Die Ankündigung sorgte bei Medienvertretern und Polizei für Verwirrung. Eine „Dankprozession an Uli Hoeneß“ werde es am Dienstag um 12 Uhr in Bad Wiessee geben. Dazu reisten eigens Mitglieder einer Performancegruppe mit einigen Anhängern und Journalisten aus München an und wanderten zu Hoeneß’ Haus. Dort gab es ein medienwirksames Spektakel, das auch dem ehemaligen Präsidenten des FC Bayern nicht entgangen sein dürfte.
Was zunächst wie ein verspäteter Aprilscherz erschien, entpuppte sich als sozialkritische Performance einiger Künstler aus Bayern und Österreich: Die Performancegruppe „Unkoordinierte Bewegung“ war vom Münchner Volkstheater zu einem Festival junger Regisseure eingeladen worden, das gerade dort stattfindet.
Zuletzt hatte die Gruppe im Oktober 2013 am Wiener Burgtheater für Furore gesorgt, als während eines Kongresses zum 125-jährigen Bestehen des Hauses ein Mitglied die Bühne für ein Plädoyer gegen Missstände genutzt hatte. Nun nahmen sie den Rummel um Uli Hoeneß und seine Steuermillionen satirisch aufs Korn.
Sozialkritische Töne mit Blick auf die Seeidylle
Ihre kurzfristig organisierte, etwa zwanzigköpfige Prozession, die unter anderem von sieben Journalisten begleitet wurde, folgte folgender Prämisse: Da Uli Hoeneß einige Jahre im Gefängnis verbringen wird, braucht er in dieser Zeit sein Haus nicht. Um der Gesellschaft etwas von den Vorteilen zurückzugeben, die er auf ihre Kosten genießen durfte, stellt er sein Haus den Bedürftigen zur Verfügung. Dafür sollte ihm mit dieser Aktion „gedankt“ werden:
Uli Hoeneß hat der Gemeinschaft etwas versprochen, da er so viel genommen hat für sein persönliches Wohl. Nun ist es an der Zeit, etwas davon zurückzugeben.
Die Kritik der Performancekünstler richtete sich dabei aber nicht explizit gegen den berühmten Steuersünder, sondern gegen das gesamte staatliche System, das solche Fehltritte ermöglicht. Allerdings war die Botschaft in den spontanen Reden und Gesängen nicht immer wirklich klar. Besonders Sätze wie: „Uli, erscheine uns! Befreie uns von der Scheiße!“ und „Für ein neues Uli-versum!“, stießen auf Ratlosigkeit und Amüsement bei den Zuhörern, darunter auch etliche lokale Medienvertreter. Eine Frage schien vielen ins Gesicht geschrieben: War das intellektuell zu hoch gegriffen oder einfach nur Nonsens?
Am Ende grub die Gruppe ein Loch in der Wiese und verschmierte feierlich Kunstblut in den Gesichtern. Danach wurden „Opfergaben“ der Anwesenden vergraben. Belohnt wurde dies mit dem – natürlich symbolischen – Schlüssel zu Hoeneß’ Haus, der plötzlich auftauchte und für Jubel sorgte. Am Ende war aber doch alles nicht so ernst gemeint, sondern eher auf den Effekt ausgerichtet.
So wirklich verstanden hat die Aktion unter den Zuschauern wohl niemand. Die Polizei, die eigens aus Rosenheim gekommen war, war sich indes einig: Es handelt sich hier um eine künstlerische Aktion. Da diese nicht anmeldepflichtig ist, hatten die Künstler also nicht gesetzeswidrig gehandelt. Dass ihnen dies wichtig ist bei ihren sozialkritischen Performances bestätigt auch ein Mitglied der Gruppe: „Nur als Kunstaktion sind wir nicht angreifbar.“
Polizeiaufgebot für den Fall der Fälle
Im Gegensatz zu Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Wien ist man im Tegernseer Tal an solche Aktionen nicht gewöhnt. Die Polizei war daher mit zehn Einsatzkräften vor Ort, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein, darunter speziell geschulte Mitglieder einer sogenannten Verhandlungsgruppe. Doch eine “Eskalation” blieb zum Glück aus, die Veranstaltung verlief bis zum Ende friedlich und bot mit einigen komischen Momenten auch einen gewissen Unterhaltungswert.
Jürgen Thalmeier, Pressesprecher der Polizei Rosenheim, zeigte sich erleichtert, als alles vorbei war:
Wir wussten im Vorfeld absolut nicht, was auf uns zukommt. Deshalb waren auch Kollegen von der Verhandlungsgruppe hier. Aber so, wie es gelaufen ist, ist es in Ordnung.
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