Tegernseer Almdorf nimmt letzte Hürde

Aktualisierung vom 20. März / 17:27 Uhr
Heute wurde im Kreistag endgültig über das Almdorf entschieden. Doch da bereits vor vier Wochen im Kreisausschuss das Thema ausführlich behandelt wurde, gab es heute für die Abgeordneten nur wenig Diskussionsbedarf.

Somit haben sich die Befürworter des Projektes schlussendlich durchgesetzt. Es steht also fest: Das Almdorf kommt.

Auf dem Grundstück der Bergschwalbe wird bald das Almdorf entstehen

Der Fachbereichsleiter für Natur- und Uweltschutz des Landratsamtes Herbert Lenz vertritt die Auffassung, die Herausnahme des knapp einen halben Hektar großen Grundstücks aus dem Landschaftsschutzgebiet sei aus aus Sicht unbedenklich.

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Grundstück schon vorbelastet

„Das Grundstück ist bereits vorbelastet und nicht besonders groß“, so Lenz` Einschätzung vor vier Wochen im Kreisausschuss. Somit gebe es keine wesentlichen Gesichtspunkte, die die Schutzwürdigkeit des Landschaftsschutzgebietes gefährden würden.

Zudem würde das Grundstück auf einem Plateau liegen, sodass es auch von der Sichtbarkeit her keine Probleme gäbe. „Fast hätte ich gesagt, es ist gut getarnt“, scherzte Lenz. Zwar gebe er zu, dass die Bebauung relativ dicht sei, doch dies sei Sache der Stadt Tegernsee. Somit gäbe es aus seiner Sicht keine Gründe, die dagegen sprechen würden.

“Salami-Problematik”

Dem widersprach Wolfgang Rzehak (Grüne) aus dem Gmunder Gemeinderat vor vier Wochen jedoch vehement. Er werde einer Herausnahme des Grundstücks aus dem Landschaftsschutzgebiet in keinem Fall zustimmen.

Der Verkehr dort oben sei jetzt schon schlimm. Wenn dort noch ein Hotel hinkäme, würde es wohl zu einem Verkehrschaos kommen. In die selbe Kerbe schlug heute auch der Wiesseer Gemeinderat Bernd Kuntze-Fechner (SPD): “Bei der Nähe zum Wanderparkplatz wird es da Probleme geben.”

Außerdem sei die wiederholte Herausnahme von Grundstücken aus dem Landschaftsschutzgebiet ebenfalls nicht wünschenswert und er könne dem nicht zustimmen. “Ich nenne das mal Salami-Problematik”, so Kuntze-Fechner.

Karikierte Kultur

Bereits bei der Kreisausschuss-Sitzung am 20. Februar bezeichnete Irmi Ammer (SPD) das Vorhaben als Karikatur und meldete ihrerseits Bedenken an. Sie habe in der Vergangenheit schon öfters für die Herausnahme von Grundstücken gestimmt, da den Gemeinden oftmals nichts andere übrig bliebe. Hier sehe dies jedoch nicht als gegeben an. Zudem gefalle ihr das Konzept das Almdorfes überhaupt nicht:


Wenn wir alles künstlich nachbauen, dann karikieren wir damit unsere eigene Kultur.

Das Almdorf wurde heute durch den Kreistag mit einer Mehrheit von 38 zu 15 Stimmen angenommen. Damit ist nun der Weg zur Realisierung des Projektes endgültig frei.

Ursprünglicher Artikel vom 06. Februar mit der Überschrift: “Heidiland wird kommen”

„Heidiland“, „Disneyland“, das „Almdorf“ – wie man es auch immer nennen mag. Das umstrittene Tegernseer Hotelprojekt wird kommen. Nachdem der Naturschutzbeirat kürzlich mit 3:2 noch äußerst knapp für das Vorhaben stimmte, hatte der Umweltausschuss des Kreistages wenig Probleme damit, rund 4.000 qm Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet herauszunehmen.

Mit einem entsprechenden Antrag der Stadt Tegernsee beschäftigte sich das Gremium in seiner heutigen Sitzung. Denn um die Hotelanlage im Außenbereich bauen zu können, muss die hiesige Landschaftsschutzverordnung geändert werden.

So sieht das Modell des geplanten Almdorfs aus

Mit der Herausnahme werde dem Landschaftsverbrauch weiter „Tür und Tor geöffnet“, so die Befürchtung von Naturschützern. Ein Argument, das im Vorfeld, zumindest im Tegernseer Tal, für viele Diskussionen gesorgt hatte.

Am heutigen Mittwoch dann erläuterte Tegernsees Vize-Bürgermeister Toni Staudacher den Ausschussmitgliedern das Bauvorhaben anhand eines mitgebrachten Modells. Staudacher betonte dessen Bedeutung für den Tourismus in Tegernsee. Diese „sehr schonende Fremdenverkehrseinrichtung“ würde den Ort beleben. Im Übrigen wäre sie vom See aus nicht einsehbar, störe also das Landschaftsbild auch nicht.

Grenzwertige Grundflächenzahl

Herbert Lenz, Fachbereichsleiter Natur- und Umweltschutz in der Behörde, fasste die eingegangenen Stellungnahmen zusammen. Sechs Verbände hatten sich zu dem Vorhaben geäußert. Darunter der Landesbund für Vogelschutz, Bund Naturschutz sowie der Deutsche Alpenverein: alle hatten Bedenken ob der Dichte der Bebauung.

Sieben Ferienhäuser, Appartements, Rezeption, Gastronomie und Tiefgarage sollen auf der Fläche untergebracht werden, was einer Grundflächenzahl von 0,8 entspricht. Diese gibt den Anteil des Baugrundstücks an, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf. Üblich ist eine Grundflächenzahl im Bereich von 0,4. Da das Grundstück jedoch an die benachbarte Siedlung anschließe und auch keine schützenswerten Biotope beinhaltet, könne man die Zustimmung erteilen, so Lenz. Die Einwände des Naturschutzes seien im erforderlichen Maß berücksichtigt worden.

„Da droben ist nicht mehr viel zu zerstören“

Für den Antrag votierten letztendlich 9 Ausschussmitglieder. 3 stimmten dagegen. Die Befürworter, unter ihnen Michael Lechner, Vorsitzender der Waldbauernvereinigung Holzkirchen, versprechen sich durch die Anlage eine optische Verbesserung. „Von der Fläche her ist es nichts weltbewegendes“, taxierte er die 4.000 Quadratmeter, die aus dem Gesamtgebiet herausgenommen werden muss.

Wichtig sei Lechner jedoch, dass man sich rechtlich absichere, so dass die Anlage tatsächlich nur touristisch genutzt werde und die Eigentümer diese nicht später in Eigentumswohnungen umwandeln.

Marinus Weindl war die Entscheidung nicht ganz so leicht gefallen. Er habe den Leitspruch von Landrat Jakob Kreidl beherzigt – Ökologie und Ökonomie abzuwägen. Weindls pragmatisches Fazit: „Da droben ist nicht mehr viel zu zerstören“

„Unsere Aufgabe ist es, die Landschaft zu schützen“

Gegen den Antrag stimmten Thomas Danzer (SPD), Hans Putzer (SPD) und Roland Klebe (Bündnis 90/Die Grünen). Dieser konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen, dass es sich hierbei weder um eine „Alm“ noch um ein „Dorf“ handle. Das sehe definitiv anders aus, führte Klebe ins Feld.

Gleichzeitig verwies er auf die anfallenden Emissionen von Lärm, Abgasen und Licht. „Da droben gibt’s eh schon zu viel Verkehr“, so seine Einschätzung. Ein Landschaftsschutzgebiet hergeben, nur um ein Hotel zu bauen? „Unsere Aufgabe ist es, die Landschaft zu schützen“, stellte er klar. Tegernsee solle sich lieber um naheliegendere Flächen kümmern, etwa die am ehemaligen Krankenhaus oder am Hotel Guggemoos.

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Hans Putzer (SPD). Er bemängelte den Einsatz der Tegernseer für die Einheimischen. „Hier scheint es mir so zu sein, dass für die jungen Tegernseer nichts gemacht wird.“ Er habe sich schlau gemacht und sei zu dem Entschluss gekommen, dass immer die selben zwei bis drei Wohnungen im Internet angeboten werden. In ganz Tegernsee sei nichts zu mieten.

Ich hätte zugestimmt, wenn es um eine Wohnbebauung gegangen wäre. Aber Heidiland – einer solchen Herausnahme kann ich nicht zustimmen.

So gab es von Putzer ein klares Nein. „Hier entsteht eine Almhüttenromantik, wo kein Bauer und keine Sennerin mehr ist.“ Landschaftsschutz ade – Heidiland JA – die endgültige Entscheidung obliegt nun dem Kreistag.

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