Hitzewelle: Die neue Freizügigkeit – Home-Office “oben ohne”

Die Hitzewelle hat Bayern fest im Griff. Und sogar am Tegernsee wird die 30-Grad-Marke geknackt. Die heißeste Meldung des Tages ist: Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass zwei Drittel der Home-Office-Arbeiter an solchen Tagen gerne leicht bekleidet bis nackt ihren Dienst verrichten.

Viele schwitzen – manche aber weniger als andere. Immer mehr Home-Office-Arbeiter nutzen die “intime” Arbeitsatmosphäre, um sich klimagünstig zu kleiden: Sie haben nur wenig bis nichts an, wenn sie am heimischen PC Ihre Arbeit verrichten.

Wo sonst strengster Dresscode gilt, beginnt zuhause die Freiheit. Kein durchgeschwitztes Hemd, keine Schweißflecken auf der Bluse, keine klebrigen Strumpfhosen.

“Ich genieße die Arbeit im Bikini sehr.”

“Ich genieße das sehr”, sagt Sabrina Kessler*, eine Angestellte im öffentlichen Dienst, die 25 Prozent ihrer Arbeitszeit zuhause erledigt: “Anfangs hatte ich Skrupel und dachte, wenn mich jetzt jemand so sehen könnte.” Bei Temperaturen über 25 Grad wechselt sie vom Büro aus in den Garten unter ein Bäumchen: “Ich habe festgestellt, dass ich viel schneller als sonst arbeite. Es tut gut an der frischen Luft und wenn ich eine Erfrischung brauche, gehe ich unter die Gartenbrause.”

Anzeige

Wenns Sabrina zu heiß wird, legt sie ab, schlüpft in den Bikini und arbeitet im Schatten eines Baums - die Brause zwischendurch schafft Wohlbefinden. Bild: lf

Ob ihr Chef damit einverstanden ist? “Ich habs nicht mitgeteilt. Eigentlich bin ich mir sicher, dass er akzeptieren würde, wenn ich mit Jeans und Trägershirt arbeiten würde, aber im Bikini? Da mag ich ihn lieber nicht in einen Konflikt bringen.” Dabei meint sie als Grund nicht ihre durchaus sehr attraktive Figur, sondern: “Die Schranke im Kopf – in Deutschland können sich viele so was nicht vorstellen.”

Immer mehr “oben ohne”

Weils die meisten nicht wissen. Auch der freie Journalist Helle Sema arbeitet oft “oben ohne”: “Ganz ehrlich? Warum soll ich mir einen abschwitzen, wenn es anders viel angenehmer ist.” Ab und an macht er auch Konferenzen via Webcam: “Dann habe ich oben ein Hemd an und unten nur ne Boxershort – sieht keiner und hat auch keinen zu interessieren. Ich lache nur in mich hinein, wenn ich an die schwitzenden Schlipsträger denke.” Nach der Konferenz zieht er das Hemd wieder aus.

Auch Arbeitspsychologen halten die neue Freizügigkeit für positiv: “Wer sich am Arbeitsplatz wohl fühlt, leistet mehr”, sagt eine amerikanische Studie.

Belästigung am Arbeitsplatz

Allerdings hat die neue Freizügigkeit auch ihre Schattenseiten. Vereinzelt ist es bereits zu Anzüglichkeiten gekommen, wenn vor allem Männer vermuten, dass die Kollegin zuhause vielleicht nur ganz leicht bekleidet sein könnte: “Aber genausowenig wie mein Hintern zum Draufhauen ist, ist mein Bikini-Look zum Glotzen”, sagt Sabrina Kessler.

Und: “Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, die Straßenbauarbeiter haben auch nur kurze Hosen an bei der Affenhitze, da stört sich keiner dran. Wieso sollen wir Büroarbeiter mehr schwitzen als nötig?”

Unsere Umfrage ist nicht repräsentativ, aber immerhin beantworteten zwei von drei Home-Office-Arbeitern die Frage nach “oben ohne” positiv. Und nicht zu vergessen: Hinter jeder Satire steckt auch ein gewisser Ernst.

*Der Name ist von der Redaktion frei erfunden.

Anmerkung: Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Hardy Prothmann, Betreiber des Heddesheimblogs.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner