4000 Blitze über den Landkreis
Gewittermonster dreht frei

Eine gigantische Gewitterfront zog gestern über den Landkreis Miesbach. Blitze zuckten über dem Wallberg und Donner rollte über das nächtliche Land. Wir haben unseren Wetterfrosch mal um eine Erklärung gebeten.

Es deutet sich schon gegen 20 Uhr an. Wie so oft in den letzten Tagen ist es tagsüber sehr heiß und zuweilen auch stickig. Am späten Nachmittag gießt es dann aus Kübeln. Gestern lässt das Gewitter auf sich warten – dann lädt es mit besonders schlechten Laune zur Party.

Warnungen vom Deutschen Wetterdienst

Der Deutsche Wetterdienst warnte bereits mit der höchsten Stufe. Und prompt tobte das Monster über den Nachbar-Landkreis, rund um Weilheim: Dort kollidierten fast zeitgleich zwei Züge, denen ein Baum plötzlich im Weg war: einmal zwischen Weilheim und Tutzing, einmal auf der Strecke Penzberg-Tutzing. Um die 400 Fahrgäste mussten evakuiert werden. Dann “besucht” das Gewittermonster unseren Landkreis. Uneingeladen. Was war da oben los? “Wetterfrosch”, Hans Wildermuth, kennt sich auch mit Gewittermonstern aus.

Messbare Elektrizität

“Blitze können heutzutage leicht geortet werden, dazu werden Radiosignale ausgewertet, welche der Blitz aussendet. Dabei kann nicht nur der Ort auf 50 m genau bestimmt werden, sondern auch die Stromstärke. Dieses System wird von Siemens betrieben.”

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“Auf der Karte sind die Blitze von Sonntagabend innerhalb einer halben Stunde dargestellt. Das Gewitter war heftig und lieferte 3994 Blitze in diesem Zeitraum, das ist sehr viel. Wolkenblitze sind als Punkte, Erdblitze als Kreuze dargestellt. Es fällt sofort auf, dass die Erdblitze bei weitem in der Minderheit sind (Quelle: Kachelmannwetter).”

Zum bayerischen Sommer gehören Gewitter. Das ist hier im Alpenvorland nichts Neues. Aber hat die Häufigkeit von Blitzen zugenommen? Hans Wildermuth kann das nicht bestätigen: “Eine Aussage über die statistische Verteilung der Blitzäufigkeit im Tegernseer Tal ist meines Wissens nach nicht möglich. Die langjährigen Auswertungen finden fast immer auf Kreisebene statt.” Beispielhaft hier eine (nicht allzu aktuelle) Karte von Siemens:

Der Blitz-Informationsdienst von Siemens nutzt Messstationen quer durch Europa und erfasst seit Anfang der 90er Jahre die Daten von Blitzeinschlägen. Quelle: Blitz-Informationsdienst.

Da wir nicht gut im Kartenlesen sind, gibt der Wetterfrosch aus Schaftlach uns eine kleine Einordnung: “Die Karte zeigt die Blitzeinschläge pro Fläche auf Kreisebene 1999-2013. Das wird auf aktuellen Karten nicht viel anders aussehen. Auf jeden Fall liegen wir hier am Alpenrand mit an der Spitze der Regionen mit den häufigsten Blitzeinschlägen. Das liegt am Einfluss der Berge, die günstigere Bedingungen für Gewitterbildung liefern. Daher dürfte auch in den Bergen die Blitzschlaghäufigkeit größer sein als im Vorland.”

Jetzt noch ein Klassiker: Drehen sich Gewitter eigentlich?

Wildermuth lacht. Aber er weiß, was wir meinen: “Besonders Hitzegewitter bilden sich an Ort und Stelle, toben sich aus und lösen sich dann wieder auf. Bei der Bildung wachsen sie in alle Richtungen, auch manchmal entgegen der allgemeinen Strömung in der Atmosphäre oder bekommen seitliche Ableger. Daher entsteht oft der Eindruck “ein Gewitter kommt zurück”, “das Gewitter dreht sich”, oder es “springt von einem Tal ins andere”. Nur ganz große Gewitterzellen entwickeln eine Eigenrotation wie Tiefdruckgebiete, die sind aber um die 100 km im Durchmesser.”

Wieder etwas gelernt: zum Abschluss noch ein wenig Blitz-Wissen:

Blitzkunde:

Wie stark sind die Teile eigentlich?
Die Stärke eines Blitzes wird in Stromstärke, also Ampere gemessen und beträgt im Mittel 30. 000 Ampere. Bei so großen Werten wird gerne in Kilo = Tausendmal angegeben, also 30 kA.

Und was haben sie für eine Spannung?
Für die Spannung, in Volt, gibt es einen groben Wert, ab dem Blitze entstehen, der liegt bei einigen zehn Millionen Volt, das wären dann einige 10 000 kV.

Und heiß wird die Sache auch?
Der Strom fließt allerdings nur ganz kurz im Millisekundenbereich, damit ist die Leistung (Energie pro Zeit) zwar irre hoch, aber die Energie, die bei einem Einschlag am Boden ankommt, hält sich in Grenzen, etwa 28 kWh. Trotzdem kann die Temperatur innerhalb eines Blitzes bis 30. 000 °C betragen, immerhin fünfmal heißer als die Temperatur der Sonnenoberfläche. Kein Wunder, dass es dabei zu einer Explosion der erhitzten Luft kommt, was im Donner mündet.

Wir müssen die Frage nach der Länge stellen
hüstel:
Die Länge eines Blitzes beträgt bei uns einen bis sieben Kilometer, weltweit wurden schon Blitze mit 321 km Länge gemessen, die verbinden dann einzelne Gewitterzellen miteinander.

Aber die allermeisten Blitze kommen ja gar nicht zu uns auf die Erde?
Die meisten Blitze bleiben in der Atmosphäre und gehen von Wolke zu Wolke, daher auch Wolkenblitze genannt. Der typische Donner eines Wolkenblitzes ist langanhaltend, rollend und den Himmel überziehend. Wenn der Blitz in hohen Luftschichten stattfindet, wo ein geringer Luftdruck herrscht, ist es mehr ein Raunen und Grummeln, was “über den Himmel fliegt”.

Wie erkennt man denn Erdblitze, also die, die zu uns kommen und Menschen auf Fußballplätze zum Beispiel “elektrisieren”?
Erdblitze sind kürzer und viel seltener, der Donner ist mehr knallend, kürzer und lauter als bei Wolkenblitzen.
Unter dem Strich sieht man viel mehr Blitze, oder deren Leuchten, als man Donner hört.

Warum können wir eigentlich so viele Blitze mittlerweile punktgenau orten?

Blitze können heutzutage leicht geortet werden, dazu werden Radiosignale ausgewertet, welche der Blitz aussendet. Dabei kann nicht nur der Ort auf 50 m genau bestimmt werden, sondern auch die Stromstärke. Dieses System wird von Siemens betrieben.



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