegeszug. Warum die Nadeln aber auch heute noch fest in weiblicher Hand sind, ist fast unerklärlich. Nach einer Thorie stammt das Stricken nämlich von norwegischen Anglern, die ihre Fischernetze anfertigen mussten.

Stricken scheint erwisenermaßen zu entspannen, sieht man sich die glücklichen Gesichter der Damen in der Runde an. „Wir haben uns gesucht und gefunden“, sind sich die 65- bis 80-Jährigen einig. Die Handarbeit hat etwas Beruhigendes, fast Meditatives: zwei Hände, die immer im gleichen Rhythmus den Faden über die Nadel schwingen und Masche für Masche aus einem Wollknäuel Socken, Schal, oder Pulli entstehen lassen.

Die Abnehmer kommen derweil noch aus dem engen Familienkreis: Ehemann, Kinder, Enkel – oder man selbst. Einige der Strickjüngerinnen sind bei der Arbeit vollkommen in sich gekehrt, haben nur ihre Nadeln im Blick. Die meisten jedoch suchen den Austausch zur Sitznachbarin oder unterhalten sich quer über den Tisch hinweg.

Plötzlich blickt einer der Strickerinnen, Molly, erfreut auf und zeigt Stolz ihren fertigen Zopfpulli in die Runde. Die vergangenen Monate hatte sie sich vor allem diesem Teil gewidmet.

Wobei sie auch gern zwischen zwei Modellen hin- und herwechselt. In ihrem Kopf entsteht bereits ein weißer, wolliger Poncho. Die Skizze dazu liegt auf dem Heft mit der Strickanleitung. Auch die Maschenprobe – das Auszählen, wie viele Maschen man mit welcher Wolle für welche Kleidergröße anschlagen muss – scheint gelungen zu sein.

Dazulernen durch Austausch

„Die Denkarbeit machen wir zuhause,“ sagt Molly. Wegen der Ruhe, die man dafür braucht. Die praktische Arbeit erfolgt mittwochs während der Treffen. Denn hier findet man immer jemanden, der einem hilft, wenn Probleme auftauchen.

Während des Strickens schenken die meisten Frauen dem, was ihre Hände da gerade in Windeseile fabrizieren, kaum Beachtung. Während sie ihrem Gesprächspartner unablässig in die Augen schauen, reihen sich wie bei einer Maschine die Maschen an ihren Nadeln halbsekündlich aneinander – schnell und trotzdem elegant. Fast alle scheinen, in dem was sie tun, Profis zu sein.

Trotzdem wollen sie alle dazulernen. Sich immer wieder neue Traummodelle erfüllen. Den Wunsch nach Individualität befriedigen, nach eigenen Stücken, die es nicht von der Stange zu kaufen gibt. „Metropolitan – City Outfits, alles ist feminin, weich und modisch, perfektes Styling von Kopf bis Fuß“ ist in der aufgeschlagenen Handarbeitszeitschrift zu lesen. Molly macht sich so gleich an ihr nächstes Meisterwerk, den weißen, wolligen Poncho.

Strickanleitungen sowie –ideen unter:
www.strickanleitungen-kostenlos.de
www.brigitte.de/wohnen/selbermachen/stricken-lernen-520379/
www.online-garne.de/index.php?site=service&id=50
www.rebecca-online.de/
www.garnstudio.com/lang/de/kategori_oversikt.php

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