Heumilch: Der Foodtrend im Tal?

Sojamilch, Mandelmilch, Hafermilch: Auch bei Milch gibt es derzeit jede Menge Foodtrends. Doch hier im Tal gibt es noch ein Produkt, das von glücklichen Kühen auf der Weide stammt: die Heumilch. Doch ist sie das Geld wert? Und werden die Tiere wirklich anders behandelt?

Die Führungsteilnehmer bekommen frisch gekühlte Heumilch zum Probieren /Quelle: Katrin Hofstetter

Heumilch – Das ist doch Milch von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen? Ganz so ist es nicht. “Heumilch” ist zwar ein geschützter Begriff, sie müsste aber eigentlich “Gras- und Heumilch” heißen (für unsere städtischen Leser: Rinder fressen nämlich Gras im Sommer und Heu im Winter). Die gravierenden Lebensmittelskandale der letzten Jahre haben uns wachsamer werden lassen. Da kann auch ein Besuch in der Naturkäserei Tegernseer Land nicht schaden. Die setzen ausschließlich auf Heumilch.

“Genuss auf hohem Niveau” – so lautet das Motto der Naturkäserei Tegernseer Land. Geht es aber den Bauern und Käsemeistern nur um den reinen Genuss? Oder steckt dahinter auch Nachhaltigkeit und Tierschutz bei der Verarbeitung der Milch? Wir laufen einfach mal mit: Mit heimeliger Volksmusik, die das Image-Video der Naturkäserei Tegernseer Land untermalt, werden die Führungsteilnehmer zu Beginn durch die Naturkäserei Tegernseer Land in Kreuth eingestimmt und tauchen so ein in die, so scheint es, perfekte Welt von glücklichen Kühen und Kälbern auf Wiesen und Almen.

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Die Milchindustrie ist ein hartes Geschäft

Vorneweg aber noch ein kurzer Abriss über die Mühen und Herausforderungen zur Gründung der Kooperativen. Die Führung von Sophie Obermüller, der neuen Vorstandschefin der TegernseerLand e.G., erklärt auch Zweiflern und Skeptikern, dass hinter dem schönen Schein, den man Besuchern natürlich gerne präsentiert, ein ehrgeiziges und verantwortungsvolles Unterfangen steckt.

Schließlich erzählt Sophie Obermüller, selbst Bäuerin, dass es sich nur bei der Frischmilch um eine mit BIO-Siegel (Naturland fair) handle. Oh Schreck! Da fällt dem ein oder anderen schon das Bio-Dinkelkleie-Brötchen mit Bio-Hanf-Aufstrich aus der Hand. Und der Rest? Sich “Naturkäserei” nennen und dann nicht BIO auch beim Käse sein? Doch schnell stellt man fest, dass die Vorgaben, die die Käserei an ihre Milchlieferanten setzt, weitaus höher gestellt sind, als es bei dem so ökologisch klingenden BIO-Siegel der Fall ist. Denn die TegernseerLand-Genossenschaft hat einen Mindestflächensatz pro Fleckvieh für alle seine Bauern festgelegt, sodass die Kühe eine ausreichende Menge an Weideland als Auslauf haben.

Bio muss nicht besser sein

Eine Mindestanforderung an Weideland, welches ein Bauernhof seinen Kühen zur Verfügung stellen muss, ist somit festgesetzt, zum anderen ist es Pflicht, einmal pro Tag die Kühe auf die Weide zu lassen, wenn das Wetter dies zulässt. Dies ist bei Bio nicht vorgeschrieben, Biomilch stammt nicht automatisch von Kühen, die auf der Weide waren. In der EU-Öko-Verordnung steht nur, dass Pflanzenfresser Zugang zu Weideland haben müssen, aber kein Mindestmaß an Auslauf für die Vierbeiner.

Dieser spezielle Käsehersteller verpflichtet außerdem seine Bauern, regelmäßig naturheilkundliche Kurse und Homöopathiekurse zu belegen und nur im äußersten Notfall zu Antibiotika vom Tierarzt bei der Behandlung ihrer Tiere zu greifen. Dann muss auch das behandelte Rind eine doppelt so lange Wartezeit, als es das Medikament vorschreibt, einhalten, bis es wieder Milch geben darf.

Zu Nachhaltigkeit gehört auch Regionalität

Ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit ist überdies, dass die Lebensmittel keine weiten Transportwege auf sich nehmen müssen. Der am weitesten entfernte Milchviehbetrieb liegt 17 Kilometer entfernt. Regionaler geht es nicht. Somit hat das TegernseerLand-Siegel alles, was der Verbraucher auch bei Bio-Produkten findet, nur noch viel mehr davon. Trotz allem darf wie so oft von diesem Einzelexemplar der Milchverarbeitung aus dem Tegernseer Tal nicht auf andere Heumilch-Firmen geschlossen werden, wie Peta traurigerweise festgestellt hatte.

Qualität statt Quantität

Ja, Reinheitsgebot schön und gut, aber wer soll das kontrollieren? Trotz der kleinen Größe der Molkerei schaffen es die dortigen Angestellten, jede einzelne Milchlieferung bei Antransport sofort auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen und entnehmen dafür Proben, welche sie auf Zellenanzahl und Keime testen. Je weniger von beiden, desto besser. Dafür gibt es dann auch schon mal Prämien für eine besonders hohe Milchqualität.

Der Milchpreis liegt zwangsläufig auf einem höheren Niveau als bei anderen Molkereien: die Käserei zahlt einen Grundpreis von 48 Cent pro Liter (im Vergleich: konventionelle Landwirtschaft wird nur mit dem durchschnittlichen Milchpreis von 35 Cent in Deutschland abgespeist). Doch Schuld an der “Milch-Misere” seien weder die Bauern noch die Molkerei, sondern der Handel, gibt Sophie Obermüller zu verstehen. Sie erörtert:

Der Handel diktiert’s den Molkereien, und die Molkereien geben dieses Diktat wieder an die Bauern weiter, die immer mehr Milch produzieren müssen, damit es sich für sie rentiert”. Wenn ein Liter Milch so viel kosten würd’ wie die Wiesnmass, dann wär’s endlich a fairer Milchpreis!

Eine Bäuerin, die früher an einen Großbetrieb der Käseherstellung geliefert hat, verrät ihre Beweggründe, für die Naturkäserei Tegernseer Land e.G. zu arbeiten. Vor allem ideelle Gründe, sagt sie, hätten eine Rolle gespielt. “Die Philosophie der Naturkäserei hat uns einfach gefallen und auch gut zu uns gepasst.” Ansonsten erzählt Manuela Zehendmaier, die jetzt seit 2015 Mitglied der Genossenschaft ist, dass bei den zusammengeschlossenen Bauern nun zwar Tierarztkosten wegfielen und nur noch geringe Kosten für Zusatzfuttermittel anfallen, dafür sei der Aufwand bei jedem Melken aber größer, da hier von der Käserei sehr genau hingeschaut wird. Auch auf dem Hof testen sie daher vor jedem Melkgang die Milch.

Doch: schmeckt die Heumilch auch?

Doch nach langem Gespräch fragt man sich nun endlich: Wie schmeckt die Milch überhaupt? Gerade bei Kindern ist dies oft ein heikles Thema: Schmeckt das? Sind die Kleinen nicht besonders heikel und sowieso nur noch die “Supermarkt”-Lebensmittel gewöhnt?

Die Aussagen des Jungen im Video sprechen eine deutliche Sprache. Und auch andere Führungsteilnehmer kommen aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Neben den vermehrt zu findenden Omega-3- und -6-Fettsäuren, die gesund sind, ist dank der schonenden und dem kaum erhitzenden Verfahren die Milch auch noch voller Vitamine, Mineralien und Spurenelementen.

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