Wenn Kreuth klingt

Im 24. Jahr seines Bestehens ist das wichtigste Festival für klassische Musik am Tegernsee nicht nur vom Juli in den August gewandert, sondern wählt auch einen neuen Namen.

Unter der Bezeichnung “Internationales Musikfest Kreuth” geben ab dem 14.08. Ausnahmekünstler diverse Konzerte im Festsaal in Wildbad Kreuth. Zwar unter neuem Namen, aber immer im Gedenken an die Tradition des Festivals. Eine Tradition, die auf dem Sterbebett von Oleg Kagan begann.

Oleg Kagan ins Spiel vertieft / Foto: 10-Jahres-Festschrift.
Oleg Kagan ins Spiel vertieft / Foto: 10-Jahres-Festschrift.

In diesem Jahr bilden Eröffnung, Mittelpunkt und Abschluss des Festivals jeweils Aufführungen mit Kammerorchestern und jungen Solisten. So eröffnet der Geiger Kirill Troussov gemeinsam mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt am Mittwoch, den 14. August das Musikfest.

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Bis zum 24. August finden an neun Abenden Konzerte statt. Immer, so der Anspruch der Organisatoren, im Andenken an den Initiator und früheren Namensgeber Oleg Kagan, der nur wenige Tage nach der ersten Ausgabe des Festivals im Juli 1990 seiner schweren Krankheit erlag. „Bitte lasst meine Idee nicht sterben“, bat der russische Ausnahmegeiger Oleg Kagan noch auf dem Sterbebett. Mit dabei unter anderem seine Ehefrau Natalia Gutman sowie Mitgründerin Renita Engel-Aschoff.

Musiker trafen sich als Freunde

Harmonie, Freundschaft, Treue. Das seien die drei Stützpfeiler gewesen, auf denen das Musikfest aufgebaut war. „Das erste Festival war richtige Pionierarbeit“, erinnert sich Renita Engel-Aschoff noch heute. An Kommerz verschwendeten die Gründer wenig Gedanken. „Wir empfanden es als herrliches Abenteuer“, erzählt Sie. „Ganz Kreuth klang.“ Zahlreiche Künstler fanden Herberge in Privathäusern. Wenn sie bei offenem Fenster übten, wusste jeder im Dorf, dass wieder neue Künstler angekommen waren.

Beim Festival trafen sich Weltstars als Freunde. Gegründet wurde es von Russen. Später kamen sie aus der ganzen Welt. Svjatoslaw Richter, Mstislaw Rostropowitsch, Martha Argerich, Elisso Wirssaladze, Eduard Brunner und etliche andere. Aber auch hiesige Musiker wie die „Biermösl Blosn“ kamen. In Wildbad Kreuth musizierten sie gemeinsam. Sie spielten um „Gotteslohn“ oder ein bescheidenes Honorar, das weit unter den Summen lag, das sie sonst auf den internationalen Podien verdienten.

Von links: Oleg Kagan, Natalia Gutman, Eduard Brunner, Vassily Lobanov. Foto: Privatbesitz der Künstler

Nicht das Streben nach Prestige zeichnete das Festival aus, nicht die Suche nach wirtschaftlichen Interessen. „Es sollte den Menschen zurückgeben, was sie in der Hektik des Alltags immer mehr vermissen: Zeit zum Nachdenken“, so beschreibt es Engel-Aschoff.

Künstlerisches Testament

Zeit, um lange um Kagan zu trauern, blieb nicht. Das zweite Festival musste vorbereitet werden. Niemand dachte daran, das Event nach dem Tod des Gründers aufzugeben. Als Svjatoslaw Richter seine Teilnahme zusagte, war klar, dass es weitergehen konnte. Und Klaviervirtuosin Martha Argerich brachte ihren Blick auf das Festival zum 10-jährigen Jubiläum auf den Punkt:

Es ist ein bisschen verrückt hier in Kreuth, aber das gefällt mir. Außerdem ist es schön, dass man hier richtig spontan musizieren kann, dadurch wird es nie langweilig. Ja, es gefällt mir hier wirklich gut, nur regnet es immer, wenn ich komme.

Seit nunmehr 23 Jahre gehört das Musikfest zu Kreuth. „Für Kagan war das Wildbad ein magischer Ort“, erinnert sich Weggefährtin Renita Engel-Aschoff. Immer wieder hatte der Ausnahmemusiker betont, wie einzigartig dieser Platz auf ihn wirke, welche Besonderheiten er aufwies.

Das Musikfest sichern

Oleg Kagan verschmolz mit dem Musikfest in Kreuth, das seinem künstlerischen Wunsch entsprach und lange seinen Namen trug. Jetzt ist sein Name getilgt. Das Event – das nun „Internationales Musikfest Kreuth“ heißt – will sich neu erfinden, und zwar mit eben diesem neuen Namen und einem neuen Termin.

Die Verantwortlichen betonen wie wichtig die Vergangenheit, die von Oleg Kagan und seiner Frau, der Cellistin Natalia Gutman geprägt wurde, bei der Neuausrichtung sei. Und sie erklären, dass es “eine Ehre und ein Privileg ist, im Geiste gleich zweier bedeutender Ausnahmekünstler das Musikfest aufzubauen und auf höchstem Niveau zu sichern.”

Doch trotz der Beteuerungen hat es in den vergangenen Monate im Hintergrund des Festivals geknirscht. Einige Musiker seien mit gewissen Entscheidungen und Aussagen nicht einverstanden gewesen. Die Tilgung von Oleg Kagan aus dem Festivalnamen hat ebenfalls nicht jedem gefallen. Doch nun muss es weitergehen. Und so ist auch Engel-Aschoff dafür, dass etwas neu entsteht. „Alles erneuert sich“, sagt sie. Wichtig sei jedoch, „dass Kreuth weiterhin klingt“. Das wäre im Sinne der Gründer gewesen.

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