Der Miesbacher hatte gegen Flächenentnahmen aus dem Landschaftsschutzgebiet aufbegehrt. Die Bayerischen Verfassungsrichter fanden das hingegen o.k. Einige befürchteten das „Aus“ für die Landschaft. Jetzt gibt es wieder Hoffnung.
Als im September 2012 die Absage vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof kam, muss für Naturschützer Karl Brutscher eine Welt zusammengebrochen sein. Er hatte sich gegen die Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutz ausgesprochen, wurde von den Bayerischen Verfassungsrichtern jedoch nicht erhört. Seine Reaktion fiel kurz, aber direkt aus:
Ich bin enttäuscht – das ist wie ein Freibrief für die weitere massive Erschließung von Grundstücken in den vorhandenen Landschaftsschutzgebieten!
Doch Naturschützer haben meist einen langen Atem. Der heute 72-Jährige hatte bereits kurz nach der Urteilsverkündung anklingen lassen, dass er nicht gewillt ist, aufzugeben. Der frühere Miesbacher Finanzbeamte beriet sich mit Anwälten und tat sich mit einem Wiesseer, Norbert Laube, zusammen.
Petition im Europäischen Parlament soll’s richten
Gemeinsam reichten die beiden im Juni 2013 eine Petition im Europäischen Parlament ein. Darin rügen sie, dass mit der Herausnahme von Grundstücken aus Landschaftsschutzgebieten – beispielsweise für das „Almdorf Tegernsee“ oder den Waakirchner „Lanserhof“ – gegen den Völkerrechtsvertrag der Alpenkonvention verstoßen wird.
Wie bereits berichtet, sind durch diese Vereinbarung unter anderem alle alpennahen Landkreise in Bayern verpflichtet, „bestehende Schutzgebiete zu erhalten, zu pflegen und, wo erforderlich, zu erweitern sowie nach Möglichkeit neue Schutzgebiete auszuweisen“.
Insbesondere stellen die Naturschützer in ihrer Petition einen Verstoß gegen den in der Konvention enthaltenen Artikel 11, Absatz 2 fest. Nach dem seien Landschaftsschutzgebiete unbedingt zu schützen. Die Intention hinter seinen Aktivitäten bringt Brutscher so auf den Punkt:
Mir geht es darum, die schöne Landschaft in unserem Landkreis zu erhalten, damit die nachfolgende Generation auch noch etwas davon hat.
Nach seiner Aussage habe die Konvention seit dem Jahr 2002 den Status von Bundesrecht, aber Bayern setze sich darüber hinweg und beachte diese nicht. Zwar seien Landschaften wie die am Steinberg, wo der „Lanserhof“ nun residiert, nicht mehr zu retten. Doch zukünftige Großprojekte im Landschaftsschutzgebiet könnten damit schwerer umsetzbar sein.
Was ein Erfolg bedeuten könnte
Jetzt gibt es einen Hoffnungsschimmer für die Naturschützer. Denn Karl Brutscher hat Post bekommen. Am 5. Mai kam eine positive Nachricht vom Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments.
Danach hat der Ausschuss die Petition angenommen und mit der Prüfung begonnen. Diese Nachricht stimmt nicht nur Brutschers Mitstreiter Laube froh. Auch die Gmunder Gemeinderätin Helga Wagner (GRÜNE) freut sich, dass die Petition jetzt weitere Kreise ziehen wird. Allerdings weiß sie noch nicht, wie sich das Ganze auswirken könnte, sollte die Prüfung positiv ausfallen.
Nicht nur Wagner kann die Folgen noch nicht abschätzen, sollte sich der Ausschuss der Petition anschließen. Auch das Landratsamt Miesbach hält sich in Aussagen zurück, wie Pressesprecherin Gabriele Dorby erklärt:
Dazu können wir derzeit noch nichts sagen, weil wir weder offiziell an der Petition beteiligt waren, noch den Inhalt kennen. Wir müssen abwarten, wie und was das Europäische Parlament entscheidet.
Alfons Besel, Geschäftsleiter der Gemeinde Gmund, rechnet im positiven Fall nicht mit weitreichenden Einschränkungen. Eines der größten “Gmund-Projekte”, die Entwicklung des neuen Flächennutzungsplans, sieht er dadurch nicht gefährdet.
Die Pläne um eine eventuelle Bebauung des Dürnbacher Feldes hat man dort inzwischen so weit eingeschränkt, dass keine Entnahme aus dem Landschaftsschutzgebiet notwendig ist. Die Flächen zur Erweiterung des Gewerbegebietes an der Kreuzstraße wurden dem Plan bereits entnommen. Lediglich für die Pläne um die Bebauung “An der Münchner Straße” – ein 1,6 Hektar großes Gebiet oberhalb des Gmunder Berges – könnte es das “Aus” bedeuten.
Helga Wagner hofft in jedem Fall, dass die Herausnahme von Grundstücken aus Landschaftsschutzgebieten in Zukunft deutlich schwieriger wird und dass bereits beschlossene Herausnahmen, bei denen die Projekte noch nicht umgesetzt sind, ausgesetzt werden.
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