In der Zwischenzeit waren Bürgermeister Peter Janssen jedoch Zweifel gekommen. Denn durch die Entscheidung wäre ein viel höheres Aufkommen von Nachtfahrten nötig gewesen. Das wollte der Stadtrat nicht verantworten.
Damit Engpässe bei Bierlieferungen vermieden werden, will die Herzogliche Brauerei schon seit Längerem ihre Abfüllmenge am Standort Tegernsee erhöhen. Dementsprechend sollen dadurch auch mehr Lastwagen in Richtung Gmund aufbrechen.
Das Ziel: mehr Bier, mehr Lagerfläche und deutlich mehr Platz für den Abtransport des Endproduktes. Zukünftig könnte es für die Brauerei daher nötig werden, auch während der Nachtruhe Lastwagen nach Gmund und zurück zu schicken.
Bauausschuss will Expansionsplänen nicht im Weg stehen
Bürgermeister Peter Janssen erklärte die Vorgeschichte der Expansionspläne in der gestrigen Stadtratssitzung. An der bestehenden Füllerei soll ein Anbau errichtet werden, der den Innenhof zum Schloss hin fast zur Gänze hätte verschwinden lassen. Zusätzlich sind die Errichtung großer Gärsilos sowie ein neues Gebäude – anstatt des heute existierenden Trafohäuschens – geplant. Der Innenhof sollte überdacht werden, sodass eine Lastwagendurchfahrt entsteht.
Der Bauausschuss wollte den Plänen in der Vergangenheit nicht im Wege stehen. Beim Landratsamt als Genehmigungsbehörde stand man dem Ganzen aus Denkmalschutzgründen jedoch nicht so aufgeschlossen gegenüber. Deshalb kam in der jüngsten Bauausschusssitzung am 26.11. ein Kompromiss auf den Tisch, der eine vermeintliche Lösung bringen sollte.
Kompromiss hat seinen Preis
Aus geplanten drei Lastwagenspuren könnte man eine machen, diese sollte dafür komplett eingehaust werden. Einen „Preis“ für den Kompromiss müsste die Stadt bei diesem Kompromiss allerdings in Kauf nehmen: eine Ausnahme vom Nachtfahrverbot in der Zeit zwischen 22:00 und 24:00 Uhr sowie zwischen 04:00 und 06:00 Uhr morgens – so forderte es zumindest die Brauerei.
Denn nur so könnte in der Zukunft die gewünschte Menge transportiert werden. In der Zwischenzeit waren dem Bürgermeister jedoch starke Zweifel gekommen, wie er den Stadtratsmitgliedern berichtete. Zu viele Bürger würden durch die Nachtfahrten gestört, mutmaßte er. „Das Nachtfahrverbot hat eine Schutzfunktion für Anwohner“, mahnte er. Dabei sei es nicht nur der Lärm, sondern vielmehr auch die Erschütterungen durch die schweren Lastwagen, die die Bürger aus dem Schlaf reißen.
Eine Ausnahme vom Nachtfahrverbot sollte sich auf dringende Fälle beschränken. Bisher seien im Tal zehn Ausnahmeregelungen erteilt worden. „Durch die geplanten Fahrten des Brauhauses würde sich dieses Aufkommen fast verdoppeln“, erklärte Janssen.
Nicht zu vernachlässigen seien auch der erhebliche Rangieraufwand durch die rückseitig aneinanderstehenden Fahrzeuge und der damit verbundene Lärm. Zudem könnte man mit einer Ausnahmeregelung einen Präzedenzfall für weitere Firmen schaffen, die dann ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung fordern könnten.
Tourismus geht vor Brauerei
Dies wollte man auch im Stadtrat verhindern. Zwar ist man sich im Stadtrat der Wichtigkeit bewusst, den noch übrigen Teil der Bierproduktion in Tegernsee zu halten und deshalb Kompromisse einzugehen. Gleichwohl wollte man das Nachfahrverbot dafür nicht derart beschneiden.
So machte Norbert Schußmann darauf aufmerksam, dass es – zusätzlich zum Schutz des Denkmals – auch das „Schutzgut Mensch“ gäbe. „Wir haben nicht nur Anwohner, sondern auch Beherbergungsbetriebe“, mahnte er.
Thomas Mandl schlug in dieselbe Kerbe. Ähnlich wie Schußmann sieht er die Lebensqualität durch die Nachtfahrten gestört. „Es gibt höhere Güter zu schützen als eine Brauereitätigkeit.“
Brauerei muss neuen Kompromiss finden
Und auch für Dr. Martina Niggl-Fisser „steht völlig außer Frage, das zu riskieren“. Sie machte darauf aufmerksam, dass Tegernsee in erster Linie ein Tourismusort sei. „Im schlimmsten Fall gibt es dann eben kein Tegernseer, sondern Gmunder Bier“, meinte Niggl-Fisser.
Schließlich einigte man sich darauf, den Beschluss aus dem Bauausschuss wieder aufzuheben. Dennoch kann die Brauerei mit ihren Expansionsplänen beginnen. Ein Kompromiss mit der Denkmalschutzbehörde über die Anzahl der Ladespuren müsste jedoch im Nachhinein noch eingereicht werden.
Erst dann kann eine endgültige Entscheidung gefällt werden. Für Bürgermeister Janssen die richtige Entscheidung: „Die Gesundheit geht hier vor Denkmalschutz.“
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