Helfer mit Herz

2014 ist viel passiert. Neben dem einen oder anderen „Aufreger“ gab es aber auch viel Positives rund um das Tegernseer Tal. Daher präsentiert die Tegernseer-Stimme-Redaktion die „Aufsteiger“ des Jahres. Unser heutiger Aufsteiger: die Ehrenamtlichen im Einsatz um Asylbewerber.

Dank der vielen freiwilligen Helfer wurden die Tegernseer Asylbeweber gut  aufgenommen.
Dank der vielen freiwilligen Helfer wurden die Tegernseer Asylbeweber gut aufgenommen.

Mitte Dezember hat die TS-Redaktion die Leser dazu aufgerufen, über die Aufsteiger und Aufreger des Jahres 2014 abzustimmen. Die Redaktion hatte jeweils zehn Kandidaten zur Auswahl gestellt. Über 1.200 Leser haben sich an der Abstimmung beteiligt. Platz 2 geht an die ehrenamtlichen Helfer für die Asylbewerber.

Hilfe von Anfang an

Nachdem die freiwilligen Helfer um den Tegernseer Gerhard Kainz, den Vertreter der Stadt Hans Staudacher und Dekan Walter Waldschütz Ende Oktober erste Asylbewerber in Empfang genommen hatten, ahnten sie wohl noch nicht, welchen Ansturm die Tegernseer Turnhalle zum Jahreswechsel erfahren würde.

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Der Landkreis Miesbach muss 2014 rund 400 Asylbewerber aufnehmen – so viel war klar. Wie viele ins Tegernseer Tal kommen werden, noch nicht. Auch wenn es zahlreiche Helfer rund um den Tegernsee gibt, ist das Engagement der Tegernseer besonders wertzuschätzen. Sie packten von Anfang an mit an. Und hier leben die meisten Flüchtlinge.

Den Alltag meistern

Noch während die leerstehende alte Turnhalle am Quirinal für die Neuankömmlinge von Freiwilligen gerichtet wurde, formierten sich weitere Helfer rund um Gerhard Kainz. „Aktuell sind es zwischen 20 und 30 Ehrenamtliche“, weiß er – jetzt, wo es auf den Jahreswechsel zu geht.

Dabei ist der Helferkreis in verschiedene Organisationen untergliedert: Neben der Kolpingfamilie, der katholischen und evangelischen Kirche, dem BRK und der Arbeiter Wohlfahrt stehen inzwischen auch die Nachbarschaftshilfe, der Frauenbund, die VHS und die Freiwillige Feuerwehr auf der Helferliste. Zudem kümmerten sich die Schüler und Lehrer des Tegernseer Gymnasiums mit verschiedenen Aktionen um die Flüchtlinge.

Die Aktiven zeigten sich rund um die Uhr im Einsatz. Mit Besorgungsfahrten, Stadtführungen, Hilfe bei Behördengängen oder sprachlicher Unterstützung sorgten sie dafür, dass bei den Flüchtlingen schnell so etwas aufkam wie ein Funken Heimatgefühl. Natürlich müssen auch die Räumlichkeiten der Turnhalle in Ordnung gehalten werden.

Dekan Walter Waldschütz ist froh über die gesammelte Winterkleidung für die Flüchtlinge
Dekan Walter Waldschütz ist froh über die gesammelte Winterkleidung für die Flüchtlinge.

Alle halfen zusammen bei der Betreuung der Flüchtlinge. Während die Stadt koordinierte, welche Sachspenden die Flüchtlinge benötigen und inwiefern eine Sprachbarriere vorliegt, standen Lehrer des Gymnasiums als Dolmetscher parat. Die Fischer von der Tegernseer Fischerei, die Mensa des Gymnasiums, aber auch viele weitere Einheimische. Manche öffentlichkeitswirkam, viele im Stillen.

Auch Schüler des Gymnasiums wurden aktiv. Weil vielen Flüchtlingen der herannahende Winter zu schaffen machte, sammelten sie warme Winterkleidung. „Ein Afrikaner kam barfuß und mit Flip-Flops hier an“, hatte beispielsweise eine Schülerin berichtet. Deshalb hatten die Schüler insbesondere warme Kleidungsstücke wie Mützen, Handschuhe und warme Jacken im Bekannten-, Verwandten- und Freundeskreis gesammelt.

Kuchen mit Herz – und ein bisschen Sport

Die Schüler zeichneten sich durch Ideenreichtum aus, wie man den Flüchtlingen die Integration vereinfachen kann. Um Sachanschaffungen stemmen zu können, initiierten die Schüler etwa einen Kuchenverkauf. Es fand deshalb eine Spendenaktion statt. „Kuchen mit Herz“, so der Titel für den Gymnasium-internen Kuchenverkauf. Schon im letzten Jahr hatte sich das Prinzip bewährt, als die Schüler der damaligen Q11 für die Opfer des Taifuns auf den Philippinen sammelten. Und auch diesmal können die Helfer zufrieden sein: Insgesamt 325 Euro „Kuchengeld“ kamen zusammen.

Mit den Spenden konnten die Schüler verschiedene Utensilien, wie Wörterbücher oder auch Badminton-Sets und Tischtennisschläger, finanzieren. Zudem besuchen einige von ihnen jeden Nachmittag die Flüchtlinge, um gemeinsam Fußball oder Tischtennis zu spielen. Darüber hinaus überlegte der Alpenverein, ein gemeinsames Klettertraining in der großen Turnhalle zu organisieren. Auch eine Integration in den Sportverein war angedacht.

Deutsche Sprache, schwere Sprache

Insbesondere die Sprachbarriere ist ein großes Hindernis für die Flüchtlinge. „Deutsche Sprache – schwere Sprache“, so heißt es in einem Sprichwort. Die Tegernseer Asylbewerber spüren nun buchstäblich am eigenen Leib, dass es viel Übung braucht. Mithilfe der Schüler sollen sie nun spielerisch Deutsch lernen. Ein paar Siebtklässler hatten aus diesem Grund ein Memory-Spiel als Lernhilfe entworfen. Die Schüler hatten hierfür Arbeitsblätter entwickelt, unter anderem mit Zahlen, Verben und Wochentagen. Ihre „Schützlinge“ seien neugierig und fragten viel nach, berichteten die „Amateur-Lehrer“. Die beste Voraussetzung, um gut voranzukommen.

So wie die Zahl der freiwilligen Helfer wuchs jedoch auch die Anzahl der Neuankömmlinge. Waren es Ende Oktober noch drei Asylbewerber, waren Mitte November bereits 19 Betten belegt. Inzwischen ist die Notunterkunft mit 40 Flüchtlingen „voll bis unter’s Dach“. Dank der vielen Freiwilligen können die Neuankömmlinge zwar gut versorgt werden. Dadurch könnte aber ein neues Problem entstehen.

Wenn Überforderung droht

Auch wenn die Hilfe der freiwilligen Helfer beispiellos ist, mit der Zeit könnte eine Überforderung drohen. Wie Bürgermeister Johannes Hagn bestätigte, leisten die Helfer mehr, als ursprünglich geplant. Die Kapazität der Verwaltung sei ebenfalls an ihren Grenzen angekommen. Als ein Beispiel nannte er Asylkoordinator Gerhard Kainz. Dieser war ursprünglich nur für die Koordination zuständig. Nun sei er jedoch weit darüber hinaus aktiv.

Er und viele weitere Helfer leisteten laut Bürgermeister Überstunden. Dabei hätten viele von ihnen auch weitere Verpflichtungen oder eine Familie, die zu Hause auf sie warte. Hagn betonte, wie wichtig es sei, alles in einem besseren Rahmen zu halten. Die Belastung müsse aufgeteilt werden, damit man nicht am Ende vielleicht sogar ohne Helfer dastehe.

Nicht nur der Bürgermeister, auch Gerhard Kainz wünscht sich, dass die Hilfe gleichmäßiger und auf mehrere Schultern verteilt wird. Wie er nun zum Jahreswechsel berichtete, werde die Hilfe voraussichtlich bald anders organisiert. Bis Mitte Januar sei mit näheren Informationen dazu zu rechnen, schickte Kainz voraus.

Personelle Entlastung für Helferkreis gefordert

Auch wenn das ganze System der Asylbewerber großteils auf das Funktionieren des Ehrenamts aufbaut, wünscht man sich mehr Hilfe von oben. Die Freien Wähler stellten in der Kreistagssitzung einen Antrag, mehr Personalstellen in der Verwaltung zu schaffen. „Anhand erster Berechnungen würden wir schon mit vier zusätzlichen Personalstellen Abhilfe schaffen“, so Kreisrat Norbert Kerkel (FWG) in der jüngsten Kreistagssitzung.

Ob neue Stellen geschaffen werden, ist derzeit noch nicht geklärt. Vor allem die Frage, wie das neue Personal finanziert werden soll, ist noch unklar. Der Kreistag wird sich zeitnah erneut mit dem Thema befassen. Bis es soweit ist, kommt es also weiter auf das ehrenamtliche Engagement der vielen freiwilligen Helfer an. Die Tegernseer Stimme hält den Daumen für so viel ehrenamtliches Engagement hoch und wünscht den Helfern wie auch den Asylbewerbern auch für das Jahr 2015 alles Gute.

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