Dass der „Behördenfunk“ in Deutschland flächendeckend ausgebaut werden soll, ist bereits seit 2000 beschlossene Sache. Doch erst vor wenigen Wochen konnte mit der Aueralm die Standortwahl für das Tegernseer Tal abgeschlossen werden. In der Wiesseer Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend sollte es eigentlich nur noch um die Auswahl des Weges gehen, über den der Mast errichtet, gewartet und vor allem mit Strom versorgt werden soll.
Doch es kam ganz anders, denn plötzlich regten sich Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projekts. Der BOS-Funkmast an der Aueralm sollte im Bereich Zeiselbachtal – Söllbachtal – Schwarzetenn eine Funklücke schließen. Eine Grafik brachte es an den Tag, dass es sich dabei lediglich um zwei Bereiche mit jeweils etwa 1,5 Kilometern Reichweite handelte.
Zuwegung gestaltet sich schwierig
Die besagte Grafik hatte Ulrich Wittfeld, Sprecher der Firma „Telent“, präsentiert. Das Unternehmen hatte im Auftrag des Freistaats den Netzaufbau für den digitalen Behördenfunk technisch ausgearbeitet. Auch eine weitere Illustration, die einen sehr langen und umwegreichen Verlauf des Zugangs zum Mast und damit zugleich den Weg der Stromversorgung aufzeigte, sorgte für Unmut.
Ein Alternativstandort zur Aueralm war bereits aus Naturschutzgründen von den Behörden abgelehnt worden. Eine einfachere Wegführung über den Fockensteinbergweg scheiterte am Widerstand der Grundstücksbesitzer. Die aktuell zur Diskussion gestellte, wesentlich aufwändigere Alternative über das Zeiselbachtal nutzt überwiegend Wege der Bayerischen Staatsforsten. Ein Teil des Weges gehört jedoch Bad Wiessee, weshalb der Gemeinderat der Nutzung ebenfalls zustimmen muss.
Man wolle das Ortsbild schonen, so gut es gehe, erläuterte Wittfeld die Planung. Der Mast sei maximal 30 Meter hoch und die Gabel 5,30 Meter breit. Damit sie von der Aueralm nicht sofort wahrgenommen werde, wolle man sie entsprechend drehen. Zudem werde der Mast größtenteils durch Bäume verdeckt, von denen nur ein Teil für das Fundament weichen müsse.
Zu hohe Kosten – zu wenig Nutzen?
Nach der Präsentation ärgerte sich Robert Huber (SPD): „Es ist eine Schande für ein Hochtechnologieland, wie diese ganze Sache abläuft. Ich bin nach wie vor nicht überzeugt vom BOS-Funk.“ Auch Jupp Brenner (FWG) fand: „Diesen ganzen Aufwand für eineinhalb Kilometer – das steht in keiner Relation!“ Ulrich Wittfeld räumte ein, dass das Ganze „wirtschaftlich gesehen ein Unding“ sei:
Ein Mobilfunkanbieter würde dort nie einen Mast hinstellen. Damit ist kein Geld zu verdienen.
Dennoch verwies er auf die „stark ansteigende Zahl der Mountainbiker“ in dem Gebiet und leitete daraus einen „Versorgungsschwerpunkt“ ab. Außerdem werde der momentan noch bestehende analoge Funk bald abgeschaltet, argumentierte er.
„Das ist lächerlich!“, hielt Fritz Niedermaier (FWG) dagegen. Ein Verletzter könne den Behördenfunk nicht nutzen, um auf seine Situation aufmerksam zu machen. Das alles diene lediglich dazu, dass die Rettungskräfte sich miteinander unterhalten könnten – wenn sie bereits verständigt seien. Niemand sonst habe dadurch einen Nutzen.
Auch Bernd Kuntze-Fechner (SPD) empfand die Funkreichweite als zu klein. Der Bereich sei touristisch wichtig und solle nicht beeinträchtigt werden. Er forderte daher, dass man sich die Errichtung des Masts noch einmal gründlich überlegen solle. Dieser Meinung war auch Niedermaier, der einen 30 Meter hohen Sendemast nicht „in unserem schönsten Wandergebiet“ sehen wolle. Er rief dazu auf, noch einmal Alternativstandorte zu prüfen.
Gemeinderat lehnt geplante Zuwegung ab
Projekt-Präsentator Wittfeld erinnerte das Gremium daran, dass es längst beschlossene Sache sei, dass der Mast am geplanten Standort nahe der Aueralm errichtet werde. Es gehe nur noch darum, die Zuwegung zu klären. Robert Huber erkundigte sich daraufhin: „Wofür müssen wir überhaupt abstimmen, wenn der Mast ohnehin an dem Standort gebaut wird?“ Und Bürgermeister Höß (FWG) bestätigte:
Auch wenn wir widersprechen – er wird eh gebaut.
Das schien die Gemeinderäte jedoch nicht zu beeindrucken. Am Ende hob bei der Abstimmung über die Variante der Zuwegung einzig Peter Höß seine Hand dafür – die anderen zwölf anwesenden Räte lehnten diese geschlossen ab. Ob sich damit allerdings der Mast am Standort Aueralm in diesem fortgeschrittenen Projektstadium noch verhindern lässt, ist fraglich.
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