Ist eine digitale Schule in Gmund die Zukunft?

Die Realschule Tegernseer Tal beteiligt sich im Schuljahr 2022/23 mit den 7. und 8. Jahrgangsstufen an einem Pilotversuch. Dabei werden sogenannte “Tabletklassen” eingerichtet. Aber wer finanziert die Geräte und wie läuft das genau ab?

Die Schüler sind begeistert über ihre neuen Geräte.

Es ist ein Projekt des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. In den Jahrgangsstufen 7 und 8 werden an der Realschule Tegernseer Tal in Gmund sogenannte Tabletklassen eingerichtet. Schulleiter Tobias Schreiner:

Wir möchten den Unterricht an unserer Schule sowie das schulische Lernen allgemein, mithilfe und über digitale Medien weiterentwickeln, in enger Zusammenarbeit mit den Eltern.

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Seit März dieses Jahres verfügt die Schule über Glasfasernetz und hat ihre WLAN-Infrastruktur erweitert. Das erleichtert das Projekt enorm. Die Entscheidung der Schule fiel auf eigene Geräte der Schüler. Denn geteilte Geräte seien nicht verlässlich verfügbar, man könne keine eigenen Daten darauf speichern und eine Weiterarbeit zu Hause ist nur mit einem eigenen Gerät möglich. Außerdem können sich die Schüler daheim digital zusammenschalten, in Teamchats. “Es ist bruchlos. So wie in der späteren Arbeitswelt, wo die Teams ja mit Homeoffice auch verteilt sind”, so Schreiner.

Ein zentraler Bestandteil des Pilotversuchs ist dabei das Lernen mit mobilen Endgeräten im Klassenzimmer, in der Schule sowie beim Lernen zu Hause. Digitale Medien eröffnen vielfältige Möglichkeiten zur Information, Kommunikation und kreativen Arbeit. Ausgewählt wurden iPads, da die Preis-Leistung bei diesen Geräten stimme, “Windows-Geräte hätten uns 200-300 Euro mehr gekostet”, so der Direktor. Zudem wären verschiedene Geräte mit erheblichen Nachteilen im Alltag behaftet: kein zentrales Management möglich, kein einheitlicher Ansprechpartner bei technischen Problemen, Apps teilweise nicht geräteübergreifend verfügbar.

Die Kids arbeiten an ihren Tablets vorwiegend mit der App “GoodNotes”. Diese bietet unzählige Möglichkeiten. Außer einer gut organisierten Ordnerstruktur können die Schüler Grafiken abfotografieren und mit wenigen Klicks in ihr digitales Heft einbauen. Zudem können sie bei Platzmangel einfach Sachen verkleinern oder an eine andere Stelle setzen. “Ich bin Linkshänder. Beim Schreiben habe ich oft Sachen verwischt, das passiert mir jetzt nicht mehr mit dem Tablet”, freut sich Schüler Mats.

An der Realschule in Gmund wird ab sofort in den Jahrgangsstufen 7/8 mit Tablets gearbeitet.

Es wird aber dennoch auch analog weiter gearbeitet im Unterricht. “Gerade im Mathematikunterricht, wenn die Schüler mit dem Zirkel zeichnen müssen”, sagt Projektleiter Paul Wimmer. Allerdings fotografieren sie dann die Grafik ab und fügen sie in ihr digitales Heft ein.

Damit die Schüler aber weiterhin das Gefühl haben, auf Papier zu schreiben, gibt es die sogenannte Paperlike Folie im Internet zu kaufen. Dies ist eine durchsichtige Hülle, die auf den Bildschirm geklebt wird und matt ist. Dadurch fällt der Stift weniger aus der Hand und es fühlt sich an, wie auf echtem Papier zu schreiben. “Es ist cool, vor allem mit der Paperlike Folie”, sagt Schülerin Paula.

Gerade einmal vor zwei Tagen haben die Schüler ihre iPads erhalten und man bekommt das Gefühl, sie hätten schon immer damit gearbeitet. “Mein Lieblingswerkzeug ist das Lasso-Tool in GoodNotes. Damit kann ich Sachen einkreisen, verkleinern und woanders hinschieben”, äußert Schülerin Johanna. Paul Wimmer wirft ein, dass die Lehrkräfte von den Schülern einiges lernen können und das Arbeiten im Unterricht super funktioniere, jeder helfe jedem. “Der Anspruch von uns ist, dass die Kinder es können. Die Schüler erklären es uns Erwachsenen”, sagt Schreiner.

Damit die Schüler aber während des Unterrichts nicht abgelenkt werden, hat die Schule Social-Media Apps wie Facebook, Instagram & Co. deaktiviert. In der Freizeit können sie das Tablet uneingeschränkt privat nutzen.

Elternfinanziertes Konzept

Grundsätzlich ist der Pilotversuch ein Projekt, welches die Eltern finanzieren sollen. Doch dies ist gerade in diesen schwierigen Zeiten, für viele Erziehungsberechtigte nicht zu stemmen. Im Pilotjahr 2022/23 gibt es vom Freistaat Bayern einen Zuschuss in Höhe von 300 Euro. Dabei sind allerdings nicht alle Kosten abgedeckt. Pro Familie hat die Ausstattung mit Tablet, Stift, Hülle, Folie so um die 500 Euro gekostet. Schreiner apelliert:

Wir brauchen weitere Unterstützer, wenn Projekt dauerhaft bestehen soll. Bildungschancen dürfen nichts kosten.

Sehr zur Freude der Realschule Tegernseer Tal haben sich bereits für dieses Jahr Förderer dieses Projekts zusammengefunden. Die Hubertus-Altgelt-Stiftung, vertreten durch Dr. Anton Lentner unterstützte mit 10.000 Euro und Anton Halbmayr von den Egerner Höfen spendete 2.000 Euro.

Karin Pulch feierte vor kurzem ihren 80. Geburtstag. Anstatt sich selber bereichern zu lassen mit Geschenken, bat sie ihre Gäste darum, für einen guten Zweck zu spenden. So kam Frau Pulch mit Tobias Schreiner ins Gespräch und es ergab sich ein Betrag von 4.000 Euro. “Es freut uns sehr, dass jemand, der mit dem digitalen Zeitalter überhaupt nicht aufgewachsen ist, bereit ist, uns zu unterstützen”, freut sich der Schulleiter.

Zukunftspate werden

Ab nächstem Jahr gibt es keinen finanziellen Zuschuss mehr durch den Staat. Die vollständige Kostenübernahme liege bei den Eltern. Um es dennoch für alle ermöglichen zu können, haben sich die Leiter dieses Projekts etwas einfallen lassen, ein sogenanntes Leihgeräte-Tool. Die Geräte werden durch Förderer finanziert und die Eltern können selber entscheiden, ob sie eine Leihgebühr bezahlen möchten oder nicht. Privatpersonen, Unternehmen oder Stiftungen, die sich bereit erklären, eine Spende mit mindestens 500 Euro an den Förderverein zu leisten, werden für die Dauer von vier Jahren Zukunftspaten. Schreiner gehe davon aus, dass die Tablets nach vier Jahren in den Ruhestand müssen, bei ständiger schulischer und privater Nutzung.

Auf Wunsch werden alle Zukunftspaten auf der Homepage sowie bei projektbezogenen Aktivitäten genannt und werden über den Projektfortschritt informiert. Außerdem besteht die Möglichkeit, eine bevorzugte Platzierung bei Aktivitäten der Schule, zu erhalten. “Aus den Umfragen unter den Eltern rechnen wir damit, dass mittelfristig 10 bis 20 Prozent der Familien ein Leihgerät benötigen”, so der Direktor. Anstatt Geldzuwendungen sind auch Gerätespenden möglich.

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