Jetzt melden sich die Politiker zu Wort: FWG-Landtagsabgeordneter Florian Streibl gibt dem Kultusministerium die Schuld.
In einer Pressemitteilung von Sonntag fährt Florian Streibl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, eine scharfe Attacke gegen das Kultusministerium. Es habe, so Streibl, in der Vergangenheit viel zu wenig berücksichtigt, welche Folgen die Gründung neuer Schulen für die bisherigen Schulstandorte hat.
Dass das Tegernseer Gymnasium für das kommende Schuljahr nur 56 Neuanmeldungen – und damit 90 weniger als bisher – zählt, sei die Schuld der Behörde unter Kultusminister Ludwig Spaenle. Damit führe das Ministerium seine Grundaussage, dass eine neugegründete Schule eine bestehende nicht gefährden dürfe, ad absurdum.
„Wenn ein Unternehmen in der freien Wirtschaft einen solchen ‘Umsatzeinbruch’ realisieren muss, ist der Fortbestand eines solchen Unternehmens massiv gefährdet. Die Zahlen des Gymnasiums Tegernsee belegen eines: Dieser bedeutende Gymnasialstandort ist gefährdet und an dieser Entwicklung ist Kultusminister Ludwig Spaenle schuld“, meint Streibl.
Ministerium reagiert auf Kritik
Der Abgeordnete aus dem Stimmkreis Oberammergau wirft der Behörde daher schwere Planungsfehler vor, die nun auch die Zukunft des Gymnasiums Tegernsee gefährden könnten. Die Befürchtung Streibls rührt auch aus einem sich generell abzeichnenden Problem – nämlich, dass bei der Bildungspolitik der ländliche Raum vernachlässigt wird:
Ich habe große Sorge angesichts der Entwicklungen der Schullandschaft jenseits des engeren Dunstkreises der bayerischen Metropolen. Wenn die Staatsregierung hier nicht entgegensteuert, dann werden wir in den nächsten Jahren einen massiven Domino-Effekt bei Grundschulen und bei weiterführenden Schulen erleben. Wie ein Stein nach dem anderen fallen ländliche Schulen der derzeitigen Bildungspolitik zum Opfer. Dazu muss der Staat Gelder bereitstellen, um auch kleine Schulstandorte zu bewahren.
In einer Stellungnahme betont das Kultusministerium, dass man bei der Genehmigung für das Holzkirchner Gymnasium sehr wohl überprüft habe, welche Auswirkungen dies für das Gymnasium Tegernsee habe. Dabei weist eine Sprecherin auch auf das richtige Verständnis der Anmeldezahlen hin: Dass die Anmeldungen im Vergleich zum Vorjahr so drastisch zurückgegangen seien, liege demnach auch daran, dass in Tegernsee eine Vorläuferklasse für das Holzkirchner Gymnasium eingerichtet worden sei.
Generell gelte für das Ministerium: „Gleichwertige und wohnortnahe Bildungsangebote auf dem Land und in der Stadt sicherzustellen und weiterzuentwickeln, ist ein wesentliches Ziel bayerischer Bildungspolitik. Gerade deshalb werden Schulneugründungen allerorts ermöglicht, wenn ein entsprechender Bedarf vorhanden ist, und eine Bestandsgarantie für kleine, rechtlich selbständige Grundschulstandorte ausgesprochen, wo Eltern und Gemeinden dies wünschen.“
Alles halb so wild?
Ganz so dramatisch sehen das Streibls Parteifreunde aus dem Landkreis nicht. Handlungsbedarf erkennen aber auch sie. „Es ist natürlich klar, dass durch das Holzkirchner Gymnasium in Tegernsee jetzt Schüler wegfallen. Viele kamen ja aus dem Norden und mussten hin- und herfahren“, meint FWG-Kreissprecher Norbert Kerkel.
Die Entscheidung, in Holzkirchen ein Gymnasium zu bauen, hält Kerkel für richtig. Dass es damit mehr und mehr Schüler nach München zieht, befürchtet er nicht. „Klar ist aber auch, dass man in Tegernsee etwas unternehmen muss, um den Standort zu sichern. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass man dort einen neuen musischen Zweig einrichtet, der das Profil des Tegernseer Gymnasiums schärft.“
Das sieht der Tegernseer FWG-Sprecher Andreas Obermüller ähnlich: „Ich bin der Meinung, dass das Tegernseer Gymnasium wegen traditioneller und regionaler Gründe erhalten bleiben muss. Allein schon, weil man den Kindern keinen so langen Schulweg zumuten sollte.“ Ob das Kultusministerium Fehler bei der langfristigen Planung gemacht hat, vermag Obermüller nicht zu sagen. In jedem Fall sei eine „sinnvolle Entscheidung über den Fortbestand“ zu treffen.
Nur das Tegernseer Gymnasium bietet sprachlichen Zweig
Im Landratsamt sieht man die Situation gelassen und verweist auf die Vorzüge der beiden Standorte. Allein die hohe Schülerzahl im Landkreis mache die Koexsitenz zweier Gymnasien erforderlich. Zudem seien die Schwerpunkte beider Schulen sehr unterschiedlich: Während sich das neue Holzkirchner Gymnasium eher an Naturwissenschaftler richtet, bietet nur das Gymnasium Tegernsee einen sprachlichen Zweig mit Englisch, Französisch und Spanisch als Sprachfolge.
Darüber hinaus sei man in Tegernsee im kulturellen und musischen Bereich sehr gut aufgestellt. „Die Schülerinnen und Schüler im Landkreis sind in der glücklichen Lage, je nach Neigung und Eignung die Schule mit dem passenden Angebotsprofil auszuwählen“, heißt es aus dem Landratsamt. Und nicht zuletzt wolle sich auch Landrat Wolfgang Rzehak persönlich für das Tegernseer Gymnasium einsetzen – schließlich war er selbst Schüler dort.
Ein Schülerheim als Rettungsanker
Derweil geht im Hintergrund die Arbeit am Konzept für ein Schülerheim weiter. Wie mehrfach berichtet macht sich vor allem der Tegernseer Elternbeirat für das erweiterte Ganztagesangebot stark. Damit der Zug auch tatsächlich eine langfristige Auslastung bekommt, soll am Gymnasium eine Art Internat für 50 bis 60 Schüler entstehen.
Bereits vor einem Jahr erklärte der Vorsitzende des Elternbeirates, Christoph Scholz, dass man an dem Plan arbeite. Die größte Herausforderung: ein geeignetes Objekt zu finden, das den Ansprüchen genügt. Dazu zählt die Nähe zur Schule und zuätzliches Personal. Trotzdem betonten Scholz und Direktor Werner Oberholzner, dass „das Gymnasium selbst keine Immobilie wird erwerben können.“ Die einzige Möglichkeit wäre damit, dass entweder ein privater oder öffentlicher Träger das Ganze mittragen muss.
Nun soll endlich ein Finanzierungsplan aufgestellt und die Suche nach einem Träger für das Schülerheim forciert werden. Erst wenn das geklärt ist, will die Stadt Tegernsee ihre Bemühungen um ein Gebäude wieder aufnehmen. Bereits vor einem Jahr hatte es dazu erste Überlegungen gegeben. So war das Haus Schönblick im Gespräch. Das gehört zwar der noch nicht der Stadt, doch der damalige Bürgermeister Peter Janssen erklärte: „Wir haben diesbezüglich bei der Deutschen Rentenversicherung Interesse an einem Erwerb des Hauses Schönblick bekundet. Dort könnte also in den nächsten Jahren ein Schülerheim entstehen.“
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