Haslberger-Anwälte ziehen Bauantrag zurück
Kein Grund zur Klage?

Das Gerichtsverfahren um die Saurüsselalm am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hat etwas von einem Theaterstück: viel Gefühl, aufbrausende Wortbeiträge und eine überraschende Wendung.

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Was passiert in der Verhandlung zur Saurüsselalm? / Quelle: Archiv

Humor und Geduld beweist vor allem der Vorsitzende des Senats, Richter, Felix Koehl, der gleich zu Anfang die Knackpunkte des Streits zusammenfasst: Hat der Verein zum Schutz der Bergwelt rechtzeitig geklagt? Wie viel Gewicht hat die erste Baugenehmigung, eine sogenannte Teilbaugenehmigung? Gilt hier eine sogenannte Privilegierung? Also geht das, aus einer landwirtschaftlichen Alm eine Gastro-Alm zu zaubern?

Es ist ein Henne-Ei-Problem mit der Saurüsselalm, die laut Aussagen des Sprechers der Haslberger-Alm 90.000 Wanderer und Spaziergängerinnen im Jahr beglückt. Für die Anwälte ein klarer Beweis, dass es die Alm brauche. Weil keiner der Herren eine Glaskugel dabei hat und auch keine Zeitmaschine, bleibt die Frage auf Weiteres ungeklärt, ob die Menschen auch so gekommen wären.

15 Mal Sonderfahrt Saurüsselalm

Angereist aus dem Tegernseer Tal ist Bürgermeister Robert Kühn mit seinen Anwälten. Ganz vorne sitzt Dr. Sabine Rösler zum Schutz der Bergwelt, daneben die Anwältin des Vereins. Sie haben gegen die Baugenehmigung geklagt, weil sie fürchten, dass die Alm mit ihrer gastronomischen Extravaganz Nachahmer begeistert und die Natur-Idylle des Tegernseer Tals zu Schaden kommt. Angeklagt ist der Freistaat Bayern, der muss sich quasi verteidigen, ob das alles rechtens war. Der verlängerte Arm des Freistaates sind das Landratsamt Miesbach und die Gemeinde Bad Wiessee. Die haben damals die Baugenehmigung erteilt und hatten auch kein Problem die 15 Sonderveranstaltungen mit Shuttle-Bus zu erlauben.

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Die Anwälte des Bauunternehmers, Franz Haslberger, der gleich mehrere Almen über Bad Wiessee sein Eigen nennen darf, sind beigeladen. Dies sind sehr gut vorbereitet und ziehen am Schluss ihren Trumpf aus dem Ärmel.

Orentierungskunde am Tegernsee

Denn dass der Senat nicht mit dem Urteil des ersten Gerichts übereinstimmt, lässt dieser mehrfach durchblitzen. Richter Koehl nimmt sich Zeit, jeden kritischen Punkt zu erläutern. Weil auch Google-Maps auf einem Bildschirm den Tegernsee aus Vogelperspektive zeigt, ist das durchaus amüsant: Etwa, wenn plötzlich jemand aus dem Publikum schreit, “Na, da oben ist die Söllbachklause.”

Denn neben dem Austausch von Argumenten und sehr verschiedenen Sichtweisen ist das heute auch ein Ausflug in die Anfänge des Tourismus am Tegernsee und in das Reich eines Mannes, der sich auf eine erste Baugenehmigung der Gemeinde verlassen hat (sog. Teilbaugenehmigung). So zumindest die Erzählung heute im Gerichtssaal.

Grüne Wiese und Grundversorgung

Viel geht es also um die grüne Wiese: den Außenbereich, also da wo eben Wald, Wiese und Natur sind. Hier darf normalerweise nicht gebaut werden und wenn da schon was steht, dann darf man da auch nicht drüber hinaus wachsen. Die Saurüsselalm ist aber gewachsen, um einen Keller und eine Terrasse. Das zeigt die Justiz allen Anwesenden im Bayernatlas. Da ist vielen klar, wohin die Reise geht …

“Weil der Gesetzgeber keine Zersiedelung will” erklärt die Justiz, darf man eigentlich im Außenbereich nichts bauen. Eigentlich. Denn es gibt eben Ausnahmen, etwa für die Landwirtschaft oder, wenn der Bau einem Zweck dient, etwa Erholungssuchende vor dem Hungertod zu bewahren oder kürzer, um eine “gastronomische Grundversorgung.”

Der Streit, ob diese Grundversorgung überhaupt nötig sei, weil es a) umliegende Almen bereits gibt (Aueralm, bald die Söllbachklause) und b) ob dieser Durst nicht hausgemacht sei (Argument der Klägerseite) versandet in der überraschenden wie gefühlsschwangeren Aussage der Verteidigung: Die zieht nämlich am Ende den Bauantrag zurück.

Er habe gerade mit seinem Mandanten gesprochen, der habe die Hütte ja nur gemacht, weil er von der Gemeinde gebeten wurde. Später in einer Pressemeldung heißt es dazu: “Die Saurüsselalm, eine der beliebtesten Wander- und Radl-Ausflugsziele rundum des Tegernsees, hat sich aufgrund unaufhörlicher Angriffe einzelner Aktivisten dazu entschieden, die vor drei Jahren erteilte Baugenehmigung dem Landratsamt zurückzugegeben.”

Übersetzt heißt das erstmal nichts: Jetzt haben sie einen rechtswidrigen Bau im Außenbereich, der aber erstmal weiterhin Brotzeitplatten und Trüffel-Pizza servieren darf. Der Ball liegt jetzt beim Landratsamt und ein klein wenig auch bei der Gemeinde Bad Wiessee. Fortsetzung folgt.

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