“Je besser integriert, desto ruhiger”

Anfang Februar ist es soweit: 35 Flüchtlinge werden in das ehemalige Polizeigebäude in Holzkirchen einziehen. Doch der Umzug hat auch Konfliktpotenzial.

Schon in einigen Wochen wird das ehemalige Polizeigebäude von 35 Flüchtlingen bezogen. Bild rechts: Gute Stimmung bei der heutigen Besichtigung bei Bürgermeister Olaf von Löwis sowie Sibylle König (links) und Claudia Schmid (rechts) vom Helferkreis Holzkirchen. /Bild: ll

Seit Mai letzten Jahres wurde das alte Polizeigebäude in der Frühlingsstraße als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber instandgesetzt und umgebaut. Der Brandschutz wurde angepasst, sanitäre Anlagen erneuert, die Wärmeversorgung optimiert, Lüftungsanlagen eingebaut und die Elektrik angepasst.

Entstanden sind im Zuge des Umbaus insgesamt 16 Zimmer auf drei Etagen, geschlechtergetrennte Badezimmer, ein Gemeinschafts- und Aufenthaltsraum, drei Gemeinschaftsküchen sowie eine Waschküche mit Trockenraum. Zudem ein Büro für die Hausverwaltung und ein Raum für die Asylsozialberatung der Caritas, welche das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales bezahlt. Hier wird – wie bisher in der Traglufthalle auch – mehrmals die Woche eine Beraterin vor Ort sein. In jedem Zimmer gibt es einen eigenen Kühlschrank. Putzen, kochen und den gesamten Haushalt müssen die Asylbewerber selbst in den Griff bekommen.

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Die Gemeinde hat sich im Vorfeld dafür stark gemacht, hier anerkannte Asylbewerber wohnen zu lassen. Doch der Freistaat hatte andere Pläne. Zu der Frage, wer in die Räumlichkeiten einziehen wird, äußert sich die Pressestelle der Regierung von Oberbayern gegenüber der HS so:

In der Gemeinschaftsunterkunft werden Asylsuchende untergebracht, also Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden. Das Gebäude steht im Eigentum des Freistaats und wird daher bis auf Weiteres für die Erfüllung unserer staatlichen Aufgaben genutzt.

Heute wurde die Gemeinschaftsunterkunft nun offiziell der Presse vorgestellt und konnte besichtigt werden. Mit dabei waren Vertreter der Regierung von Oberbayern, des Landratsamtes, Bürgermeister Olaf von Löwis mit Gemeindemitarbeitern und der Hausleiter.

Obwohl es im Sinne der Gemeinde war, hier ausschließlich anerkannte Asylbewerber unterzubringen, kann der Bürgermeister den Entschluss des Freistaates nachvollziehen:

Wir haben uns stark darum bemüht, dieses Gebäude zu kaufen. Trotzdem habe ich Verständnis für die Entscheidung des Staates. Asylbewerber müssen untergebracht werden und da ist es klar, dass die Regierung hier auf eigene Immobilien zurückgreift. Dennoch appelliere ich für eine flexible Handhabung. Wir als Gemeinde schaffen die Unterbringung anerkannter Asylbewerber nicht alleine. Wir haben überhaupt keine Immobilien und brauchen in dieser Sache Unterstützung.

Er wünsche sich, dass in der Gemeinschaftsunterkunft Asylbewerber, die im Laufe der Zeit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) anerkannt werden, hier bleiben dürfen. Anerkannte Asylbewerber seien die Zukunft, so der Bürgermeister, denn aktuell kommen keine Flüchtlinge mehr im Landkreis nach. Das bestätigte auch Birger Nemitz, Pressesprecher des Landratsamtes Miesbach. Demnach habe das Bamf das Verfahren auf zwei Monate verkürzt. Heißt, ein großer Schwung an anerkannten Flüchtlingen sei zu erwarten.

Integration ist das A und O

Von der Regierung gab es dazu vage Worte. Die Belegung könne sich im Laufe der Zeit noch ändern. Zunächst sei nicht vorgesehen, hier anerkannte Asylbewerber unterzubringen, doch sei dies auch noch nicht ganz ausgeschlossen.

Nichtsdestotrotz hat die Gemeinde ein Mitspracherecht bei der Belegung, was sie sich laut Bürgermeister “hart erkämpft” habe. So übergab die Kommune eine Vorschlagsliste von potenziellen Bewohnern an das Landratsamt, das wiederum mit der Regierung von Oberbayern im Kontakt steht. Die Marktgemeinde schlägt vor, hier Männer aus der Traglufthalle einziehen zu lassen, die sich bereits gut integrieren konnten, zur Arbeit oder Schule gehen und Integrationskurse belegen. Von Löwis erklärt:

Diejenigen, die guten Willen zeigen und sich gut integrieren, würden wir gerne hier behalten. Je besser Flüchtlinge integriert sind, desto ruhiger ist das Zusammenleben der Bewohner untereinander und auch mit den Nachbarn.

Das sehe man schon in der Traglufthalle. Die Bewohner, die arbeiten und zur Schule gehen, würden in der Nacht ihre Ruhe haben wollen und schlafen. Solche, die in der Früh nicht aufstehen müssen, würden nicht so großen Wert auf die Nachtruhe legen.

Von Seiten der Anwohner der Frühlingsstraße habe er bisher nichts Negatives gehört, so von Löwis. Ganz anders als damals bei der Traglufthalle. Hier gab es bereits im Vorfeld viele negative Reaktionen. Im Anschluss an den Besichtigungstermin werden 50 Einladungen an die Nachbarn der Gemeinschaftsunterkunft verteilt. Sie werden in Form einer Informationsveranstaltung umfassend informiert.

Belegung noch nicht geklärt

Obwohl die Bewohner vom Moarhölzl – welche vorrangig in die Gemeinschaftsunterkunft einziehen sollen – nur Männer sind, gibt es in dem alten Polizeigebäude auch Damentoiletten und Zimmer mit Kinderbetten. Wer genau hier einziehe, müsse noch geklärt werden. So kann es auch sein, dass Frauen mit Kindern aus umliegenden Landkreisen hier mit einziehen. Laut Nemitz sei die Stimmung in einer Unterkunft bei einer gemischten Gruppe, speziell mit Kindern, erfahrungsgemäß besser.

Doch die Belegung hat auch Konfliktpotenzial. “Das wird schon ein Thema bei den Asylbewerbern sein”, so von Löwis. Und auch Sibylle König und Claudia Schmid vom Helferkreis wissen, dass die Entscheidung, wer nun aus der Traglufthalle in die neue Unterkunft ziehen darf “eine schwierige Ausgangssituation” sei:

Es wäre schön, wenn der Umzug geregelt abläuft und man mit Bedacht Gespräche in kleineren Grüppchen führt. Die Flüchtlinge wissen selber auch noch nicht, wer hier einziehen darf. Wir ja auch nicht. Sie fragen uns ständig, ob denn schon klar ist, wer hier einziehen darf.

Und das ist gut verständlich. Wie die beiden Helferinnen bestätigen, sei die neue Unterkunft “ein riesen Gewinn für die Asylbewerber und Holzkirchen”. Vor allem die schwierige Nachtsituation und der immense Lärmpegel auf engstem Raum, gestalte das Leben in der Traglufthalle schwierig. “Hier sind sie nicht mehr so abgeschieden, sondern mitten im Ort. Das ist Integration, richtiges Leben einfach. Hier in die Unterkunft können die Bewohner auch mal Freunde mitnehmen. Das ist in der Halle nicht erlaubt”. Und auch von Löwis gefällt das umgebaute Polizeiquartier: “Das ist ja ein Musterhaus. Ich erkenne das Gebäude kaum wieder. Es ist eine ganz andere Atmosphäre”.

Derzeit leben in der Traglufthalle 170 Flüchtlinge. Diese wird Ende April aber abgebaut. 35 der Bewohner ziehen in die neue Gemeinschaftsunterkunft. 54 dann Mitte Februar wieder in die frisch sanierten Container am Ortsrand. Den Rest müsse man wahrscheinlich landkreisübergreifend verteilen, so Nemitz.

Ein langer Flur führt im Erdgeschoss in die Zimmer.

Im Gemeinschaftsraum warten Kisten mit Haushaltsutensilien für jeden einzelnen Bewohner sowie die Hausordnung in Deutsch, Französisch, Englisch, Arabisch und Dari.

Jeder Bewohner bekommt u.a. ein Geschirr-Set, eine Pfanne und einen Topf, Handtücher und Bettzeug.

Hier kann gemeinsam gewaschen werden.

Ein Vierbett-Zimmer

Um Platz zu sparen, sind überwiegend Hochbetten in der Unterkunft.

Insgesamt gibt es drei Gemeinschaftsküchen.

In jedem Zimmer gibt es eine Sitzgelegenheit.

Auch Kinderbetten sind vorhanden.

Sowie ein Büro für die Hausverwaltung.

Jeweils ein kleiner Doppelschrank muss für einen Bewohner reichen.

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